Der amerikanische Ableger der internationalen Schriftstellervereinigung PEN hat untersucht, welche Metaphern für Überwachung verwendet werden:
Over 62 days between December and February, we combed through 133 articles by 105 different authors and over 60 news outlets. We found that 91 percent of the articles contained metaphors about surveillance. There is rich thematic diversity in the types of metaphors that are used, but there is also a failure of imagination in using literature to describe surveillance.
On the one hand, journalists and bloggers have been extremely creative in attempting to describe government surveillance, for example, by using a variety of metaphors related to the act of collection: sweep, harvest, gather, scoop, glean, pluck, trap. These also include nautical metaphors, such as trawling, tentacles, harbor, net, and inundation. These metaphors seem to fit with data and information flows.
Eine Infografik fasst die Ergebnisse zusammen:
An Orwells omnipräsenten Roman 1984 gibt es berechtigte Kritik. Stattdessen werden Der Process (Kafka), Träumen Androiden von elektrischen Schafen? (Dick), Der Herr der Ringe (Tolkien) und Der Sturm (Shakespeare) vorgeschlagen. Oder Little Brother von Cory Doctorow, das auch wir schon öfters empfohlen haben.
Ich hab‘ noch einen: „Memoiren, gefunden in der Badewanne“ von Stanislaw Lem
Der wesentliche Unterschied ist, dass Lem eine sich verselbständigende Bürokratie beschreibt, in der niemand mehr Kontrolle oder Verantwortung hat (aber der Erfolg ist der selbe). Das erscheint mir eine wesentlich realistischere Einschätzung der Lage.
Der Film „Brazil“ geht auch stark in die Richtung, vielleicht ist er ja davon inspiriert.
Warum immer Metaphern? Ist ist doch klar was warum gemacht wird. Die Frage ist: Macht das moralisch Sinn oder eher nicht. Und wen schützt es vor was? Die Bürger vor Gefahr oder eher die Politik vor Gefahr? Was ist „Gefahr“ und wer entscheidet das? Es ist nicht einfach, sollte aber auch ohne den Rückgriff in die Bücherkiste gehen. Wenn Journalisten nur mit Bildern aus Büchern arbeiteten können, läuft evtl. was falsch. Ich glaube die Grundfabel mit der die meisten Bewohner eines Landes noch was anfangen können ist vermutlich die jeweilige Verfassung … Mit den jeweils verschiedenen Auslegungen je nach Herkunft und Stand …
Metaphern sind effizient. Man kann (theoretisch) in einem Wort die Ideen aus einem ganzen Buch rüberbringen, vorausgesetzt der Adressat kennt es.
Natürlich werden sie oft falsch/unnötig benutzt. Wenn es ein klar formulierter Nebensatz auch tut, sollte man auf die Metapher verzichten. Wenn sie nur schlecht passt, genauso. Und wenn es Not tut, einen kompletten Artikel darüber zu schreiben, erst recht. Das ist mMn das Hauptproblem mit 1984 in Bezug auf die aktuelle Überwachungsdebatte – es passt nur schlecht, und wird zu oft benutzt um eine klare und überlegte Diskussion zu ersetzen.
Geht es nicht eher um das Wertesystem? Man sucht damit ein Wertesystem für einen moralischen Vergleich heraus, statt die Wertesysteme die aneinander geraten darzustellen. Zeit Online Journalismus.
In dem Videospiel Duke Nukem 1 wusste man noch, was den wahren Bösewicht ausmacht: Screenshot.
In Duke Nukem 3D hingegen kann Duke die Kameras gar nicht mehr abschießen, und er benutzt selbst die Bildschirme für seinen eigenen Vorteil. Da kann man sehen, wie sich die Bedeutung des Symbols „Überwachungskamera“ langsam gewandelt hat.
Ja cool.
Und erklärt ihr auch, warum sich diese Bücher so wunderbar als Metaphern eignen für unbelesene Proleten mit Halbwissen wie mich?
Weil dann kann ich zu meinen unbelesenen Proletenfreunden ohne Halbwissen gehen, und ihne die Metaphern direkt um die Ohren klatschen!
Nur um das direkt klar zu stellen:
Selber Lesen und dann auf die Metaphern kommen ist keine Option. Da ist ja garkeine Zeit für in dieser Hektik Welt, außerdem Herr der Ringe kennt ja z.b. dank verfilmung jeder – trotzdem liegen (mir zumindest) die metaphern nicht auf der Hand.
Tun sie eben leider nicht. Sie machen nur Sinn in einem bestimmten (utopischen) Weltbild da sie Gegenentwürfe dazu sind. AKA: Freier Wille, Gerechtigkeit, Rechtstaat etc.
Die meisten dieser Bücher waren aber eben als negativ Bespiele gedacht, was passiert „wenn“. Sie helfen aber nicht wirklich bei der moralischen Beurteilung der grauen Realität. Wenn die Journalisten was helfen wollen, gucken sie mal bei Neil Postman und Co. und zitieren diese korrekt und testen ob Vergleiche wirklich korrekt ist (Wem nützt was warum wirklich, wem mehr, etc. )
(Halb ironisch) Dann klappt es auch beim Bier in der Halbzeitpause. Wobei ja Hardcore Fussballfans mit Nahkampferfahrung und ähnliche Leute fürs Grobe eh für jede Revolution benötigt werden.
PS: @Autolykos, stimme Dir zu, habe ich nur irgendwie vergessen zu erwähnen ;)
Eine ähnliche These hat im Januar 2014 auch die Journalistin Doris Anselm im Deutschlandradio Kultur vertreten.
[Kommentarsystem kaputt … daher in der Wiederholung nur kurz]
Der Teil weiter unten ist auch noch im Zusammenhang wichtig:
„Nicht, dass die „neue“ Überwachung weniger gefährlich wäre. Auch sie vernichtet mit der Privatsphäre jeglichen Boden für echten politischen Widerstand.
(…)
Mit klassisch-gruseligen Horrorbildern lässt sich dagegen nicht angehen. Es zu versuchen, vermittelt lediglich ein Gefühl von Vergeblichkeit. Alles sei sowieso zu spät! Dabei lässt sich praktisch alles am und im Internet gestalten – sei es Datenschutz, Teilhabe oder demokratische Kontrolle.
Ansonsten ist die Rolle der aktuellen Medien sehr zwiespältig. Sie leben (User Tracking, Apple Hard/Software, ipad, itunes) auch von dem System welches zum großen Teil für die Überwachung genutzt wird — Empörungsjournalimus bei gleichzeitiger Bewerbung der Dinge ist häufiger als tiefgründige „Wer bewacht die Wächter“ Artikel (G10, etc.) mit der gesamten Komplexität.