Und plötzlich sind wir kriminell

In der SZ von gestern gab es ein ausführliches Interview mit Till Kreutzer, das mittlerweile auch online ist: Und plötzlich sind wir kriminell.

SZ: Haben wir also den Bereich verlassen, den Recht definiert?

Kreutzer: Ja. Das Urheberrecht überfordert den Bürger. Aus seiner Sicht kommuniziert er, aus Urheberrechtssicht verstößt er gegen Gesetze und wird abgemahnt. Das mindert die Akzeptanz dieses Rechts. Die Menschen fühlen sich nur unfair behandelt.

SZ: Aber noch immer gilt doch: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Kreutzer: Es ist immer Aufgabe des Rechts gewesen, diejenigen, die das Recht beachten sollen, so zu instruieren, dass sie es beachten können. Das ist hier nicht gegeben. Will man erreichen, dass das Recht befolgt wird, muss es verständlich und angemessen sein. Sonst wird es nicht akzeptiert.

Und der SZ-Journalist Dirk von Gehlen wurde widerum vom Buchreport interviewt: „Der Geist der Kopie lässt sich nicht wieder einfangen“.

Es kann nicht unser Ziel sein, dass wir nur die Ahnungslosen erwischen und die Kriminellen eine Strafverfolgung umgehen können. Alle Modelle, die derzeit diskutiert werden, sind restriktiver Natur. Wir versuchen die Kopie über Schutzmechanismen, hohe Strafen und moralische Kampagnen zu verbieten. Meiner Meinung nach ist das extrem schwierig, denn die letzten zehn, fünfzehn Jahre seit Napster haben bewiesen, dass restriktive Kampagnen keinen Erfolg haben.

Ich will weder der Urheberrechtsverletzung das Wort geben noch das Urheberrecht abschaffen. Nur: Wenn wir nichts unternehmen, schafft es sich von selbst ab, weil die Menschen keine Einsicht mehr in das Recht haben und es seiner legitimen Grundlage entbehrt. Das wäre eine Katastrophe. Auch für mich als Urheber.

Und die FAZ berichtet über eine Konferenz der Deutschen Content Allianz, auf der ich am Donnerstag zusammen mit Constanze Kurz mit alten Dinosauriern über das Urheberrecht diskutiert habe: Findet den Dieb!

In Berlin diskutiert man das Urheberrecht und wünscht sich legale und übersichtliche Bezahlmodelle fürs Internet. Die Politik ist darauf besser vorbereitet als es die Unternehmen sind.

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16 Ergänzungen

  1. Tja, daMax hat Recht.

    1. Das Zitatrecht greift nicht, da keine (ausreichende) Auseinandersetzung mit den Zitaten erfolgt.

    2. Das Blog NETZPOLITIK.ORG ist gewerblich im Sinne des LSR.

    3. Die Zitate sind nicht lizenzfrei, auch wenn man fehlende Schöpfungshöhe der Zitate unterstellt, denn dies ist für das LSR irrelevant.

    1. @daMax & @Peter Viehrig: Das hab ich mir auch gedacht. Ich überleg mir noch einen Disclaimer für zukünftige Postings dieser Art a la „Dieses Posting wird nach Einführung des Leistungsschutzrecht leider kostenpflichtig oder illegal.“

  2. „In Berlin diskutiert man das Urheberrecht und wünscht sich legale und übersichtliche Bezahlmodelle fürs Internet. Die Politik ist darauf besser vorbereitet als es die Unternehmen sind.“

    Da gibt es schon tolle Vorschläge seit die Netzneutralität gefleddert wird, wie 1 cent pro Klick trotz Flat , es reicht ein Hinweis auf der Webseite, welche dann mit der Telonrechnung abgerechnet wird .
    Selbst das alte Entfernungsmodell aus der analogen Zeit möchten die Telcos aufs Internet gern Übertragen und für Seiten außerhalb der EU Extragebühren erheben.

    Ich würde sagen sie sollen einfach ein Kommerzielles Netz gründen, so wie das Usernet, ect. wo sich dann von Facebook über Amazon bis zur Bild tummeln können und Abkassieren können was sie wollen.
    Daneben ein nichtkommerzielles Netz für Freaks, Blogger und Hobby Webseitenbereiber ohne Werbung und Kommerz .
    Schaun wir mal wo dann mehr los ist?

