NSA: James Clapper gibt weitere zehn Dokumente frei

Trotz Lüge im Kongress: US-Geheimdienstdirektor seit 2010

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Der Direktor der US amerikanischen Geheimdienste James Clapper hat am Montag zehn weitere NSA Dokumente freigegeben. Die Freigabe beruht weniger auf Clappers angeblichen Bemühungen für mehr Transparenz zu sorgen, sondern sind direkt auf eine Freedom of Information Act Klage der US amerikanischen Electronic Frontier Foundation zurückzuführen. Einige der Dokumente legen weitere Interpretationen der umstrittenen Section 215 des USA PATRIOT Acts – eine Gesetzesänderung, die es US amerikanischen Geheimdiensten erlaubt umfassend und verdachtsunabhängig Telekommunikation zu überwachen.

  • Ein Memorandum zwischen NSA und dem Senate Select Committee on Intelligence (SSCI) belegt, dass die NSA in Kooperation mit einem Provider mindestens seit 26. April 2010 Standortdaten von Mobiltelefonen – zunächst zu Testzwecken – ausgewertet haben. Das Justizministerium (DOJ) hatte davon gewusst und die Erfassung unter dem FISA Gesetz genehmigt.
  • Seit 1. September 2011 wusste der zumindest der Justizausschuss des Senats der USA laut Memorandum, dass Verbindungsdaten (Meta-Daten) von Telefongesprächen zwischen zwei US-Bürgern im Inland abgefangen und analysiert werden. Auch dies wurde durch das Geheimdienstgericht (FISA Court) gebilligt.

[…] NSA has begun to acquire and analyze telephony metadata derived from cellular network or „mobility“ call detail records (CDRs). The cellular telephony metadata is being produced pursuant to an order issued by the Foreign Intelligence Surveillance Court… for billed long distance telephone calls to or from landline telephones either (a) between the U.S. and abroad; or (b) wholly within the U.S., including local telphone calls.

  • In einem Brief von Dezember 2009 an Mitglieder des Justizausschusses des Senats betont das Justizministerium (DOJ), dass eine öffentliche Debatte über die umfassenden Überwachungsmaßnahmen durch Sektion 215 des USA PATRIOT Acts nicht erwünscht sei, da die nationale Sicherheit gefährdet sei.

Public disclosure of the highly classified uses of Section 215 authority, including the bulk collection program thereunder, is problematic… Because we are concerned that public disclosure would cause serious damage to national security, we cannot disclose publicly that Section 215 is used for bulk collection of telephony metadata.

  • Ein Protokoll vom selben Jahr illustriert, dass die Richter des Geheimdienstgerichts immer wieder Bedenken gegenüber der NSA geäußert haben in Bezug auf die Legalität des Programmes und der Einhaltung der gesetzlichen Schranken – vor allem bei der Beurteilung der Reasonable Articulable Suspicion (RAS). Dadurch, dass die Richter des FISC niemals die Gegenseite oder Bedenken hören, können sie kaum ehrlich abwägen, ob tatsächlich Überwachung zu weit geht. Und somit findet keine effektive Kontrolle der Geheimdienste statt.
  • Ein Memorandum von Februar 2009 an das Select Committee on Intelligence zeigt, wie wenig diese Memoranden eigentlich sagen: Die Quintessenz aus drei Seiten Text ist, dass die NSA ‚kleinere Probleme‘ bei der Einhaltung der Auflagen und aufgezeigten Schranken des Geheimdienstgerichts hatte. Man würde aber eng mit dem Justizministerium zusammenarbeiten, um die Programme entsprechend abzuändern.

NSA and DOJ have already identified a number of steps designed to improve the Agency’s ability to comply with the relevant orders and implementation of these changes has begun.

NSA needs access to telephony business records in bulk so that it can quickly identify the network of contacts that a targeted number is connected to, whenever a targeted number is detected. NSA identifies the network of contact by applying sophisticated analysis to this metadata. The more metadata NSA has access to, the higher the chances are that NSA can identify or discover the network of contacts linked to targeted numbers.

Im Vergleich zu den ersten Veröffentlichungen durch den Dirctor of National Intelligence, durch die u.a. das erste Mal die rechtliche Interpretation des Patriot Acts an die Öffentlichkeit gelangte, sind die jetzigen Dokumente eher als Bestätigung einiger Vermutungen zu sehen. Wir wussten all das schon durch Snowdens Enthüllungen. Allerdings sind diese offiziellen Dokumente essenziell für die weitere politische Diskussion. So ist ein weiteres Mal durch diese Dokumente eindeutig belegt, dass DNI James Clapper vor dem Kongress gelogen hat.

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Ebenso hatte Barack Obama gelogen, als er in Jay Lenos Show sagte, es würden keine Amerikaner überwacht werden.

There is no spying on Americans.

Die Dokumente verdeutlichen außerdem das grundlegende Problem der Aufsicht und Kontrolle der geheimdienstlichen Aktivitäten. Ein Richter des US amerikanischen Geheimdienstgerichtes, Reggie B. Walton, sagte gegenüber der Washington Post, dass das Gericht selbst keine Untersuchungen einleiten könne und auf die durch die NSA vorgelegten Informationen angewiesen sei. Somit ist vorprogrammiert, dass es zu keiner echten Aufsicht und scharfen Kontrolle kommt – sondern eher zum ‚Abnicken‘.

The FISC is forced to rely upon the accuracy of the information that is provided to the Court. The FISC does not have the capacity to investigate issues of noncompliance, and in that respect the FISC is in the same position as any other court when it comes to enforcing [government] compliance with its orders.

Gerade deswegen kann man nur hoffen, dass der neu vorgeschlagene USA FREEDOM Act der US Senatoren Sensenbrenner und Leahy große Unterstützung findet.

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