Zehn Jahre nach der Open-Access-Initiative von Budapest: Den Standard auf „Offen“ setzen

 Vorgeschichte: Die Budapest Open-Access-Initiative nach 10 Jahren

Vor zehn Jahren hat die Budapest Open-Access-Initiative (BOAI) eine weltweite Kampagne zu Open Access (OA) für jegliche neue Peer-Review-Forschung gestartet. Dabei hat sie die Idee des OA nicht erfunden, ganz im Gegenteil, sie hat bewusst existierende Projekte zusammengebracht, um zu ergründen, wie diese „zusammenarbeiten können, um umfangreichere, tiefgreifendere und schnellere Erfolge zu erzielen.“  Die BOAI war somit die erste Bewegung, die den Begriff „Open Access“ für diesen Zweck verwendet hat, die eine öffentliche Definition ausgesprochen hat, die komplementäre Strategien für die Umsetzung von OA vorgeschlagen hat, die OA für alle Fachbereiche und Länder gefordert hat und die von einer maßgeblichen Finanzierung begleitet wurde.

Heute stehen wir nicht mehr länger am Beginn dieser weltweiten Kampagne, sind aber auch noch lange nicht an deren Ende angelangt. Wir stehen fest in der Mitte und stützen uns auf ein Jahrzehnt an Erfahrung, durch das wir neue Empfehlungen für die nächsten zehn Jahre geben können.

Wir bekräftigen die „Grundsatzerklärung, … die Erklärung über mögliche Strategien und … die Selbstverpflichtung der TeilnehmerInnen“ der BOAI. Wir bekräftigen das Streben nach diesem „beispiellosen Gemeingut“, um „zu einer Beschleunigung von Forschung und zu verbesserten Bildungsmöglichkeiten (…) , zum wechselseitigen Lernen der „Armen“ von/mit den „Reichen’“ und der „Reichen“ von/mit den „Armen“ beitragen zu können. Es wird dazu verhelfen, dass wissenschaftliche Literatur tatsächlich so breit wie möglich genutzt wird, und es wird auf diese Weise auch dazu beitragen, Grundlagen für den Austausch und für das Verstehen auf der Basis eines geteilten Wissens zu legen, die weit über die Wissenschaften hinaus bedeutsam und wirksam sein werden.“

Wir bekräftigen unser Vertrauen darin, dass „dieses Ziel erreichbar und nicht nur wünschenswert oder utopisch ist.“ Nichts in den letzten zehn Jahren hat dieses Ziel weniger erreichbar gemacht. Ganz im Gegenteil, OA ist gut etabliert und nimmt in jedem Bereich zu. Wir haben in mehr als einem Jahrzehnt praktisches Wissen darüber gesammelt, wie OA umgesetzt werden kann. Die technische, wirtschaftliche und rechtliche Machbarkeit von OA wurde somit gut getestet und dokumentiert.

Nichts in den letzten zehn Jahren hat OA weniger notwendig oder wünschenswert gemacht, so ist es immer noch der Fall, dass „Wissenschaftler und Akademiker die Früchte ihrer Arbeit in wissenschaftlichen Zeitschriften ohne Bezahlung veröffentlichen“ und „ohne Aussicht auf Bezahlung.“ Darüber hinaus beteiligen sich Wissenschaftler noch immer an Peer-Reviews als Reviewer und Redakteure, ohne dass eine Vergütung dafür zu erwarten wäre. Mehr als häufig gibt es noch immer Zugangsbeschränkungen zu Peer-Review-Forschungsliteratur, meist eher zugunsten der Verlage als zugunsten der Autoren, Reviewer oder Redakteure und damit auch auf Kosten der Forschung, Forscher und Forschungseinrichtungen.

