Die Forschungsfantasien europäischer Polizeien

Ein Netzwerk von Europäischen Polizeien mischt bei den Ausschreibungen von EU-Forschungsvorhaben mit. Uns wurde ein geheimes Arbeitsprogramm zugespielt, aus dem ersichtlich wird, welche Ambitionen die Polizeien haben. Dazu gehört das Stoppen von Fahrzeugen sowie die automatische Kennzeichenerfassung.

ENLETSDie französische Ratspräsidentschaft gründete 2008 das „Europäische Netz technischer Dienste für die Strafverfolgung (ENLETS)“. Damit reagierte man auf die Europäisierung der Sicherheitsforschung, die erstmals im 7. Rahmenforschungsprogramm (FP7) der EU als eigenständiger Themenbereich eingeführt wurde. Seit der Security Research Conference 2010 im belgischen Oostende ist ENLETS klar darauf ausgerichtet, das die Ergebnisse direkt in das FP7 einfließen (.pdf). In regelmäßigen Abständen werden Polizeien von ENLETS gefragt, welche Technologien benötigt werden bzw. welche Lösungen bereits in nationalen Forschungsprojekten erforscht wurden und mittlerweile erfolgreich genutzt werden, um die Strafverfolgung und Prävention zu verbessern. Bei der Suche nach innovativen Ideen wird vor allem auf Überwachungs- und Kontrolltechniken, insbesondere Analysetools für große Datenberge, gesetzt. Durch die Integration der Ermittlungsbehörden in den Forschungsprozess sollen passgenaue Überwachungstechnologien für die Endnutzer erforscht werden. Auch der Projektkoordinator von INDECT, Prof. Andrzej Dziech hat schon bei einem Treffen der Arbeitsgruppe im September 2011 im Rahmen der polnischen Ratspräsidentschaft in Warschau teilgenommen. Zwei mal im Jahr trifft man sich um die Ergebnisse auszuwerten und neue Ziele zu definieren. Die Treffen werden jeweils von der Troika vorbereitet und von der aktuellen Ratspräsidentschaft durchgeführt.

Was genau ENLETS macht ist geheim. Nun wurde uns jedoch ein klassifiziertes Arbeitsprogramm für die kommenden Jahre (.pdf) zugespielt. Darin wird die Arbeitsweise von ENLETS genauer beschrieben. Zudem werden detaillierte Aufgaben für die nächste zwei Jahre definiert und Strategien bis 2020 entwickelt.

Im Rahmen der „technology watch function“ orientiert man sich etwa an den drei Grundsätzen ENLETS:

1) Sharing Best Practices: Mit Unterstützung von Europol hat man eine Datenbank mit täglichen Updates aufgebaut, die von den Mitgliedstaaten erforschte Technologien beinhaltet

2) Co creation: Die Mitgliedstaaten werden über neue Projekte und Entwicklungen informiert

3) Research: Die Bedürfnisse der Mitgliedstaaten werden an die Kommission weitergegeben, die so in die Ausschreibungen für neue Forschungsprojekte einfließen sollen.

Das zentrale Ziel von ENLETS ist, die Bedürfnisse und Wünsche der Ermittlungsbehörden der Mitgliedstaaten im Rahmen des FP7 bzw. des neuen Rahmenforschungsprogramm Horizon2020 zu erforschen. Dabei steht die Kooperation mit der Industrie im Vordergrund, die durch die Programme gestärkt werden soll. Dabei handelt es sich tatsächlich um ein gigantisches Subventionsprogramm für die Rüstungsindustrie.

Die Strategie für die kommenden zwei Jahre, von September 2013 bis September 2015, wurde von Großbritannien, den Niederlanden und Rumänien festgezurrt. Man hat sich auf fünf Kernaufgaben geeinigt:

1) Automatic Number Plate Recognition – Automatische Nummernschilderkennung

2) Open Source Intelligence – Offene Informationen im Netz sollen überwacht und als Informationsquelle genutzt werden; Ermittlungen sollen auch im Netz geführt werden können

3) Signal Intelligence – Immer mehr Daten werden gesammelt und müssen ausgewertet werden. Es sollen IT-Systeme entwickelt werden, die mit der Datenflut zurecht kommen, um diese besser verarbeiten und auswerten zu können.

4) Surveillance – Es gilt die besten Videoüberwachungssystem zu finden und zu nutzen.

5) Front Line Policing – Entwicklung von Technologien zum Stoppen von Fahrzeugen.

Die mittel- und langfristigen Ziele von ENLETS sind weniger konkret und zielen hauptsächlich darauf ab, die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern um so die EU-Forschung nach den Bedürfnissen der Ermittlungsbehörden auszurichten.

8 Ergänzungen

  1. wen wunderts. auch, mir nach ins überwachte europa. ist alternativlos und (meistens) grundrechtsschonend. wer nicht dafür ist, ist altgriechisch desaströs und mehr netto vom brutto gibts auch, nur nicht mehr für die hotellerie. aber dem grosse chaos fällt bestimmt was ein. die rumänische staatsbürgerschaft für den erbprinzen zu bayern, herr von und zu seehofer vielleicht?

  2. Na…

    zu 1)
    Wieso nicht gleich automatischer Strafzettel Versand? Die Videoüberwachung wird ja jetzt noch besser ausgebaut.

    zu 2)
    Einer mehr oder weniger…

    zu 3)
    Na, da gibt es bestimmt jemanden der da weiterhelfen kann! Mal überlegen…

    zu 4)
    siehe 1

    zu 5)
    Gibt es doch schon längst! Kelle und Nagelbrett…

    1. Es geht bei Punkt 5 um die Abschaltung die z.B. auch bei Diebstahl mittlerweile schon werksseitig vorgenommen werden kann.

  3. Damit auch der Dümmste bemerkt, dass es sich bei „ENLETS“ um eine europäische Erfindung handelt, hat man ihm einen US-amerikanischen Namen gegeben, oder?

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