Der aktuelle eco-Podcast behandelt das Thema „Kinder im Netz – Eltern überfordert?“.
93 Prozent der Kinder zwischen 9 und 14 Jahren haben Zugang zum Internet, so das aktuelle LBS-Kinderbarometer. Das stellt viele Eltern vor die Frage: Wie sorge ich dafür, dass mein Kind in einer sicheren digitalen Welt aufwächst? In dieser Ausgabe des eco audiomagazins beantworten die Experten Johnny Haeusler (Autor und Blogger), Lidia de Reese (FragFinn) und Alexandra Koch-Skiba (eco Beschwerdestelle) diese und weitere Fragen und geben praktische Tipps für die Erziehung des „Netzgemüses“.
Regelmäßige Updates, Verschlüsselung und PETs?
Problem beginnt viel früher: Wie kann man den ganzen erwachsenen Usern erst mal die notwendige Medienkompetenz bzw. Bewusstsein für Sicherheit einbläuen?! Bevor das nicht endlich gelingt, sollte man Kinder nicht ins Netz lassen. Zur Anschauung bei der Netzaufklärung? Theoretisch ja, aber durch wen soll denn die Aufklärung stattfinden?!
Ich sag es mal einfach:
Kinder gehören nicht alleine ins Netz – Ausrufezeichen.
Und nein, Kinder brauchen auch kein Smartfon oder Tablet. Die sollen erstmal lernen, wie die Grundlagen des Lebens funktionieren, der soziale Kontakt, echte Freundschaften schließen und von Bäumen fallen, weil beim Robin-Hood-Spielen leider der Ast ein wenig morsch und die eigene Abschätzung der Realität angeglichen werden muss. Von mir aus auch beim Zelda- oder Pokemon-Spielen im Wald, wenn Robin Hood ihnen nix mehr sagt…
Ab 12 kann man vielleicht darüber diskutieren, ob ein eigenes Smartfon oder Internetzugang verhandelbar ist.
*
Eltern können das gar nicht leisten, Pädagogen usw. auch nicht. Mit Überforderung hat das nichts zu tun – außer die Eltern überwachen die Kinder rund um die Uhr, sperren alles außer 2 Webseiten und helikoptern permanent um sie herum.
FragFinn & Co. und der ganze pädagogische Quatsch ist halt nunmal nicht interessant für die Kids. Da kann man die Kleinen noch mit begeistern, aber einen 12jährigen lockst Du damit nicht mehr aus seinem Zimmer… die wollen das machen, was sie begeistert: Youtube, Facebook & Co.
Und entweder unterbindet man das komplett, oder man lässt es zu und akzeptiert, dass da auch manchmal Dinge passieren, mit denen man nicht einverstanden ist. Meist ja eher in einem Bereich angesiedelt, dass sie Dinge zu sehen bekommen, die man entsprechend ihrem Alter eigentlich nicht unbedingt zumuten möchte. Wobei ich persönlich bei Nacktheit kein Problem sehe, bei massiven Gewaltdarstellungen und Gangsta-Rappa-Dreck ala Bushido & Co. sehr wohl. Lustigerweise tendieren wir dazu, Nacktheit zu verbannen, aber Bushido & Co. zu akzeptieren. Also wie in Amerika… Brüste sind widerlich, wenn man sie mit der Kettensäge abschneidet und Blut spritzt, ist es akzeptabel…
*
Man muss sich immer vor Augen halten. Wir sprechen von jungen Menschen, die Rechte haben. Und zwar die gleichen wie alle anderen auch. Aber sie können eben noch nicht alles leisten. Wer gebrochen 3 Zeilen liest und sich dabei schwer tut, wird im Internet bestenfalls über seitenweise Text scrollen und okay klicken, ohne zu wissen, was da jetzt eigentlich zugestimmt wurde. Selbst wir Erwachsenen tun das nicht, oder wer von Euch liest hier AGB und Datenschutzerklärungen durch? Also können wir das auch nicht von Kindern erwarten und sie dafür auch nicht „sensibilisieren“.