Letzten Endes lässt Nichts aus den letzten zehn Jahren darauf schließen, dass das ursprüngliche Ziel von OA weniger sinnvoll oder erstrebenswert erscheint. Im Gegenteil, die Notwendigkeit, dass Wissen für jeden, der es nutzen, anwenden oder darauf aufbauen kann, offen verfügbar sein sollte, ist dringlicher als je zuvor.

Wir bekräftigen die Weiterverbreitung der zwei Hauptstrategien der BOAI: OA über sogenannte Repositorien – Dokumentenserver (auch „grüner OA“ genannt), und OA über Zeitschriften (auch „goldener OA“ genannt). Zehn Jahre Erfahrung bestätigen uns, dass der grüne und goldene Weg von OA „nicht nur direkte und effektive Mittel zu diesem Zweck sind, sondern dass sie sich auch in Reichweite der Wissenschaftler selbst befinden, und zwar sofort und ohne dass man auf Änderungen durch Märkte oder die Gesetzgebung warten müsste.“

Zehn Jahre Erfahrung bestätigen die ursprüngliche Definition von Open Access durch BOAI:

„Open Access“ meint, dass [= Peer-Review-Fachliteratur] kostenfrei und öffentlich im Internet zugänglich sein sollte, sodass Interessenten die Volltexte lesen, herunterladen, kopieren, verteilen, drucken, in ihnen suchen, auf sie verweisen und sie auch sonst auf jede denkbare legale Weise benutzen können, ohne finanzielle, gesetzliche oder technische Barrieren jenseits von denen, die mit dem Internet-Zugang selbst verbunden sind. In allen Fragen des Wiederabdrucks und der Verteilung und in allen Fragen des Copyrights überhaupt sollte die einzige Einschränkung darin bestehen, den Autoren Kontrolle über ihre Arbeit zu belassen und deren Recht zu sichern, dass ihre Arbeit angemessen anerkannt und zitiert wird.“

Die Probleme, die zuvor die Annahme und Umsetzung von OA aufgehalten haben, sind nun gelöst und es sprießen immer neue Lösungen hervor. Aber bis sich OA weiter verbreitet, bleiben die Probleme, für die OA eine Lösung darstellt, weitgehend ungelöst. In dieser Erklärung bekräftigen wir die Ziele und Mittel der ursprünglichen BOAI und verpflichten uns selbst dazu, weitere Fortschritte zu machen. Darüber hinaus setzen wir uns insbesondere das neue Ziel, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre OA die Standardmethode für die Verbreitung von Forschung nach dem Peer-Review-Prinzip in jedem Fachbereich und Land werden soll.

Empfehlungen für die nächsten 10 Jahre

1. Zur Politik

1.1. Jede höhere Bildungseinrichtung sollte über eine Richtlinie verfügen, die sicherstellt, dass alle einem Peer-Review-Verfahren unterzogenen wissenschaftlichen Beiträge aller Fakultätsmitglieder auf dem jeweiligen Repositorium des Instituts abzulegen sind. (Siehe Empfehlung 3.1 für institutionelle Repositorien.)

  • Die Ablage sollte so früh wie möglich erfolgen, idealerweise zum Zeitpunkt der Annahme und nicht später als zum Zeitpunkt ihrer offiziellen Veröffentlichung.
  • Die Hochschulpolitik sollte die Freiheit der Fakultäten anerkennen, neue Arbeiten bei den Zeitschriften ihrer Wahl einreichen zu können.
  • Die Hochschulpolitik sollte die Publikation in OA-Zeitschriften fördern, aber nicht vorschreiben, und die Fakultäten dabei unterstützen, den Unterschied zwischen der Ablage auf einem OA-Repositorium und der Publikation in einer OA-Zeitschrift zu verstehen.
  • Wenn möglich, sollte diese Art von Hochschulpolitik durch ein Fakultätsvotum angenommen werden, ein sofortiges OA verlangen, sowie die Ablage auf Repositorien begrüßen, selbst wenn diese nicht erforderlich sein sollte (z. B. bei Datensätzen, Konferenzpräsentationen, Büchern oder Buchkapiteln, Arbeiten, die vor der Annahme einer solchen Politik veröffentlicht worden sind usw.).
  • Wenn die Herausgeber keinen OA zu den bevorzugten Bedingungen der Universität genehmigen sollten, empfehlen wir einen der beiden Wege einzuschlagen. Die Richtlinie kann eine verborgene oder eine Ablage ohne OA auf dem Server des Instituts verlangen, bis eine Genehmigung für OA erworben werden kann. Oder die Richtlinie könnte dem Institut ein nichtexklusives Recht gewähren, zukünftige Forschungsbeiträge des Fachbereichs über das institutionelle Repositorium als OA zur Verfügung zu stellen (mit oder ohne der Option für die Fakultät, auf dieses Recht bei jeder einzelnen Veröffentlichung verzichten zu können).

