Die Vorratsdatenspeicherung in Slowenien ist unverhältnismäßig und ihre Notwendigkeit konnte bisher nicht bewiesen werden. Aus diesen Gründen klagt die Informations- und Datenschutz-Beauftragte des EU-Mitgliedstaates vorm Verfassungsgericht gegen die gesetzlichen Bestimmungen. Statt nur zu schweren Straftaten werden die Daten auch im Zivilrecht, im Arbeitsrecht und bei Ordnungswidrigkeiten eingesetzt.
Wie fast alle EU-Mitgliedsstaaten hat auch Slowenien eine Vorratsdatenspeicherung. Zur Umsetzung der EU-Richtlinie von 2006 werden seit 2009 Telefon-Daten 14 Monate (seit 2007 24 Monate) und Internet-Daten acht Monate lang gespeichert. Seit dem 15. Januar gilt ein neues Gesetz über die Elektronische Kommunikation (Slowenisch), das noch über die EU-Richtlinie hinaus geht.
So sollen die Daten nicht nur gegen „schwere Kriminalität“ verwendet werden, sondern bei jeglicher Art von Kriminalität, zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit und der verfassungsmäßigen Ordnung, für politische und wirtschaftliche Interessen des Staates sowie die nationale Verteidigung. Überprüfungen durch die Behörde der Informations-Beauftragten konnten zeigen, dass die Daten sogar bei Zivilverfahren, arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen und Ordnungswidrigkeiten verwendet wurden.
Die Kritik geht aber noch weiter (meine Übersetzung):
Die Informations-Beauftragte stellt fest, dass große Mengen an Daten im Voraus über die elektronische Kommunikation jeder Einzelperson gespeichert werden, unabhängig davon, ob er oder sie sich voll an Recht und Gesetz hält oder nicht. Während der Grundsatz der Rechtmäßigkeit respektiert wurde, hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit völlig vernachlässigt. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist auf eine Weise geregelt, die nicht kompatibel mit der Rechtsstaatlichkeit ist, da sie die Bedingungen nicht respektiert, die Eingriffe in die Menschenrechte erlauben. Durch den absolutistischen Ansatz zur Vorratsspeicherung beeinflusst der Gesetzgeber auch andere Rechte, wie das Recht auf Geheimhaltung der Kommunikation sowie Meinungs- und Bewegungsfreiheit. Er tat dies, ohne irgendwelche Beweise oder Analyse vorzulegen, dass eine solche Maßnahme notwendig ist und große (falls überhaupt vorhandene) Auswirkungen auf die Verfolgung von Straftaten hat. In der Tat hat es die Regierung nicht geschafft, nach Jahren der Vorratsspeicherung eine ordnungsrechtliche Wirkungsanalyse zu erarbeiten, die die Existenz der Datenspeicherung rechtfertigen würde.
Aus diesen Gründen hat die Informations- und Datenschutz-Beauftragte Nataša Pirc Musar beim Verfassungsgericht der Republik Slowenien eine Klage eingereicht (Slowenisch), um die Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherungs-Gesetzgebung zu beurteilen. Gleichzeitig hat sie darum gebeten, den Antrag bevorzugt zu behandeln und die Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung vorläufig auszusetzen.
Da kann man ja nur hoffen. Das wäre auf jeden Vall ein guter Anfang. Wenn das dann noch in anderen EU-Ländern passiert, würde viellicht auch die Richtlinie stärker unter druck geraten.
Na, Andre – Gender-Bias bei netzpolitik.org? “The Information Commissioner” heisst Nataša Pirc Musar und ist eine Frau. Sie ist übrigens nicht nur Informationsbeauftragte, sondern auch Datenschutzbeauftragte von Slovenien. Sie ist sehr engagiert und wird auch schon als mögliche Nachfolgerin des Europäischen Datenschutzbeauftragten Peter Hustinx gehandelt, dessen Amtszeit im Januar 2014 endet.
Danke, gefixt. Im Gegensatz zu dir kenne ich die gute Frau leider nicht :)
Na Ralf, Höflichkeits-Bias in Brüssel?
Ich frag mich mittlerweile ja jeden Tag, was bloss aus dem netten Umgangston geworden ist. Ist doch toll, dass es eine engagierte Frau ist, könnte man doch freundlich sagen. Aber nein, gleich anpissen, nicht nur den Autor, gleich das ganze Blog-Team.
Ist schon ok, Ralf gehört auch zum Blog-Team :)