Nach dem Debakel um die hochfliegende Drohne „Euro Hawk“ ließ die amtierende Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) prüfen, auf welche Weise das vom Airbus-Konzern gebaute Spionagemodul ISIS dennoch in die Luft befördert werden könnte. Das Gerät ist auf das Abhören jeder funkgebundenen Kommunikation ausgelegt, kann aber auch die Strahlung elektronischer Geräte auffangen. Die abgehörten Daten sind derart umfangreich, dass sie noch an Bord verarbeitet werden müssen um sie überhaupt per Satellit zu Boden zu funken.
Die Ministerin beauftragte für die weitere Verwendung ein Gutachten der Beratungsfirmen KPMG, P3 Group und Taylor Wessing. Die Firmen kamen zu dem Schluss, es bedürfe zunächst einer „belastbaren Informationsgrundlage und einheitlichen Entscheidungsreife“ bevor eine Entscheidung über ein alternatives (auch bemanntes) Trägersystem für das ISIS-Modul getroffen werden könnte.
Bekanntlich setzte sich von der Leyen öffentlich darüber hinweg: Einen Tag bevor das Gutachten öffentlich präsentiert wurde kündigte sie an, dass statt des „Euro Hawk“ nun Drohnen des Typs „Triton“ beschafft werden könnten. Die „Triton“ wird wie die „Euro Hawk“ vom US-Konzern Northrop Grumman gebaut, unterscheidet sich aber in Ausführung und Ausrüstung vom „Euro Hawk“, da sie ursprünglich für Flüge über Wasser entwickelt wurde.
Bundeswehr und US-Marine arbeiten an Zulassungsstudie für „Triton“
Nun bestätigt das Verteidigungsministerium, die „Triton“ sei wegen ihrer „operationellen und technischen Eigenschaften“ besonders geeignet, „die Forderungen des Bedarfsträgers an eine ISIS-Plattform zu erfüllen“. Über eine luftfahrtrechtliche Zulassung verfügt die „Triton“ wie ihre Vorgängerin allerdings nicht. Deshalb arbeitet das Beschaffungsamt der Bundeswehr jetzt zusammen mit der US-Marine an einer technischen Bewertungsgrundlage. In einer Zulassungsstudie wird geprüft, inwiefern die von US-Behörden angewendeten Zulassungsverfahren die Zulassung zum Flugbetrieb in Deutschland erleichtern könnten.
Laut der Bundesregierung soll es sich dabei um eine militärische Zulassung handeln, die Drohne würde also in reservierten Lufträumen fliegen. Die Studie soll bis zum dritten Quartal 2015 vorliegen. Wenn die dort getroffenen Aussagen zur „Zulassbarkeit“ positiv sind, will die Bundesregierung ab 2016 über eine Auswahlentscheidung nachdenken.
Bis dahin soll die im Dezember 2013 eingemottete Prototyp des „Euro Hawk“ wieder aus der Garage geholt werden und weitere Testflüge mit dem ISIS-Modul unternehmen. Bis Ende März wird der „aktuelle luftfahrzeugtechnische Zustand“ untersucht. Dann könnten etwaige notwendige Arbeiten durchgeführt werden, um die Drohne wieder in die Luft zu befördern. Hierfür würde dann eine eine neue vorläufige Verkehrszulassung ausgestellt. Zunächst sollen aber Tests in einer „Laborumgebung“ stattfinden.
ISIS-Hardware nicht mehr neuester Stand
Bislang hat die fliegende Plattform 616 Millionen Euro gekostet, davon 270 Millionen für das ISIS. Allerdings ist das System mittlerweile technisch überholt, weshalb nun weitere 55 Millionen anfallen für ein „serienreifes ISIS, das auf dem derzeitigen technischen Stand aufbaut“. Die Rede ist von einer Anpassung der Hardware „an das sich in den letzten zehn Jahren veränderte Signals Intelligence (SIGINT) Szenario“.
Das Verteidigungsministerium hat die Drohne bzw. das Spionagemodul noch nicht offiziell abgenommen. Die Bundesregierung und die Hersteller liegen über die Bezahlung im Streit. Mit einer endgültigen Einigung zur Vertragsbeendigung sei aber ab Ende März 2015 zu rechnen. Letztes Jahr hatte die Bundesregierung in einem Rechtsgutachten Schadensersatzansprüche prüfen lassen, diese aber nicht geltend gemacht und eine entsprechende Frist verstreichen lassen.
Der Vorgang wurde im November 2013 vom damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) als eine seiner letzten Amtshandlungen genehmigt. Laut dem Gutachten hätten Schadensersatzansprüche aber unter Umständen zum Erfolg führen können, da die Hersteller falsche Angaben gemacht hatten. Dies wird von der Bundesregierung bestätigt: Demnach seien die „amerikanischen Zulassungsunterlagen“ hinsichtlich Qualität und Quantität für ein deutsches Musterzulassungsverfahren nicht verwertbar gewesen.
Der deutsche Drohnenkrieg ist männlich
Das Verteidigungsministerium dringt nun auf die „Entwicklung noch fehlender Funktionalitäten“. Um welche es sich dabei handelt wird nicht gesagt. Auch Labortests, Flugversuche sowie das „erste operativ nutzbare Flug- und Bodensegment“ schlagen mit weiteren Ausgaben zu Buche.
Vermutlich nicht in die Summe aller Ausgaben eingerechnet sind Gelder für die Ausbildung von 34 Soldaten für den Betrieb der Riesendrohne. Dabei handelt es sich um Piloten und technisches Personal. Je nach Qualifikation fallen hierfür zwischen 139.000 und 367.000 Euro an
Die Antwort des Verteidigungsministeriums liefert auch Angaben zum Geschlechterverhältnis. Demnach wurden für die Steuerung der beiden größten Bundeswehr-Drohnen „Euro Hawk“ und „Heron“ 70 Männer und keine Frau als „Luftfahrzeugführer unbemannter Luftfahrzeuge“ befähigt. Lediglich bei den vom Heer betriebenen kleineren Drohnen finden sich unter den rund 1.500 PilotInnen 3,4% Frauen.
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