1.2. Jede Einrichtung, die höhere Bildungsabschlüsse vergibt, sollte über eine Richtlinie verfügen, die sicherstellt, dass zukünftige wissenschaftliche Arbeiten und Dissertationen bei Annahme auf dem OA-Server des Instituts abgelegt werden. Bei Anträgen von Studenten, die ihre Arbeit veröffentlichen oder ein Patent auf eine patentierbare Entdeckung anmelden möchten, sollten die Richtlinien eher angemessene Verzögerungsfristen anstatt ständiger Ausnahmeregelungen gewähren.

1.3. Jede Forschungsförderung, ob öffentlich oder privat, sollte eine Politik verfolgen, die sicherstellt, dass alle nach Peer-Review-Prinzip begutachteten Versionen zukünftiger wissenschaftlicher Artikel, die sich auf geförderte Forschungsvorhaben beziehen, auf einem geeigneten Repositorium abgelegt und sobald wie möglich unter OA verfügbar werden.

  • Die Ablage sollte so früh wie möglich erfolgen, idealerweise zum Zeitpunkt der Annahme und nicht später als zum Zeitpunkt ihrer offiziellen Veröffentlichung.
  • Wenn die Herausgeber keinen OA zu den Bedingungen des Geldgebers genehmigen sollten, sollten die Richtlinien der Geldgeber vorschreiben, dass die Geförderten einen anderen Herausgeber suchen müssen.
  • Falls die Richtlinien des Geldgebers Embargos genehmigen, bevor eine neue Arbeit unter OA verfügbar wird, sollten diese Embargos nicht länger als sechs Monate anhalten dürfen. Die Richtlinien sollten keinerlei Embargos für urheberrechtlich nicht geschützte Arbeiten erlauben.
  • Geldgeber sollten Publikationskosten stets als Forschungskosten behandeln und den Geförderten helfen, angemessene Publikationsgebühren für kostenpflichtige OA-Zeitschriften bezahlen zu können.
  • Falls möglich, sollten die Richtlinien von Geldgebern freien OA verlangen, vorzugsweise als CC-BY-Lizenz oder Ähnliches.
  • Ein Repositorium ist zu diesem Zweck geeignet, wenn es OA, Interoperabilität mit anderen Repositorien und Schritte in Richtung Langzeitarchivierung bietet. Die Wahl des Geldgebers sollte durch eine fortlaufende Recherche in Hinsicht auf Fragestellungen entschieden werden, inwiefern eine Wahl am ehesten die Ablage der enthaltenen Artikel, den Nutzen der Ablage, die Vorteile für Geldgeber und Verfasser sowie Anreize für das künftige Wachstum von OA fördert.

1.4. Alle OA-Richtlinien von Universitäten und Geldgebern sollten die Ablage auf einem geeigneten OA-Repositorium vom Tag der Annahme bis zum Tag der Publikation fordern. Die Metadaten sollten abgelegt werden, sobald sie verfügbar sind, und ab dem Moment der Ablage unter OA aufrufbar sein. Der Volltext sollte unter OA verfügbar sein, sobald das Repositorium die Genehmigung für OA erhält.

