Nächstes Jahr nimmt Interpol in Singapur den „Global Complex for Innovation“ (Video) zur Verfolgung von „Cyberkriminalität“ in Betrieb. Auf Konferenzen sucht die größte internationale Polizeiorganisation nach Antworten auf vermeintlichen „Cyberterrorismus“ und „Virusattacken“. Zum Aufgabenfeld gehört auch die Verletzung von Eigentumsrechten. Mit dem neuen Zentrum will Polizei mit „Kriminellen“ Schritt halten, die sich neuer Technologien bedienen:
It is crucial for police to stay one step ahead of criminals. In today’s world this can only be achieved if law enforcement officials have real-time access to information beyond their own borders. The digital age has opened up immense new opportunities to police forces, providing secure communications channels and instant access to criminal data. Innovation must become our best ally.
Betont wird, dass das neue Zentrum nicht nur auf Vorfälle reagieren soll. Interpol unterhält in Afrika, Nordafrika, Nordamerika, Asien, Süd-Pazifik und Europa „Working parties on IT crime“. Angeboten wird, „Protokolle, Werkzeuge und Dienste“ auf ihre Sicherheit zu testen. Die Organisation stellt ein forensisches Labor und ein „Cyber-Fusion Center“ zur Verfügung. Derartige Dienste sind bereits am Hauptsitz von Interpol in Lyon und in Buenos Aires verfügbar. Herzstück in Singapur ist allerdings ein neues „Command and Coordination Centre“, das rund um die Uhr besetzt ist und ohne Umweg auf umfangreiche Datensammlungen zugreift. Hierzu gehören millionenfache Einträge zu Personen, Dokumenten oder Fahrzeugen. Interpol sammelt auch Fingerabdrücke aus 167 Ländern. Eine „Fusion Task Force“ unterhält eine Datenbank mit mehr als 11.000 Personen, die „terroristischer Aktivitäten“ verdächtigt werden. Unter dem Namen „I-link“ wird ein System genutzt, das per Data Mining Auffälligkeiten unter den Datensätzen sucht. Informationen kommen von Geheimdiensten und „offenen Quellen“ wie das Internet. Die Rede ist auch von quelloffener Software, die „ärmeren Ländern“ helfen soll teure Lizenzen für polizeiliche Analysewerkzeuge zu sparen.
Die internationale Polizeiorganisation geriet 2010 in die Schlagzeilen, als Unbekannte mit einem falschen Facebook-Profil von Generalsekretär Ronald K. Noble interne Informationen abgriffen. „Cybercrime ist eine der gefährlichsten kriminellen Bedrohungen, die es jemals gab“, zeterte Noble. Jedoch fehlt es an technischem Verstand: Angeblich sei es schwierig, MitarbeiterInnen zu finden. Vor allem „langhaarige Geeks“ würden sich nicht gern rekrutieren lassen. Der „Global Complex for Innovation“ soll deshalb mit privaten Konzernen zusammenarbeiten: Die meisten Informationen kämen laut einem Sprecher ohnehin von Firmen der „Cybersicherheit“. Soziale Netzwerke wie Google und Facebook seien überdies „viel offener“ bezüglich der Zusammenarbeit mit Polizeibehörden geworden.
Mit Vokabeln wie „Piraterie“ und „Cyberterrorismus“ verschaffen sich internationale Polizeiorganisationen wie Interpol, Europol oder das osteuropäische SELEC Ausrüstung und Kompetenzen, deren Einsatz in vielen ihrer Mitgliedstaaten problematisch ist. Hierzu gehören Verfahren wie Data Mining ebenso wie die Nutzung der forensischen Werkzeuge. Fraglich ist auch, ob die 11.000 Personen mit angeblichen „terroristischen Aktivitäten“ über ihre Speicherung bei Interpol informiert werden – und wie sie aus dieser Datenbank wieder gelöscht werden können.
Immer wieder ein schönes Zitat. Michael Moran, Interpol director cybersec/crime: „There is no hunting like the hunting of man“ (Hemingway quote) Quelle