Verteidigungsministerium hält „breit angelegte Debatte in Politik und Gesellschaft“ über Kampfdrohnen für beendet

Wird es die Drohne „Raubtier“, „Sensenmann“ oder „MALE2020“? Die Bundeswehr will Kampfdrohnen.

Seit Januar vergangenen Jahres ist bekannt, wie die Bundeswehr zur Beschaffung von Kampfdrohnen auf die Tube drückt. Nachdem der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und wegen der Affäre um die Spionagedrohne „Euro Hawk“ unter Druck geriet kündigte er an, die Angelegenheit bis nach der Bundestagswahl zu vertagen. Seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen (CDU) blieb bei dieser Linie: Eine endgültige Entscheidung solle erst nach einer „breiten gesellschaftlichen Debatte“ erfolgen.

Morgen findet im Bundestag eine Anhörung zu „völker-, verfassungsrechtlichen sowie sicherheitspolitischen und ethischen Fragen im Zusammenhang mit unbemannten Luftfahrzeugen, die über Aufklärung hinaus auch weitergehende Kampffähigkeiten haben“ statt. Ausrichter ist der Verteidigungsausschuss, alle Fraktionen laden hierzu neun Sachverständige ein (die Grünen und die Linksfraktion durften lediglich je einen Sachverständigen benennen, die von SPD und CDU/ CSU Eingeladen haben sich in der Vergangenheit entweder deutlich für oder zumindest nicht grundsätzlich gegen Drohnenangriffe positioniert). Für Mittwoch ist im Bundestag dann eine Aktuelle Stunde anberaumt. Und dann?

„Überzeugungsarbeit“ für neues „europäisches Drohnenprojekt“

Eine vorgestern verschickte Antwort des Verteidigungsministeriums lässt darauf schließen, dass die „breit angelegte Debatte in Politik und Gesellschaft“ zu Kampfdrohnen bereits stattgefunden habe, die morgige Anhörung als eine Art Schlusspunkt fungiert. Denn auf die Frage, wie die Bundesregierung eine „breite Debatte“ überhaupt definiert, heißt es:

Der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge wird seit geraumer Zeit in Politik und Gesellschaft intensiv diskutiert. Die Bundesregierung begrüßt ausdrücklich die vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages für den 30. Juni 2014 angesetzte öffentliche Anhörung zum Thema, die Gelegenheit geben wird, nochmals alle mit dem Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge im Zusammenhang stehenden Aspekte zu beleuchten.

Dazu passt, dass hinter den Kulissen die Anschaffung bewaffneter Drohnen weiter vorbereitet wird. Letzte Woche hieß es dazu, dass zwar zunächst unbewaffnete Drohnen gekauft werden sollen. Eine Bewaffnungsfähigkeit sei aber „konzeptionell gefordert“. Hierfür brauchen die Drohnen unter anderem sogenannte „Haltepunkte“ für die spätere Bestückung mit Raketen.

Die am Freitag verschickte Antwort enthält aber weitere, wichtige Details: Denn es ist laut dem BMVg noch nicht entschieden, ob eine bereits am Markt befindliche Drohne gekauft wird oder aber europäische Rüstungkonzerne den Auftrag zur Entwicklung einer „europäischen Drohne“ erhalten. Für ein derartiges „neues, europäisches Drohnenprojekt“ betreiben das deutsch-französische Luftfahrtunternehmen Airbus Defence, das französische Unternehmen Dassault und das italienische Unternehmen Alenia Aermacchi seit geraumer Zeit „Überzeugungsarbeit“ bei der Bundesregierung. Das Vorhaben trägt die Bezeichnung „MALE2020“. Die Konzerne fordern die Bewilligung von 60 Millionen Euro für eine „Definitionsphase“, aus der Anforderungen an ein europäisches Drohnen-Entwicklungsprogramm formuliert werden sollen.