1.5. Wir raten davon ab, Journal-Impact-Faktoren als Ersatz für die Qualität der Zeitschriften, Beiträge oder Autoren heranzuziehen. Wir unterstützen die Entwicklung alternativer Messkriterien für Wirkung und Qualität, die weniger simpel, zuverlässiger und gänzlich offen zu verwenden und wiederzuverwenden sind.

  • Insofern Universitäten, Fördereinrichtungen und Forschungsbewertungsprogramme die Wirkung einzelner Beiträge messen müssen, sollten sie diese Messkriterien auf Artikelebene anwenden, nicht auf Zeitschriftenebene.
  • Wir unterstützen die Erforschung der Genauigkeit dieser neuen Messkriterien. Wenn die Forschung belegt, dass diese sinnvoll und zuverlässig sind, unterstützen wir ihre Verwendung durch Universitäten (wenn sie eine Lehrkraft in Hinsicht auf eine Beförderung oder Festanstellung bewerten), Fördereinrichtungen (bei der Bewertung von Bewerbern auf ein Stipendium), Forschungsprogramme (bei der Bewertung der Wirkung einer Forschung) und Herausgeber (bei der Werbung für ihre Publikationen).
  • Wir unterstützen die Entwicklung von Materialien, um zu erklären, wie Journal-Impact-Faktoren falsch genutzt wurden und wie alternative Messkriterien besser für die Zwecke dienen, für die die meisten Einrichtungen zuvor Impact-Faktoren verwendet haben.
  • Auf dieselbe Weise, auf die sich auch die Bewertungskriterien verbessern, unterstützen wir auch die weitere Erforschung der Frage, inwiefern OA und OA-Richtlinien den Einfluss der Forschung erhöhen.

1.6. Universitäten mit institutionellen Repositorien sollten die Ablage auf dem Repositorium für alle Forschungsbeiträge verlangen, damit diese bei Beförderungen, Festanstellungen oder anderen Formen der internen Bewertung und Überprüfung berücksichtigt werden können.

  • Gleichermaßen sollten Regierungen, die Forschungsbewertung durchführen, die Ablage auf OA-Repositorien für alle Forschungsarbeiten vorschreiben, die für nationale Bewertungszwecke herangezogen werden.
  • Keine Richtlinie sollte allerdings so auszulegen sein, dass die Prüfung anderer wissenschaftlicher Nachweise oder die Standards der Begutachtung eingeschränkt werden.

1.7. Herausgeber, die kein OA anbieten, sollten dies zumindest über ihre formalen Verlagsverträge genehmigen.

  • Herausgeber sollten davon absehen, Lobbyarbeit gegen Regierungen im öffentlichen Interesse zu führen, und davon, Lobbyarbeit gegen Forschungseinrichtungen zu betreiben, die im Interesse von Forschern und Forschung handeln. Herausgeber sollten sich von Lobbykampagnen distanzieren, die in ihrem Namen von Berufs- oder Wirtschaftsverbänden gegen das öffentliche Interesse und das von Forschern und Forschung betrieben werden.
  • Die Minderheit der abonnementbasierten Herausgeber, die noch nicht den durch den Autoren initiierten grünen Weg des OA ohne Zahlung oder Embargo genehmigen, sollte die Position der Mehrheit einnehmen.
  • Wir erinnern Forscher daran, dass sie nicht als Autoren, Redakteure oder Referees für Herausgeber arbeiten müssen, die gegen ihre Interessen handeln.

2. Zur Lizenzierung und Wiederverwendung 

2.1. Wir empfehlen CC-BY oder eine äquivalente Lizenz als optimale Lizenz für die Veröffentlichung, Verbreitung, Nutzung und Wiederverwendung wissenschaftlicher Arbeiten.

