EU-Fluggastdaten an Kanada: Trotz Kritik will die Kommission das Abkommen abschließen

Das Abkommen zwischen der EU und Kanada zur Übermittlung und Speicherung von Fluggastdaten (PNR) steht kurz vor dem Abschluss. Erneut sollen massenhaft Daten unbescholtener Bürger an einen Drittstaat im Namen der Terrorbekämpfung übermittelt werden. Bei Fluggastdaten handelt es sich um bis zu 60 Einzelinformationen pro Flug und Passagier, wie Sitzplatzreservierungen oder Essenswünsche, die von den Airlines aus Servicegründen gesammelt werden. Diese Daten werden zunehmend von Ermittlungsbehörden weltweit angefordert und ausgewertet, um „bisher unbekannte Verdächtige“ ausfindig zu machen. Nach den EU-Abkommen mit Australien und den USA stehen nun die Verhandlungen mit Kanada kurz vor dem Abschluss.

Wie es nun aus Regierungskreisen heißt, soll der Vertrag bereits in den kommenden Tagen von der Kommission abgenickt werden. Anschließend müssen noch das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union zustimmen.
Die Zustimmung seitens des Parlaments, glaubt man der Einschätzung der Kommission, dürfte als sicher gelten. Schwieriger hat es die Kommission wohl aber im Rat. Hier sitzen die Vertreter der Mitgliedstaaten und auch die müssen dem Vertrag zustimmen. Wie es aber aus Regierungskreisen heißt, hat vor allem die deutsche Delegation noch einige Bauchschmerzen. So wird etwa die Speicherdauer von fünf Jahren als „nicht akzeptabel“ bezeichnet. Kritisiert wird außerdem die unverhältnismäßig niedrige Zugriffsschwelle auf die Daten. Bei einer Mindesthöchststrafe von vier Jahren können die kanadischen Behörden auf die Daten zugreifen. In Deutschland wäre das etwa bei Diebstahl der Fall. Da die Maßnahme jedoch für die Jagd auf Terroristen und gegen die schwere organisierte Kriminalität eingesetzt werden soll, ist diese Definition als vollkommen übertrieben anzusehen. Auch bei der Weiterleitung der Daten von Kanada an Drittstaaten gibt es noch lautstarke Vorbehalte im Rat. Bisher gibt es keine hinreichenden Schutzklauseln für diese Datenübermittlung.
Die Kommission zeigt sich trotz der scharfen Kritik zufrieden mit dem Vertragsentwurf und dürfte wohl kaum mehr zu signifikanten Änderungen des Vertrags beitragen. Interessant wird daher sein, wie sich die kritischen Staaten bei der Abstimmung im Rat verhalten.

Wenn ihr diese absurde Datenübermittlung stoppen wollt, kontaktiert eure Abgeordneten und Regierungen und fordert Sie auf, gegen das EU-Kanada-PNR zu stimmen.
Darüber hinaus verhandelt man derzeitig auch im EU-Parlament ein eigenes EU-PNR. Die Kommission und der Rat wollen eine weitere Vorratsdatenspeicherung aufbauen, wie sich das Parlament verhält ist noch unklar. Das Dosier ist sehr umstritten und noch könnt ihr die drohende Total-Überwachung des Reiseverkehrs verhindern. Auf den Seiten pnr.digitalegesellschaft.de und pnr.vibe.at könnt ihr die Abgeordneten leicht kontaktieren. Die wichtigsten Argumente finden sich ebenfalls auf diesen Seiten.

Crosspost von nopnr.org.

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4 Ergänzungen

  1. Rettet die Daten ;-) man könnte doch ein Rettungsschirm in Höhe von 9 Milliarden schnüren um danach zu sagen wir haben die Daten gerettet ;-)
    Nein mal im ernst, diese Debatten gehen mir langsam auf dem Nerv, da draußen gibt es wichtigeres!
    LG Frank

  2. Es gibt immer wichtigeres. Trotzdem ist es gut wenn sich jemand um die nicht absolut lebens-essenziellen dinge kümmert.

  3. “bisher unbekannte Verdächtige”

    Ist man nicht entweder unbekannt oder verdächtig?

    *faceplam*

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