BGH-Urteil schränkt Elternhaftung bei Filesharing ein

In einer Pressemitteilung wurde heute ein Urteil des für das Urheberrecht zuständigen I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) verkundet, demzufolge

der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht.

In der Vorinstanz beim Oberlandesgericht (OLG) Köln waren die Klägerinnen – vier führende deutsche Tonträgerhersteller – mit ihrer Klage auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 2.841 € für das Teilen von 3.749 Musikaufnahmen in einer Internettauschbörse noch erfolgreich gewesen. Der Beklagte 

habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme

Der BGH hat dieses Urteil des OLG Köln aufgehoben und die Klage mit folgender Begründung abgewiesen:

Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.

Wie Holger Bleich bei heise.de schreibt, setzt der BGH damit die Linie seiner bisherigen Rechtsprechung fort, die von Haftung erst bei Kenntnis der Rechtsverletzung ausgeht. Die Urteilsbegründung ist aber noch nicht online verfügbar, weshalb sich noch schlecht einschätzen lässt, inwieweit das Urteil auch für andere Wohnsituationen wie WGs relevant ist. Massenabmahnungen sind durch dieses Urteil aber wieder ein wenig schwieriger geworden und zumindest von Seiten der Rechtsprechung gibt es in Sachen WLAN-Störerhaftung Bewegung in die richtige Richtung.

4 Ergänzungen

    1. ja, aber zum Thema WLAN-Störerhaftung ist damit wenig gewonnen – welcher WLAN-Betreiber hat schon ein enges persönliches Verhältnis zu allen potentiellen Nutzern?

      Hier muss die Politik weiter ran – der Gesetzentwurf der Digiges zeigt ja, wie einfach ein Fix wäre, wenn man es denn will.

  1. Da es heißt…
    „Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen;“
    …schätze ich mal das Urteil ist für andere Wohnsituationen wie WGs nicht relevant. Aber mal abwarten.

    1. Eine WG dürfte an der Eigenverantwortung von Volljährigen wohl kaum etwas ändern; lediglich das Vertrauensverhältnis wäre vielleicht konkreter im Einzelfall zu prüfen bzw. glaubhaft zu machen.

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