  • OA-Repositorien hängen von den Genehmigungen anderer ab, wie z. B. Autoren oder Herausgebern, und befinden sich kaum in der Position, um offene Lizenzen fordern zu können. Allerdings sollten Entscheidungsträger, die sich in der Position befinden, direkte Ablagen auf Repositorien zu fordern, offene Lizenzen verordnen, vorzugsweise CC-BY, wenn möglich.
  • OA-Zeitschriften sind immer in der Position, um offene Lizenzen zu fordern, allerdings nutzen die meisten diese Möglichkeit noch nicht. Wir empfehlen CC-BY für alle OA-Zeitschriften.
  • Durch das Entwickeln von Strategien und Prioritäten erkennen wir, dass ein Gratiszugang besser als ein kostenpflichtiger Zugang ist, ein freier Zugang besser als ein Gratiszugang und ein freier CC-BY-Zugang oder Ähnliches besser als ein Gratiszugang unter restriktiveren offenen Lizenzen ist. Wir sollten erreichen, was wir können, wann wir können. Wir sollten nicht zögern, einen Gratiszugang zu erreichen, um einen freien Zugang zu erreichen, und wir sollten nicht bei einem Gratiszugang aufhören, wenn wir einen freien Zugang erreichen können.

3. Zu Infrastruktur und Nachhaltigkeit

3.1. Jede Hochschule sollte ein OA-Repositorium haben, sich an einem Konsortium mit einem konsortialen OA-Repositorium beteiligen oder veranlassen, dass OA-Repositoriumsservices ausgelagert werden.

3.2. Alle publizierenden Wissenschaftler in jedem Fachbereich und Land, einschließlich denen, die nicht an eine Hochschule angeschlossen sind, sollten Ablagerechte für ein OA-Repositorium erhalten.

  • Dies wird mehr institutionelle oder mehr disziplinäre Repositorien erforderlich machen – oder beides. Es mag zumindest kurzfristig auch mehr universelle Repositorien oder Repositorien der letzten Instanz für Wissenschaftler erfordern, für die es kein OA-Repositorium in ihrer Einrichtung oder ihrem Fachbereich gibt. Der Oberflächentext dieser universellen Repositorien sollte in mehreren Sprachen verfügbar sein.

3.3. OA-Repositorien sollten Funktionen erhalten, mit denen auf andere OA-Repositorien zugegriffen und auf diesen neu abgelegt werden kann.

  • Forscher, die einen Grund haben, auf mehr als nur einem Repositorium abzulegen, sollten ihren Beitrag nur einmal ablegen müssen. Wenn möglich, sollten institutionelle Repositorien anbieten, Beiträge auf den von den Autoren geforderten disziplinären Repositorien abzulegen (z. B. arXiv, PubMed Central, SSRN), und es sollten Kopien von den Publikationen eines Fachbereichs, die auf disziplinären Repositorien abgelegt sind, bezogen oder heruntergeladen werden können.

3.4. OA-Repositorien sollten Download-, Nutzungs- und Zitationsdaten für ihre Autoren sowie für die Tools zur Berechnung der alternativen Impact-Messdaten verfügbar machen. Zeitschriftenherausgeber sollten dasselbe tun, unabhängig davon, ob ihre Zeitschriften unter OA verfügbar sind oder nicht.

  • Repositorien sollten diese Daten miteinander in Standardformaten teilen, sodass Autoren (beispielsweise) die Gesamtanzahl der Downloads eines Beitrags erfahren können, der auf mehreren Repositorien abgelegt worden ist. Kein Autor und kein Repositorium sollten ein Interesse daran haben, eine Neu-Ablage auf einem zusätzlichen Repositorium zu blockieren, nur um eine korrekte Messung des Datenverkehrs gewährleisten zu können.

3.5. Universitäten und Fördereinrichtungen sollten Autoren dabei helfen, angemessene Gebühren für kostenpflichtige OA-Zeitschriften zahlen zu können und vergleichbare Wege zu finden, um kostenlose OA-Zeitschriften zu unterstützen und zu subventionieren.