Wie viele Erwachsene wissen, dass sie die Rechte an Fotos an Facebook übertragen, wenn sie sie dort posten? Das wurde mal getestet, die Betroffenen waren höchst erstaunt darüber. Es interessiert sie halt nicht. Es würde sie nicht einmal interessieren, wenn Facebook das tatsächlich machen würde, Bilder usw. massiv als Werbung zu verwenden. Die meisten fändens cool, was ja sogesehen auch in Ordnung ist (…wer wollte als Kind nicht sein Foto in einer Zeitung oder auf einer Werbung sehen?).
*
Und nur zu sagen: „Nein, da meldetst DU Dich nicht an!“ hilft eben nicht, wenn die ganzen Kumpels gerade dort angemeldet sind. Mir sind 10jährige mit Facebook-Accounts bekannt. Die machen da zwar nicht viel, aber müssen halt dort sein, weil alle anderen und auch deren Kumpels oder älteren Vereinskollegen auch dort sind. Und es funktioniert irgendwie. Natürlich sind sie da „13“, weil vorher erlaubt es Facebook ja nicht… 13 sind sie ja auch… so in 3 Jahren.
Den Kampf haben wir aufgrund des Massendrucks wohl verloren. Die Kids sind ebenso digitale Zombies wie viele anderen auch, die in der Stadt herumrennen und das Smartfon vor der Nase haben, also faktisch damit eben exakt nicht umgehen können, sondern eher Junkies sind.
*
Die Kinder haben eben alle ihre Smartfons, sie sind mit ihnen alleine, also machen Kinder damit auch das, was es ihnen ermöglicht. Und wenn die 11/12jährigen auf Pornoseiten herumsurfen, dann machen sie nur das, was unsereins vor 20 Jahren mit der Praline und dem geheimen Videoschrank vom Papa oder Opa kompensiert hat.
Und wenn sie mit 12/13 oben ohne vor dem Spiegel posen und Selfies machen und sie bei Instagram hochladen, dann ist das im Grunde nach auch egal. Es schadet halt nicht, auch wenn hier gerne der Teufel an die Wand gemalt wird. Der Gesetzgeber macht das aber anders, er kriminalisiert diese Jugendlichen, denn im Grunde produzieren diese Jugendlichen seit Januar nun Pornografie. Und wir lassen es zu, dass der Gesetzgeber solchen Wahnsinn in ein Gesetz packt, entgegen der Jugendkultur.
*
Wer etwas über ein Kind herausfinden will, kann das auch offline tun, dafür braucht er/sie kein Internet. Ich habe jedenfalls noch nie gehört, das ein Kind aufgrund einer Webseite oder Fotogalerie entführt wurde… wenn so etwas passiert, sind das entweder lang geplante Dinge (Erpresser etc.) oder Kurzschlußreaktionen Einzelner, die dann ein Kind von der Straße wegschnappen. Sowas passiert aber eben nur extrem selten, so dass hier keine Panik angebracht ist.
Realistische (Gefahren-)Abschätzung und nicht das hysterische Reagieren auf irgendwelche Propaganda-Kinderschutzwebseiten hilft hier unheimlich weiter.
*
Kastriertes Internet ist keine Lösung, denn kastriertes Internet für Kinder bedeutet Zensur und Zensur ist niemals gut. Und dass man im Netz auch viel verstörenden Scheiß findet, ist auch klar. Und da hilft nur, Alternativen zu ermöglichen und die Kinder nicht permanent ins Internet zu zerren, koste es, was es wolle. Da wir das aber nicht leisten wollen, müssen wir eben die andere Seite akzeptieren: Nämlich die Kinder zu respektieren, sie zwar anzuleiten, aber sie ihre Schritte eben gehen lassen, ohne sie dabei permanent zu tracken. Auch Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre und wenn wir sie aufwachsen in ihrem Wissen, dass sie permanent überwacht werden, dann werden daraus später Erwachsene, die das auch von ihrem Staat erwarten und sich nicht dagegen wehren. Mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben.