„Noch abzustimmende Fähigkeitsforderungen“ zur Bestückung mit Raketen

Ein ähnliches Projekt hatte Airbus Defence zuvor als „FEMALE“ betrieben. „FEMALE“ sollte sowohl mit Überwachungs- oder Aufklärungssensorik als auch mit Waffen bestückt werden können. Zur neuen „europäischen Drohne“ werden keine öffentlichen Angaben zur Bewaffnungsfähigkeit gemacht, sie wird zunächst als „System zur unbemannten Nachrichtengewinnung, Aufklärung und Überwachung“ bezeichnet. Möglichkeiten der Bewaffnung sollen laut dem BMVg aber in den „noch abzustimmenden Fähigkeitsforderungen“ erörtert werden. Die Bundesregierung ist nach Selbstauskunft nur an Drohnen interessiert, die bewaffnet werden können.

Längst wird daran gearbeitet, dass die großen militärischen Drohnen auch außerhalb des militärischen Luftraums fliegen dürfen. Diese Integration in zivile Luftfahrt hatte der Verteidigungsminister letztes Jahr als Lehre aus dem „Euro Hawk“-Debakel bezeichnet und zusammen mit Frankreich bei der NATO, aber auch der Europäischen Verteidigungsagentur für die Zusammenlegung entsprechender Anstrengungen geworben. Im Mittelpunkt stehen Fragen der Zertifizierung und Zulassung.

Heraus kam unter anderem eine „Drohnen-Nutzergemeinschaft“ mehrerer interessierter Regierungen. Außer Deutschland und Frankreich gehören hierzu Griechenland, Spanien, Italien, die Niederlande und Polen. Auf diesen Erfolg ist man stolz: Erst durch den Impuls des deutschen Verteidigungsministeriums sei den beteiligten Nationen „bewusst geworden, dass eine Harmonisierung des Betriebes und des Zulassungswesens für UAS [Drohnen] in Europa […] notwendig ist“.

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25 Ergänzungen

  1. die netzpolitische nachricht verbirgt sich gleich wo?

    im übrigen habe ich immer noch nicht, auch nicht nach gefühlten 1001-matthias-monroy-drohnen-posts, verstanden, was daran so verblüffend ist, dass sich eine armee drohnen anschafft. es mag seinerzeit ehrenhaft gewesen sein, als sich die polnische kavallerie auf ihren pferden mit säbeln und pistolen den deutschen panzern entgegenwarf, aber es wäre doch recht zynisch, darin etwas nachahmenswertes zu sehen.

    gut finde ich, dass unter dem post etwas zum autor steht. in deutschsprachigen raum ist es eigentlich üblich hinter dem namen von politikern in klammern die partei anzugeben. bei MdB Andrej Hunko, für den der autor arbeitet, hat man darauf verzichtet. gibt es dafür einen grund dafür? die ideologische nähe?

    1. Es ist nicht verblueffend, aber diskussionswuerdig. Denn welche Waffen eine Armee beschafft, und damit beschaffen darf und soll, richtet sich nach ihrem Einsatzspektrum. Ferngelenkte Drohnen sind nur fuer bestimmte Einsatzprofile sinnvoll, und das sollte die Disussion sein.

      Die Linke ist hier mE zumindest konsequent und lehnt solche Einsatzprofile ab. Andere Parteien luegen sich und dem Waehler vor, sie „saehen zZt keinen Einsatzzweck“, aber schicken weiterhin die BW mit mangelnder Ausruestung in eben solche Einsaetze. Das ist entweder zynisch oder dumm. Funktioniert aber: der Waehler schluckt es, diskutiert das wenig relevante Detail der technischen Waffe, und laesst ansonsten machen (und sterben).

  2. Soso, eine Armee schafft bewaffnete Flugzeuge an…macht Netzpolitik jetzt auch so ein „Schlagzeilen von vor 100 Jahren“-Projekt?