  • In beiden Fällen sollten sie OA unter offenen Lizenzen, vorzugsweise CC-BY-Lizenzen oder Ähnliche, als Voraussetzung für ihre finanzielle Unterstützung fordern.
  • Fachzeitschriften mit Peer-Review-Verfahren auf diese Art und Weise mit dem Geld zu unterstützen, das durch die Kündigung und Umstellung von Abonnements von Fachzeitschriften eingespart wird, sollte oberste Priorität sein.
  • OA-Fachzeitschriften mit Peer-Review zu fördern, ist insbesondere für Zeitschriften mit einem sehr begrenzten Publikum wichtig, wie zum Beispiel Zeitschriften, die sich auf nationales Recht in kleineren Ländern fokussieren, Zeitschriften, die in einer lokalen Sprache veröffentlicht werden, sowie für Zeitschriften, für die Gebühren nicht angemessen sind, wie z. B. bei Rezensionszeitschriften, die Artikelbesprechungen von Autoren bieten.

3.6. In dem Fall, dass abonnementbasierte Zeitschriften oder Zeitschriften ohne OA irgendeine Form von Selbstarchivierung oder die Ablage auf OA-Repositorien genehmigen, sollten sie im Rahmen eines offenen Standards für Mensch und Maschinen lesbar deutlich beschreiben, was sie genau genehmigen. Diese Angaben sollten zumindest die Version, die abgelegt wird, die Zeitpunkte der Ablagen und die Lizenzen, die zu den abgelegten Versionen gehören mögen, enthalten.

3.7. OA-Repositorien sollten Tools anbieten, die bereits kostenlos verfügbar sind, um Ablagen in PDF-Formaten in maschinenlesbare Formate wie XML zu konvertieren.

3.8. Forschungseinrichtungen, einschließlich Forschungsförderungen, sollten die Entwicklung und Beibehaltung der Tools, Verzeichnisse und Ressourcen unterstützen, die für die Weiterentwicklung und Nachhaltigkeit von OA unerlässlich sind.

  • Die Liste wichtiger Tools wird sich im Verlauf der Zeit noch erweitern, beinhaltet aber OA-Repositorien und -Zeitschriften, kostenlose Open-Source-Repository-Software, kostenlose Open-Source-Journal-Management-Software, Tools für Text- und Data-Mining, Verzeichnisse für OA-Zeitschriften und -Repositorien, Verzeichnisse für Universitäts- und Geldgeberrichtlinien, Anbieter offener Lizenzen, digitale Langzeitarchivierungsservices, Services für die Beobachtung von Neuerscheinungen, Vernetzungsservices und persistente URLs sowie Suchmaschinen.
  • Forschungseinrichtungen sollten auch die Etablierung weltweiter offener Standards für Metadaten unterstützen und fordern, dass Herausgeber und Repositorien die OA-Recherche besser auffindbar, abrufbar und zweckdienlicher gestalten.

3.9. Wir sollten die Tools verbessern und anwenden, die notwendig sind, um die Verweise oder bibliografischen Angaben der veröffentlichten Fachliteratur zu beziehen. Die Daten darüber, wer wen zitiert hat, sind frei zugänglich und sollten unter OA in Standardformaten zur Nutzung, Wiederbenutzung und Analyse verfügbar sein. Dies wird Forschern und Forschungseinrichtungen dabei helfen, zu erfahren, welche Fachliteratur es gibt, selbst wenn sie keinen Zugriff auf diese haben mögen, und es wird zur Entwicklung neuer Messgrößen für Zugriff und Wirkung beitragen.

  • Wir drängen alle Herausgeber dazu, sich diesem Versuch anzuschließen.
  • Wir empfehlen die Entwicklung einer Infrastruktur, in der Referenzdaten von Herausgebern, Autoren, Freiwilligen, dritten Unternehmern oder durch eine Software abgelegt und bei der die Referenzdaten zur Verbreitung unter OA gehostet werden können.

