Wie wir Ende Juni berichteten wurde zu diesem Zeitpunkt im russischen Parlament gerade der russischen Version von SOPA (‚Stop Online Privacy Piracy Act‘ aus den USA) zugestimmt. Seit 1. August sind die „Russian Federation’s Laws Protecting Intellectual Property Rights on Information-Telecommunications Networks“ nun in Kraft getreten. Gerade größere Unternehmen, wie VKontakte (russisches Äquivalent zu Facebook), Yandex (russischen Pendant zu Google) oder die Wikimedia Foundation haben davor gewarnt, dass das Gesetz eher Innovation hemmt, statt Rechteinhaber zu schützen. So können Rechteinhaber Dienste, wie VKontakte oder Wikipedia anschreiben, dass sie urheberrechtlich geschütztes Material auf ihren Servern hosten – müssen dafür allerdings keine spezifischen Adressen oder Links angeben. Wenn die Diensteanbieter dann nicht in „angemessener Zeit“ reagieren, können diese direkt verklagt werden.
Wie auch bei SOPA gab es heftige Online-Proteste in Russland. Ähnlich dem deutschen Bundestag hat das russische Parlament eine Möglichkeit zur Online-Petition. Diese erreichte allerdings nicht die nötigen 100.000 Unterzeichner. Viel schwerwiegender war allerdings, dass die russischen ‚Netizens‘ – unterstützt u.a. durch die russische Piraten Partei – es nicht geschafft haben, das Moment und die Energie der Onlinebewegung auf die Straße zu überführen. So protestierten in Moskau lediglich 300-500 Leute gegen das Gesetz. Im Internet beteiligten sich zahllose Websites an einem Black-Out, ähnlich dem gegen SOPA/PIPA. All das hilft am Ende jedoch wenig, wenn die protestierenden Massen im Netz nicht „auf der Straße“ zu sehen sind. Hier wird das Kunststück, das die Proteste gegen SOPA und PIPA geleistet haben, nur nochmals deutlich: Um politische Relevanz zu erlangen, muss man immer noch auf die Straße. Hier zählen am Ende weniger die Anzahl Unterzeichner einer Online-Petition, sondern viel mehr wie lang der Protestzug auf der Straße ist.
Im Falle des „Russischen SOPA“ scheint die Schlacht verloren, denn nur wenige Tage nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist, gab es schon die erste Klage gegen VKontakte. Diese wurde zwar abgewiesen, da der Kläger nicht darlegen konnte, dass er auch Rechteinhaber der Inhalte ist, aber es zeigt, wie verheerend sich das neue Gesetz auf das russische Internet auswirken könnte. Der Fall des „Russischen SOPA“ hält uns vor Augen, dass es wesentlich mehr braucht, als Blog-Einträge, Online-Petitionen und Black-Outs, um Gesetze abzuwehren und Politik zu ändern.
However, even if the petition reaches 100,000 votes, unless these thousands of virtual supporters can be converted into physical bodies on the streets and lobbyists in Parliament, the Russian government isn’t likely to care. (Andrej Tselikov)
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