    Ach nee, es ist nurdie x-te Variante von „Drohnen = gezielte Tötungen“. Und morgen wird wieder darüber gejammert, dass die Union das Internet mit Kinderpornos gleichsetzt und so tut, als hätte es vor dem Internet keine Kinderpornose gegeben…

  3. Wie war das gleich im Grundgesetz: „Streitkräfte zur Verteidigung“, „Schutz ziviler Objekte“, „Gefahr für den Bestand oder für die FDGO“, „Unterstützung polizeilicher Maßnahmen“, „Bekämpfung bewaffneter Aufständischer“ sind alles so Schlagworte im Zusammenhang mit der Bundeswehr.
    Bewaffnete Drohnen sind natürlich prima für polizeiliche Maßnahmen oder die Bekämpfung Aufständischer geeignet, und sind ja eh reine Verteidigungswaffen. Die USA machen das ja vor. Deswegen braucht die Bundeswehr die Dinger auch so dringend.

  4. Kann nicht mal einer der/die/das „golda meir“ entfernen? Seit Jahren nur Unsinn in den Kommentaren. Ich bin froh dass Herr Monroy hier regelmäßig zu Drohnen berichtet.

    1. andere meinungen sind unsinn und werden entfernt? im real existierenden sozialismus, oder wo?

  5. Norbert Schepers von der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat uebrigens auf dem 30C3 einen interessanten Vortrag zu dem Thema gehalten, inkl. Diskussion.

    Natuerlich will die Bundeswehr bewaffnete Drohen. Sie hat Panzer, Artillerie, Hubschrauber, Flugzeuge, Schiffe und sie wird vom Parlament damit beauftragt, diese in Kampfhandlungen einzusetzen. Ob das Ziel auf 30km von einer Artilleriegranate, von einer lasergelenkten Flugzeugbombe, einer Kurzstreckenrakete oder einer von einer ferngesteuerten Drohne abgefeuerten Rakete getroffen wird: der Unterschied liegt letztlich nur in der Verfuegbarkeit und dem Aufwand/Preis. Es entscheiden Menschen ueber den Feuerbefehl, und idR sterben Menschen beim Einschlag. Solange das Parlament die BW in derartige Kampfeinsaetze schickt, solange sollte es die entsprechende Ausruestung stellen.

    Bzgl. der Ueberwachungsthematik ist die Bewaffnung offensichtlich nicht relevant.

    Autonome Drohnen sind ein eigenes Thema, das mE durch Vermischung mit ferngesteuerten Drohnen nur verwaessert wird. Wenn dieser fundamentale Unterschied nicht klar herausgearbeitet und in der Oeffentlichkeit bewusst wird, werden sich mE autonome Drohnen nicht aufhalten lassen. Denn ferngesteuerte Drohnen sind schon da und werden nicht mehr verschwinden.

    1. „Natuerlich will die Bundeswehr bewaffnete Drohen. Sie hat Panzer, Artillerie, Hubschrauber, Flugzeuge, Schiffe und sie wird vom Parlament damit beauftragt, diese in Kampfhandlungen einzusetzen.“ Will die Bundeswehr denn auch Atombomben?

      1. Wenn das Parlament sie entsprechend beauftragen wuerde, was offensichtlich absehrbar nicht der Fall sein duerfte.

        Auf dem Niveau marginalisierst Du dich in der Diskussion selber, falls Du ernst genommen werden wolltest.

      2. Dann erklaer‘ mal.

        Ich habe dargelegt, dass mE ferngelenkte Drohnen fuer militaerische Einsaetze keine signifikante Aenderung darstellen und dass wir derartige militaerische Einsaetze durchfuehren lassen.

        Jetzt Du.