3.10. Wir sollten beim Zusammentragen, der Organisation und der Verbreitung von OA-Metadaten in Standardformaten für alle neuen und alten Veröffentlichungen, einschließlich Nicht-OA-Veröffentlichungen, helfen.

3.11. Wissenschaftsverlage benötigen eine Infrastruktur zur Vernetzung und für persistente URLs, die auf offenen Standards basieren, kostenlos verfügbar sind und eine Verlinkung und Zuordnung beliebiger Granularität ermöglichen, wie z. B. auf Abschnitt- und Bildebene sowie zur Verifizierung der Identität der Quelle.

3.12. Wir fördern die weitere Entwicklung offener Standards für die Interoperabilität sowie von Tools, die diese Standards in OA-Zeitschriften und -Repositorien implementieren.

3.13. Wir fördern Experimente mit unterschiedlichen Methoden der Begutachtung nach der Veröffentlichung und erforschen deren Effektivität.

  • OA über Repositorien, OA über Zeitschriften und OA über Bücher sind alle mit jeder Art von Peer-Review vor der Veröffentlichung vereinbar und OA setzt keine bestimmte Form von Peer-Review voraus. Wir empfehlen Experimente mit Peer-Review nach der Veröffentlichung, nicht weil es besser wäre, auch wenn es das vielleicht sein mag, sondern weil es Verzögerungen bei der Veröffentlichung unter OA sowie die First-Copy-Costs reduzieren könnte.

3.14. Wir fördern Experimente bei denen mit neuen Formen der wissenschaftlichen „Forschungsartikel“ und „-bücher“, in denen Texte auf sinnvolle Weise mit zugrunde liegenden Daten, Multimedia-Elementen, ausführbaren Codes, weiterführender Literatur und Nutzerkommentaren verknüpft werden.

  • Wir suchen nach weiteren Möglichkeiten, um digitale Medien und Netzwerke für die Forschung besser nutzen zu können.
  • Wir erforschen neue Möglichkeiten und Wege, wie der Zugriff auf OA-Artikel für Menschen UND durch Maschinen vereinfacht werden kann.
  • Wir unterstützen die Nutzung offener Standards und Formate, um diese Zwecke zu fördern und deren Effektivität zu untersuchen.

4. Zur Förderung und Koordination

4.1. Wir sollten mehr tun, um Herausgeber, Redakteure, Referees und Forscher auf die professionellen Standards für Open-Access-Veröffentlichungen aufmerksam zu machen, wie z. B. für die Lizenzierung, den Redaktionsprozess, die Aufforderung zur Abgabe von Beiträgen, die Offenlegung des Eigentums sowie zur Verwaltung der Publikationsgebühren. Redakteure, Referees und Forscher sollten die Möglichkeiten auswerten, die es gibt, um Herausgeber und Zeitschriften zur Einhaltung dieser professionellen Standards zu verpflichten. Wenn Herausgeber sich nicht an diese Standards halten, sollten wir ihnen helfen, sich zunächst zu verbessern.

  • Als ein Mittel zur Bewertung eines neuen oder unbekannten OA-Herausgebers oder  neuer oder unbekannter OA‑Zeitschriften empfehlen wir Forschern, die Open Access Scholarly Publishers Association (OASPA) und ihren Verhaltenskodex zu konsultieren. Mitglieder des Verbands werden diesem Kodex entsprechend überprüft. Beschwerden über Herausgeber, die Mitglied der OASPA sind, sowie Vorschläge zur Verbesserung des Verhaltenskodex sollten an OASPA gesendet werden.
  • Wir rufen alle OA-Herausgeber und OA-Zeitschriften dazu auf, die von der OASPA empfohlenen Best-Practices zu befolgen oder eine Mitgliedschaft im Verband zu beantragen, was eine Prüfung ihrer Praktiken, sowie eine Möglichkeit zu deren Ergänzung, falls erforderlich, beinhalten würde.