  3. Was wären denn die notwendige Gesamtsumme um Kunstschaffende abzudecken? Das heißt, wieviel müsste in einem Topf zusammenkommen aus dem Künstler, Journalisten, … (wobei dann wohl nur eingetragene) und deren Agenturen bezahlt werden können. Aufgrund der Speichermöglichkeit im Internet ließe sich technisch bestimmt schnell beweisen, wer der Urheber war / ist (siehe Erstellungsdatum und IP)

    Immerhin wurde die GEZ-Verordnung ja auch mal so beschlossen und kommt ab 2013. Auch ich darf zahlen, obwohl ich seit nunmehr fast 14 Jahren nicht im Besitz eines Fernsehgerätes bin. Aber in einem Sozialstaat zahlt man für viele Dinge, obwohl man sie nicht benötigt. Das ist an sich nicht schlecht, wenn da nicht nur immer so vereinzelte Egomanen wären.;)
    Dennoch stellt sich bei der GEZ-Gebühr die Frage: Benötigen die rechtlichen all die Einnahmen, die ab nächstem Jahr zusammenkommen? Dazu müssten sie Ihre Bücher öffnen, wie jeder andere Bürger in unserem Land auch. Könnte man den Überschuss (von dem ich jetzt mal ausgehe, wenn man die Millionen nicht wieder in Fussballrechte versenkt) nicht in eine Art „Künstlerfond“ bringen? Nach Antrag und Prüfung werden Gelder ausgezahlt…wie bei allem Behörden in Deutschland. Diese Aufgabe könnte die GEZ doch gleich mit übernehmen…bei der anstehenden „Flat“ für die Öffentlichen dürfte die Mitarbeiter doch nun wirklich nicht mehr allzu viel mit Eintreibungen zu tun haben und brauchen vielleicht ein neues Aufgabengebiet. Ich zahle dann auch gerne 10 Euro mehr, aber ich dürfte dann Musik hören wie ich möchte.

  4. Das Leistungsschutzrecht kann gar nicht weit genug gehen. Ich freue mich schon auf die Massenhaften Seiten Ausländischer Dienste in dennen steht „Deutsche müssen draussen bleiben“,. Dann haben wir wieder Zeit das Horst- Wessel-Lied zu Proben, zu üben im Gleichschritt zu gehen, und Führer Scheuble unsern Gruß zu zeigen.

    mfg

    Ralf

    1. Warum sollten sie Deutsche Aussperren?
      Ich denke noch reicht der Arm hiesiger Gerichte nicht soweit das sie bei Ausländischen Webseiten Geld für angebliche Verletzung des Deuschen Leistungsschutzrechts einklagen können.
      Bei Google & Co mag das ezwas anderes sein da sie hierzulande Zweigstellen haben , aber an einen Blogger mit Server in Russland oder der USA ist das Aussichtslos auch wenn er eine Webseite auf Deutsch betreibt.
      Wenn dann müssten sich „die Deutschen“ mittels Netzsperren schon selbst Zensieren oder Aussperren wie zb. China.

  5. Oder: Du entfernst den Flattr-Button, dann ist der Artikel iSd Leistungsschutzgesetzes nicht gewerblich. Dann solltest Du einen Spenden-Button einführen, der auf eun Formular linkt in welchem Nutzer, die spenden wollen eine Checkbox klicken in der sie eidestattlich erklären, dass sie nicht aufgrund der Zitate auf Deinem blog gelandet sind und damit die Spende unabhängig von fremden Inhalten zustande gekommen ist. Das macht dann 72 Euro nach BRaGo, danke! :)

    p.s. …

    1. Das ist durchaus eine Möglichkeit, aber sieh das Thema nicht nur auf das Netz gesehen. Oder steht irgendwo im Gesetzesentwurf, dass es sich ausschließlich auf das Internet bezieht? Keine Ahnung…lass mich da gerne berichtigen.
      Theoretisch könnten wir alle Bibliotheken zu machen, weil auch dort Texte zur Verfügung gestellt werden. Öffentliche Einrichtungen sind finanziell kaum in der Lage, Leistungsgebühren für sämtliche Medien zu finanzieren. Auch sämtliche Abschlussarbeiten, die Zitate beinhalten, sind damit angreifbar.

      Ich weiß nicht, wo das Problem liegt, es können für sämtliche Bereiche in Deutschland Hilfen und Gelder beantragt werden. Künstlersozialkasse, Förderungstöpfe, auch Hartz 4 … Warum baut man solche Prinzipien nicht aus?
      Das zu wenig Geld da ist, kann ich nicht wirklich glauben. Wir können uns immernoch hohe Diäten, Steuerbefreiungen und allgemein das Sozialsystem leisten.

      1. Berichtung: Bezieht derzeitig auf das Internet (gerade nachgelesen).
        Das Problem mit Bibliotheken und Diplomarbeiten bleibt aber das Gleiche, sind mittlerweile vielfach online.

  6. @Marco

    Welchen Umweg man wählt, um Einnahmen für dieses Blog zu generieren, ist vollkommen unerheblich. Das Blog ist dann im Sinne des LSR gewerblich, folglich ist ein Zitat aus einem Angebot, das

    „bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzusehen ist“

    lizenzpflichtig.

  7. Jeder Blogger wird kriminell – er wird über ein gesetzgebungsverfahren kriminalisiert, damit die gewerbetreibenden Verlage und Zeitungen ihr Meinungmonopol ausbauen können.

    Ob das nicht so gar, die „freie Rede“ einschränkt?

    So wies aussieht müssen oder sollen alle Blogger, Ihre Blogs- und Magazine anonmy irgendwo über *.to laufen lassen, damit sie nicht verhaftet werden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.