#np13 – Mögliche Netzzensur in der EU – und was man dagegen tun kann

Die EU plant eine Reform des Urheberrechts. Demnach sollen Hosting-Provider zukünftig für Verstöße ihrer Nutzer haften. Dies könnte zum Einsatz von Inhaltsfiltern führen und für kleine Plattformen existenzbedrohend sein. Julia Reda fasste auf unserer Konferenz die bisherige Entwicklung zusammen.

Was bedeutet die EU-Urheberrechtsreform für das Internet? – Julia Reda auf der „Das ist Netzpolitik“-Konferenz. CC-BY-SA 4.0 Jason Krüger für netzpolitik.org

Am 1. September 2017 fand unsere vierte „Das ist Netzpolitik“-Konferenz im Kosmos in Berlin statt. Alle Vorträge finden sich als Audio und Video hier (Media CCC) und hier (Youtube).

In ihrem Vortrag für die „Das ist Netzpolitik“-Konferenz gibt die EU-Parlamentsabgeordnete und Piraten-Politikerin Julia Reda einen Überblick über die laufende Urheberrechtsreform auf EU-Ebene und zeigt, warum diese die Existenz von kleinen und Community-basierten Plattformen gefährdet. Außerdem gibt sie Tipps, wie die Zivilgesellschaft die auf den letzten Metern beeinflussen kann.

Plattformen sollen für Verstöße haften

Die geplante EU-Richtlinie, eingebracht von Ex-Digitalkommissar Günther Oettinger, soll Hosting-Plattformen verpflichten, Beiträge, Fotos und Videos von Nutzern bereits beim Hochladen auf Urheberrechtsverstöße zu überprüfen. Zudem sollen bei einem Verstoß zukünftig nicht mehr die Nutzer selbst verantwortlich sein, sondern die betreffenden Plattformen, sofern sie „die Präsentation der hochbeladenen Werke […] optimieren“. Laut Reda betrifft dies den allergrößten Teil der Anbieterplattformen im Internet, etwa Youtube und Facebook, aber auch Wikipedia oder Github.

Die Richtlinie sieht die Nutzung von „effektiven Inhaltserkennungs-Technologien“ vor. Um Verstöße zu vermeiden, müssten Anbieter also Filter installieren und entweder Lizenzvereinbarungen mit den Rechteinhabern treffen oder urheberrechtlich geschützte Werke gänzlich blockieren. Dies sei insbesondere für kleine Plattformen nicht möglich, da diese Technologien viel Geld kosten. Außerdem verstärke es die bestehenden Datenmonopole durch Unternehmen wie Google, Facebook und die Verwertungsgesellschaften, da nur diese überhaupt über die Rohdaten verfügten, um entsprechende Software herzustellen.

Der Vorschlag muss noch den Rat und das Parlament der EU passieren. In beiden Gremien sind Änderungen möglich. Allerdings scheine eine Mehrheit gegen die Reform derzeit unwahrscheinlich. Ausschlaggebend sei die Position der einzelnen Regierungen im EU-Rat. Ein guter Ansatzpunkt für Einflussnahme durch die Öffentlichkeit seien deshalb die nationalen Parteien, besonders im Bezug auf den Standpunkt der zukünftigen Bundesregierung.

Die erste Abstimmung über den Richtlinienvorschlag findet am 10. Oktober im federführenden Rechtsausschuss statt.

Den Vortrag gibt es auch als Audio:

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