4.2. Wir sollten Leitlinien für Universitäten und Fördereinrichtungen entwickeln, die die OA-Richtlinien berücksichtigen, einschließlich der empfohlenen Richtlinienbedingungen, Best-Practices sowie Antworten auf häufig gestellte Fragen.

4.3. Wir unterstützen die Entwicklung einer gemeinsamen Ressource, über die sich der Fortschritt von OA über die wichtigsten Zahlen und Grafiken nachverfolgen lässt. Jedes Bit an Information sollte regelmäßig aktualisiert und seine Herkunft oder Berechnungsmethode deutlich angegeben werden.

4.4. Die OA-Community sollte viel öfter an einem Strang ziehen. Wenn möglich sollten OA-Organisationen und -Aktivisten nach Wegen suchen, um ihre Tätigkeiten und Kommunikation abzustimmen, ihre Ressourcen besser zu nutzen, Doppelarbeit zu minimieren, die Botschaft zu stärken und Zusammenhalt zu demonstrieren.

  • Wir sollten bessere Mechanismen zur Kommunikation und Abstimmung untereinander schaffen.
  • Wir sollten unseren akademischen Kollegen, der akademischen Presse und der nichtakademischen Mainstream-Presse die Hand reichen. Die akademischen und nichtakademischen Medien sind besser über OA informiert und mehr daran interessiert als jemals zuvor. Dies ist eine günstige Gelegenheit, um alle Interessengruppen über OA aufzuklären und neue Vorschläge zu dessen Förderung zu finden.

4.5. Die weltweite Kampagne zu OA für Forschungsbeiträge sollte enger mit der weltweiten Kampagne zu OA für Bücher, wissenschaftliche Arbeiten und Dissertationen, Forschungsdaten, Regierungsdaten, Bildungsressourcen und Quellcodes zusammenarbeiten.

  • Wir sollten uns viel mehr mit ähnlichen Bewegungen absprechen, die nicht direkt mit Forschung zu tun haben, wie z. B. zur Urheberrechtsreform, zu verwaisten Werken, zur digitalen Archivierung, zur Digitalisierung von Print-Literatur, zur evidenzbasierten Politikgestaltung, zur Redefreiheit, zur Entwicklung von Bibliotheken, zum Publizieren, zu Peer-Review und Sozialen Medien.
  • Wir sollten nach Wegen Ausschau halten, um unsere einzelnen Stimmen zu verstärken, wenn wir gemeinsame Grundsätze verteidigen.

4.6. Wir müssen deutlicher, mit mehr Nachweisen und gegenüber mehr Interessengruppen folgende Wahrheiten über OA artikulieren:

  • OA nützt der Forschung und den Forschern und ein Mangel an OA behindert sie.
  • OA für öffentlich finanzierte Forschung nützt den Steuerzahlern und erhöht ihren Gewinn aus ihrer Investition in die Forschung. Es bietet sowohl wirtschaftliche als auch akademische oder wissenschaftliche Vorteile.
  • OA verstärkt den sozialen Wert von Forschung und OA-Richtlinien verstärken den sozialen Wert von Forschungsförderungs- und Forschungseinrichtungen.
  • Die Kosten für OA können ohne zusätzliches Geld für das aktuelle System der Wissenschaftskommunikation abgedeckt werden.
  • OA steht in Einklang mit den Urheberrechtsgesetzen auf der ganzen Welt und gewährt sowohl Autoren als auch Lesern mehr Rechte, als die, die sie unter konventionellen Verlagsverträgen haben.
  • OA entspricht den höchsten Qualitätsstandards.

 

Die deutsche Übersetzung wurde von Christian Heise vom Hybrid Publishing Lab at the Centre for Digital Cultures, Leuphana University Lüneburg gemacht.

Dieser Beitrag steht unter der Creative Commons Namensnennung 3.0 Lizenz.

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