Den schweizer Bürgern blüht der Überwachungsstaat mit Drohnen, Kabelüberwachung und automatisiertem Datenaustausch mit ausländischen Geheimdiensten. Heute fand im schweizer Ständerat die Debatte zum neuen Nachrichtendienstgesetz statt. Die digitale Gesellschaft Schweiz berichtete live. Im Ständerat wird jeder Artikel eines Gesetzesentwurfes verlesen. Nach der Verlesung eines Artikels können die Ständeräte einen Antrag auf Streichung oder Änderung stellen. Über den Artikel, der von der Änderung oder der Streichung betroffen ist, wird dann abgestimmt.
Zur ersten Abstimmung kam es bei Artikel 12, der Zusammenarbeit mit dem Ausland durch automatisierte Datenströme, etwa wie BND und NSA. Anita Fetz (Sozialdemokratische Partei der Schweiz) plädierte für die Streichung des betreffenden Artikels, da der Inhalt der übermittelten Daten unbekannt sei und der Bundesrat dafür keine Kompetenz besäße. Außerdem verwies sie darauf, dass wenn der Bundesrat derartige Kompetenzen wünsche, diese gezielt anfragen sollte. Bundesrat Ueli Maurer bezweifelte, dass der Antrag zielführend sei, da ein automatisierter Datenstrom notwendig sei, um zeitnah zu reagieren. In der Abstimmung stimmten 28 mit ja und damit für das Bestehen bleiben des vorliegen Artikels. Sieben stimmten mit nein und damit gegen den vorliegenden Artikel. Fünf Räte enthielten sich.
Weniger eindeutig war die Abstimmung darüber, ob der schweizer Nachrichtendienst – uneingeschränkt – Drohnenflüge durchführen darf. 15 Räte stimmten für die Streichung des Zusatzes – uneingeschränkt -, allerdings stimmten 21 für, den Antrag des Ständerates Hess (FDP.Die Liberalen), die Drohnenflüge – uneingeschränkt – zuzulassen. Außerdem hat der Nachrichtendienst weitgehende Kompetenzen zugesprochen bekommen, in fremde Computersysteme eindringen zu dürfen, sofern diese Aktionen ihren Ursprung in der Schweiz haben.
Danach bat Paul Rechtsteiner (SP) um eine Streichung der Kabelaufklärung, da sie eine verdachtsunabhängige Massenüberwachung sei und Infrastruktur geschützt werden müsse. Diese Bitte wurde aufgrund der Gegenwehr der SVP jedoch abgelehnt und die Kabelaufklärung wurde angenommen. Bei Kabelaufklärung handelt es sich um das Abhörsystem Onyx, welches Statellitenverkehr abhören und auffangen kann. Fetz war ebenfalls dagegen, Kabelaufklärung führe tendenziell zu einer Rasterfahndung. Dies würde der Überwachung Tür und Tor öffnen. Fetz sagte wörtlich:
Der NDB will sein eigenes „PRISM“, darauf läuft das nämlich hinaus
Zum Abschluss der Sitzung wurde, auf den Antrag von Frau Fetz (SP) hin, noch darüber debattiert, ob das Auskunftsrecht der Bürger, zu erfahren, ob diese nachrichtendienstlich erfasst sind, vereinfacht werden soll. Jedoch ging die Abstimmung darüber mit 25 zu 5 Stimmen aus, bei 5 Enthaltungen. Somit wurde der Antrag von Fetz abgelehnt. Die Sitzung wurde danach auf den 17. Juni 2015 vertagt.
Es wird immer deutlicher! Unsere europäischen Regierungen leiden hinsichtlich der Überwachungsbegehlichkeiten an dem sogenannten Ampel-Syndrom. Kurz erklärt: Gemeinde A hat eine Verkehs-Ampelanlage installiert. Das braucht die Nachbargemeinde unbedingt auch, also installiert sie gleichfalls eine solche, unabhängig davon ob diese Sinn macht, nur weil eben diese Nachbargemeinde eine solche hat. So hat es den Anschein, Verhalten sich im Augenblick einige europäische Staaten hinsichtlich der anlasslosen Speicherung von Verkehrsdaten ihrer Bürger. Das Frau Merkel ohne die VDS im eigenen Land, keine Eintrittskarte in den Club der five Eyes erhalten kann, wird verschwiegen, oder?
Schön, dass ihr auch immer mal wieder einen Blick in die Nachbarländer werft. Jedoch fehlt hier noch ein ganz wichtiger Teil: Zwar hat der Ständerat (die kleine Kammer, vergleichbar mit dem Bundesrat in D) der Vorlage zugestimmt, jedoch erfolgt nächste Woche noch die Beratungen im Nationalrat (vgl. Bundestag), in dem die Meinungen und Verhältnisse nach dem was man liest weit weniger klar für das neue BÜPF sind. Und auch wenn auch dieser zustimmt (wovon ich persönlich leider ausgehe), dann stehen die Chancen für ein Referendum dagegen denke ich nicht so schlecht.
der NDB ist also noch ein ganzes Stückchen von seinem eigenen PRISM entfernt.
Aber lassen wir uns überraschen, was der Nachrichtendienst in nächster Zeit an (hoffentlich wenigstens) vereitelten Terroranschlägen aus dem Hut zaubert, um die öffentliche Meinung in seine Richtung zu lenken…
@Jens: Du verwechselst da das BÜPF (Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs) mit dem NDG (Nachrichtendienstgesetz). Der Nationalrat hat dem NDG bereits klar zugestimmt, der Ständerat ist der Zweitrat. Beim BÜPF ist es umgekehrt: Der Ständerat hat als Erstrat bereits klar zugestimmt, der Nationalrat wird wohl nächste Woche folgen.
Jedoch werden wohl beide Gesetze noch in die Differenzbereinigung gehen, da abweichende Detailbeschlüsse gefasst werden.