      3. Bitte erkläre uns, warum die Armee der Bundesrepublik Deutschland die Atombombe nicht will …

      4. Weil sie in der derzeitigen Einsatzdoktrin keinen Platz und in den bestehenden wie absehbaren Anforderungen keinerlei Nutzen haette. Das waeren also gigantische Kosten und Aufwand fuer nichts. Entgegen einigen Vorurteilen besteht auch die BW primaer aus Leuten, die ihre Aufgabe erfuellen wollen, und die Atombombe waere dafuer extreme Resourcenverschwendung und damit kontraproduktiv. Die politischen Aspekte und die Aufgabenstellung sind nicht Aufgabe der BW als Organisation.

        Und jetzt Du.

  6. Was ist das denn für eine Waffe, bei der man zu 100% vom Wohlwollen der US Regierung abhängig ist (GPS)?

      1. weiss ich genauso wenig wie sonst irgendwer im eurokantenstadel. weiss auch nicht ob galileo am ende wirklich unabhängig von den amis wird. die fänden das nämlich nicht witzig. aber gedacht war es mal so.

        glonass dagegen läuft unabhängig von den amis (das war ja deine sorge, gäll?). benutzt du evtl. mit deinem phone häufiger als du glaubst.

  7. Erstmal vielen Dank für die Artikel/die Berichterstattung, Netzpolitik endet (für manche hier offenbar überraschend) nicht bei der Browserwahl. Etwas bestürzt bin ich allerdings über die Quellenwahl. Muss man in einem journalistischen Projekt wie Eurem der Einschätzung etwa von German Foreign Policy kommentarlos folgen? Für solche Sektiererseiten ist erstmal jede eine Faschistin, die nicht im gleichen Duktus über Krieg und Frieden nachdenkt oder sich gar äußert, und Quellenarbeit ist auch nicht so die größte Stärke dort. Dass dort in Bausch und Bogen alle Gutachter als Militärheinis verunglimpft werden, ist also nicht wirklich überraschend. Es stünde euch gut zu Gesicht, die Stellungnahmen mal zu lesen, bevor ihr euch so eine zweifelhafte Einschätzung aneignet…

  8. Gestern in der Bundespressekonferenz zum Thema:

    „FRAGE DR. ZWEIGLER: Frau Wirtz, ich hätte gerne etwas gewusst. Die Bundesverteidigungsministerin hat in einem Interview erklärt, sie würde die Frage, ob Deutschland bewaffnungsfähige Drohnen anschafft und im Kampf einsetzt, positiv entscheiden. Ich hätte gerne gewusst, ob die Bundeskanzlerin diese Haltung teilt.

    SRS’IN WIRTZ: Sie wissen, dass die Debatte um Drohnen-Einsätze geführt wird. Heute meines Wissens gegen 16.30 Uhr wird es dazu im Parlament eine Aktuelle Stunde geben. Vom Grundsatz her hat sich die Koalition ja im Koalitionsvertrag auf eine gewisse Offenheit in Bezug auf die Drohnen festgelegt. Ich darf zitieren: „Unbemannte Luftfahrzeuge spielen bereits heute beim Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan bei der Aufklärung und dem Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten eine wichtige Rolle. Auch künftig wird die Bundeswehr auf derartige Fähigkeiten angewiesen sein.“ So weit zum Koalitionsvertrag.

    Auch der Europäische Rat hat sich im Dezember des vergangenen Jahres darauf geeinigt, dass es eine gewisse Offenheit in Bezug auf die Entwicklung von Drohnen gibt, und das entspricht auch der grundsätzlichen Haltung der Bundeskanzlerin. Dazu, wie ein solches Szenario eine Entwicklung bzw. ein Einsatz von Drohnen oder Ähnliches in Deutschland genau beschaffen sein wird, laufen derzeit die Diskussionen nicht nur im Parlament, aber heute insbesondere im Parlament, und es wird abzuwarten sein, in welcher Weise sich dort ein Konsens finden wird.