*
Wie hat denn unsere Generation das gelernt?
Wirklich zugängliches Internet gab es zu dem Zeitpunkt, als ich 15/16 war… und nun stelle ich mal die übliche „Medienkompetenz“-Frage… Wer ist denn hier mehr medienkompetenter? Der heutige 18jährige Abi-Schulabgänger oder unsere Generation? Die jungen Leute heute wissen zwar, wie man den Quatsch bedient, das wars aber auch. Die Hintergründe verstehen sie nicht und die Auswirkungen ebenso wenig. Ausnahmen sind halt die Leute, die sich wirklich dafür interessieren. Die sind dann auch auf Netzpolitik. Der Rest vergnügt sich auf Facebook und postet dort alles bis zur Konsistenz des letzten Stuhlgangs.
*
*
So, mal wieder viel zu langer Text und in Teilen auch ein wenig OffTopic, aber mich beschäftigt dieses Thema auch immer wieder, weil ich es halt auch häufig erlebe und Realität mit dem paranoiden Pädagogen-Kinderschützer-Nonsens abgleiche.
Ein paar Dinge sollte man aber wissen, damit man nicht für immer in der Suchmaschine mit Jugendsünden samt Klarname auftaucht so wie ich damals. Ich wusste es einfach nicht besser. Pseudonym und Wegwerf Mailadresse und Datensparsamkeit sind Gold wert.
Sicher, das läge aber auch an Google & Co., das solche Daten nicht lebenslang vorgehalten werden.
Das ist aber wieder ein anderes Thema. Wobei ich auch Google nicht direkt die Schuld gebe, denn auf arte kam gestern die Pfändung der Wohnung eines Spaniers zur Sprache, auf dessen Basis ja auch das „Recht auf Vergessen“ gesprochen wurde.
Ich frage mich nur bis heute, wieso Google verpflichtet wird, die Inhalte aus dem Index zu löschen. Müsste da nicht eher die Quelle angegangen werden, das heisst, die betreffende Zeitung die Artikel aus dem Netz nehmen?
Denn klar, über google findet man dann nichts mehr, aber dann eben über eine andere Suchmaschine.
*
Das ist halt das Problem bei Onlinearchiven.
Wären diese Informationen anonymisiert, wäre auch das weniger ein Problem. Denn dann wüsste man zwar von der Pfändung, aber nicht, wer da betroffen war. Aber das wiederum ist ebenfalls riskant, denn damit würde man Geschichte fälschen. Mit anderen Worten: Heute wüsste niemand mehr, wer Adolf Hitler war, wenn man seinen Namen nach z. B. 5 Jahren aus allen Archiven hätte anonymisieren müssen.
*
Eine wirkliche Lösung für das Problem fällt mir aber auch nicht ein. Täte es das, wäre ich sicher längst reich damit geworden ^^
*
Fakt ist aber, es braucht praktikable Lösungen, die weltweit Gültigkeit besitzen. Schon alleine deswegen, um Einzelpersonen nicht ein Leben lang zu schaden für Fehler, die sie einst begangen haben. Auf der anderen Seite ist es aber auch der Mensch selbst, der solche Fehler zunehmend auch lebenslang anprangert. Jugendsünden sind halt Jugendsünden… dass man die einem Menschen ewig hinterherträgt, ist halt auch eine fatale Einstellung.
ich würde auch sagen, die Suchmaschinen sind nicht das Problem.
Eher die Original-Seiten die die Info haben müssten „gereinigt“ werden.
Die Frage aber ist, wie wägt man ab was öffentlich bekannt bleiben muss und was ich als Privat-Person getilgt bekommen kann, weil ich es nicht mehr öffentlich haben will.
Wenn ich auf einer Mailingliste mal Mist gebaut habe, werd ich die Archive derzeit leider nicht dazu kriegen meinen Namen da rauszulöschen.