    ZUSATZFRAGE DR. ZWEIGLER: Ich habe noch nicht ganz verstanden, was genau die Haltung der Bundeskanzlerin ist. Die Offenheit ist ja offensichtlich mit den Worten der Verteidigungsministerin geklärt, nämlich in der Hinsicht, dass sie sagt: Ja, wir wollen sie kaufen, beschaffen und einsetzen. – Damit ist das ja nicht mehr offen.

    SRS’IN WIRTZ: Ich kann für die Bundeskanzlerin sagen, dass es eine grundsätzliche Übereinstimmung mit der Haltung der Bundesverteidigungsministerin gibt, und insofern auch noch einmal wirklich darauf verweisen, was einerseits im Koalitionsvertrag festgelegt worden ist und was zum anderen die Entscheidung des Europäischen Rates ich glaube, im Dezember des vergangenen Jahres war.

    FRAGE JUNG: Wird die Bundesregierung dann vielleicht globale Regeln für den Einsatz von Kampfdrohnen anstreben? Es scheint mir nämlich das Entscheidende zu sein, dass nicht jedes Land eigene Regeln für die Kampfdrohnen aufstellt.

    SRS’IN WIRTZ: Zu den genauen Überlegungen oder Aspekten einer möglichen Regelung kann ich Ihnen im Moment nichts sagen, weil sich das eben noch in der Diskussion befindet. Ich weiß nicht, ob der Kollege aus dem Verteidigungsministerium dazu mehr sagen kann oder will.

    FLOSDORFF: Ich glaube, auch dazu gibt es eine Äußerung im Koalitionsvertrag.

    ZUSATZFRAGE JUNG: Die wäre?

    FLOSDORFF: Die habe ich hier jetzt nicht präsent, weil das nicht das Kerngeschäft des Verteidigungsministeriums ist.

    ZUSATZFRAGE JUNG: Vielleicht an das Außenministerium: Sind da globale Regeln anzustreben?

    DR. SCHÄFER: Zunächst einmal ist es ja so wir wollen hier jetzt aber kein Proseminar in Sachen Völkerrecht abhalten , dass es bereits Regeln des humanitären Völkerrechts sozusagen des Rechts im Falle eines Krieges gibt, die sich auch eins zu eins auf Luftfahrzeuge, die nicht bemannt sind, anwenden lassen. Gleichwohl haben Sie recht: Es gibt hinsichtlich der unterschiedlichen Ausprägungen von Drohnen sozusagen unterschiedliche Entwicklungen, die gegebenenfalls auch im Völkerrecht reflektiert werden müssen, und zwar mit dem Ziel, die Regeln des humanitären Völkerrechts so zu gestalten, dass es eben nicht zu dem kommt, was wir uns nicht wünschen. Daran ist die Bundesregierung selbstverständlich beteiligt. Aber das sind alles Dinge, die in den Vereinten Nationen und in anderen Gremien besprochen werden, in denen es um die Entwicklung des Völkerrechts geht. Das sind dicke Bretter, die da zu bohren sind. Sie können nicht erwarten, jetzt im Zuge der Debatte, die derzeit in Deutschland geführt wird, sozusagen innerhalb einer Tagesfrist konkrete Ergebnisse dazu vorzufinden.

    FRAGE LEIFERT: Herr Flosdorff, wenn sich die Ministerin jetzt gegenüber der Entscheidung offen zeigt, solche Drohnen anzuschaffen, reden wir dann von der Wiederauflage des „Euro Hawk“-Systems? Haben Sie eine Vorstellung, um welche Drohnen es geht und von wem sie kommen sollen?

    FLOSDORFF: Dabei gibt es einige Dinge, die man auseinanderhalten muss. Das eine ist die mittel- und langfristige Lösung. Das ist die Entwicklung einer europäischen Drohne, wie Frau Wirtz eben schon sagte, die sowohl im Koalitionsvertrag als auch beim Treffen der Staats- und Regierungschefs Ende des vergangenen Jahres auf EU-Ebene angelegt worden ist. Das Zweite ist die Überbrückungslösung, die wir brauchen, bis so eine Lösung umgesetzt sein würde. Dabei denkt man eher an einen Zeitraum von zehn Jahren und mehr.

    Außerdem gibt es die Frage des „Euro Hawk“. Das ist zwar auch ein unbemanntes Luftfahrzeug, aber dabei geht es sozusagen um Aufklärungstechnik und die Frage, ob sie einsetzbar ist oder nicht und ob das Trägersystem in Deutschland zugelassen werden kann oder nicht. Das ist also eigentlich eine dritte Frage, die selbstständig daneben steht.

    ZUSATZ LEIFERT: Jetzt weiß ich immer noch nicht genau, wer dann für Sie bei der Überbrückungslösung als nächstliegender Lieferant in Frage kommt.

    FLOSDORFF: Es gibt da zwei Systeme, und darüber ist den Parlamentariern ja auch schon umfänglich Auskunft gegeben worden, die im Moment in die nähere Betrachtung gezogen werden. Das eine ist ein amerikanisches Modell, und das andere ist ein israelisches Modell. Zurzeit operiert die Bundeswehr in Afghanistan mit einer israelischen Aufklärungsdrohne. Der Vertrag läuft noch bis zum Frühjahr des nächsten Jahres. Man hat auch die Option, ihn zu verlängern. Das hängt aber in erster Linie davon ab, wie sich die Einsatzszenarien für die Bundeswehr weiter gestalten. Wir stehen ja in Afghanistan zum Ende dieses Jahres vor dem Ende des ISAF-Kampfeinsatzes, und man muss schauen, wie sich die Nachfolgemission entwickeln wird und was sich für weitere Szenarien in den nächsten Jahren entwickeln werden. Das wissen wir auch gar nicht.

    Deswegen ist der Charme der Geschichte: „Beschaffung“ bedeutet nicht unbedingt „Kauf“. Das kann auch „Leasing“ bedeuten. Wenn man eine Leasing-Version in Betracht zieht, dann hat man eine größere Flexibilität, als wenn man jetzt ein Gerät anschafft und dann schauen muss, wie man es an die Einsatzszenarien anpasst. Es ist attraktiver, die Einsatzszenarien abzuwarten und dann auf einen Leasing-Vertrag zurückzugreifen.

    ZUSATZFRAGE LEIFERT: Wenn Sie gestatten, stelle ich dazu noch eine letzte Frage. Leasing macht es ja nicht unbedingt preiswerter. Haben Sie eine Vorstellung davon, wie viel Geld das kostet? Müssen Sie das sozusagen aus Ihrem Verteidigungsetat erwirtschaften, oder weiß der Finanzminister schon, wie das seine Finanzplanung beeinträchtigt?

    FLOSDORFF: Für die Fähigkeit der Aufklärung auch über eine Drohne ist Vorsorge im Haushalt getroffen worden. Wir betreiben ja zurzeit ein System, und es würde wahrscheinlich auch in Zukunft Bedarf dafür bestehen. Dafür würden dann auch Mittel zur Verfügung stehen. Was die Kosten einer möglichen Anschluss- oder Überbrückungslösung angeht, müsste man jetzt die Vertragsverhandlungen und die Entscheidung für ein Modell abwarten. Diese Entscheidung ist noch nicht getroffen worden.

    Lassen Sie mich aber grundsätzlich zu der Frage anmerken, ob nun eine Kauf- oder eine Leasing-Lösung günstiger ist: Darüber kann man doch auch lange Diskussionen führen, und man weiß es wahrscheinlich erst am Ende. Ich erinnere nur einmal an die Zulassungsprobleme des „Euro Hawk“ und die doch erheblichen finanziellen Probleme, die dadurch entstanden sind und die man bei einer Leasing-Lösung nicht hätte.“

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