Gewährleistungsanspruch auch nach Rooten und Flashen von Geräten

Im Februar hatte der FoeBuD und die FSFE die Free-Your-Android-Kampagne gestartet (wir berichteten). Bei Vorträgen und Workshops zu dem Thema gab es immer wieder Bedenken von Teilnehmern, ob der Gewährleistungsanspruch erlischt, wenn das Gerät selbst gerootet und/oder das Betriebssystems ersetzt wird.

Das juristische Team der FSFE hat dazu nun eine Stellungnahme veröffentlicht. Diese kommt zu dem Ergebnis: Die EU-Verordnung 1999/44/CE schreibt vor, dass die Gewährleistung auch im Falle des Rootens oder Flashens erhalten bleibt. Nur wenn nachgewiesen werden kann, dass der Defekt durch das Rooten oder Flashen verursacht wurde – was laut Carlo Piana und Matija Šuklje nur in Ausnahmefällen gegeben ist – kann der Hersteller die Gewährleistung verweigern.

Vorausgesetzt ihr habt das Gerät als privater Verbraucher innerhalb der europäischen Union erworben, muss der Händler in den vorgeschriebenen zwei Jahren auftretende Schäden beheben, oder euch das Gerät ersetzen.

Update: Danke an Fidel für die Kommentare. Es geht um Gewährleistung (statutory warranty), nicht um Garantie (voluntary warranty). Wir haben daraufhin „Garantie“ in „Gewährleistung“ geändert.

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19 Ergänzungen

  1. Leider steht nichts dazu um Garantieansprüche bei Geräten in denen Rooten oder Flashen schon in den AGB Verboten ist , zb Spielkonsolen , Tablets ect. und ob diese EU-Verordnung diese entsprechende AGB der Hersteller ungültig macht?
    Bei Android- Geräten ist die Sache ja meist Einfach da selbst Google es nicht expliziet auf seinen OS Verbietet oder selbst Tools dafür Anbietet.
    Bei Windows Phone oder iOS sieht es schon durch AGB schlechter aus und entsprechende Tools aus der „illegalen“ Hackerszene kommen.

    1. Gut dann die „Gewährleistung“ und nicht Garantie , trozdem die Frage nach der Gültigkeit von AGB der Hersteller und dem deutschen Hackerparagraf bei den Tools?

      1. Solange die AGB nur den Garantieanspruch beschränken sehe ich kein Problem, das ist grundsätzlich ihr gutes Recht. Die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche sind nicht beschränkbar, entsprechende AGB also unwirksam.

        Was §§ 202a / 202c StGB angeht:
        Sofern durch das rooten o flashen eine Zugangssicherung überwunden wird und dadurch Zugang zu Daten geschaffen wird, ist man leider recht schnell in der Strafbarkeit. Voraussetzung ist nämlich, dass es sich um Daten handelt, die nicht für den Zugreifenden bestimmt sind. Dieses Merkmal ist meines Erachtens der kritische Punkt. Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass die Berechtigung an den Daten idR mit Erstabspeicherung (dh durch den Hersteller) entsteht, der bei der Übertragung der Nutzungsrechte an der Software beim Kauf sich durch AGB diese Berechtigung beibehält. Ob und inwieweit solche AGB zulässig wären ist wohl eine Frage des Einzelfalls.
        Man könnte aber auch sagen, dass der Nutzer, dem das Recht zur Nutzung der Daten (das Root-Verzeichnis braucht er ja zB zum booten) vom Hersteller erwirbt, damit auch zum Berechtigten bzgl. der Daten wird, so weit ich das sehe ist das die herrschende Ansicht.

        Weiterer Diskussionspunkt ist das Merkmal „unbefugt“, in dem u.U. durch AGB Regelungen getroffen werden könnten. Wenn die Daten aber nicht „nicht für mich bestimmt“ sind, kommt es darauf für die Strafbarkeit gar nicht mehr an.

        Insgesamt denke ich deshalb nicht, dass nach deutschem Recht durch AGB die Nutzung und Berechtigung bzgl. der Daten die ich ja nutzen muss um das Gerät zu benutzen soweit einschränkbar ist, dass man durch rooten o.ä. in die Strafbarkeit gelangt. Auch das Herstellen von Tools, mit denen andere Käufer ihre Geräte dann rooten können wäre dann straffrei, da § 202c verlangt, dass es für eine Straftat nach § 202a hergestellt wird, die ja aber gerade nicht vorliegt.

      2. Privat sollte es egal sein was ich mit dem Gerät mache, es sei ich gehe dann damit ins Netz . zb bei Spielkonsolen und wohl auch immer mehr geschlossenen mobilen Geräten.
        Um Strafbarkeit ging es ja wohl auch nicht sondern die Gewährleistung im Schadensfall.

      3. „ASUS“ verweigert jegliche Gewährleistung bei gerooteten Geräten! Im Fall einer geforderten Reparatur des Displays wird man gezwungen auch das Mainboard tauschen zu lassen, wenn das Gerät gerootet ist. Im Falle meines Asus Transformer TF700T kann das Gerät auch nur von „Asus“ repariert werden. Das hab ich alles schriftlich.

  2. Die Stellungnahme spricht von Gewährleistung, nicht von Garantie. Das ist ein Riesenunterschied – das eine ist gesetzlich vorgeschrieben, das andere eine freiwillige Herstellerleistung. Die Stellungnahme spricht nur von den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen, bei denen ich als Verbraucher aber nach 6 Monaten beweisen muss, dass der Mangel bereits bei Verkauf vorlag.

    Wenn z.B. Apple eine einjährige Garantie auf seine Produkte gibt, ist das etwas völlig anderes und sie können in ihren Garantiebedingungen auch problemlos festschreiben, dass es z.B. nicht gejailbreaked werden darf.

    Die Stellungnahme weist auf diesen Unterschied hin, eure Überschrift und Teile des Artikels sind irreführend.

    1. Absolut korrekt. Leider wird das immer wieder durcheinander gebracht. Hier ist die Überschrift nicht irreführend, sondern schlicht falsch.

  3. The difference is only that if the defect arises now, the seller can claim that the defect was caused by some action that was triggered by non-normal use of the device.

    But in order to avoid needing to repair or replace your device, the seller has to prove that your action caused⁵ the defect. It is generally recognised by courts that unless there is a sign of abuse of the device, the defect is there because the device was faulty from the beginning. That is just common sense, after all.

    Nach dem deutschen Recht ist dem nicht so. Der Käufer muss nach Ablauf der sechsmonatigen Frist beweisen, dass der Mangel bei Übergabe vorlag. Eine Vermutung, dass ein aufgetretener Mangel von einem Grundmangel herrührt, wird vom BGH nicht gesehen, § 476 BGB gibt nur eine zeitliche Vermutung, keine Vermutung, das es überhaupt ein Mangel, d.h. ein Abweichen vom Soll-Zustand, ist.

    1. Das ist richtig. Lässt sich nicht beweisen, dass ein Defekt auf einem Mangel beruht, hilft die Vermutung eben gerade nicht weiter, dennoch denke ich dass es zumindest in den meisten Fällen ein Defekt ein Indiz für einen Mangel sein dürfte.

  4. Leider sind Recht haben und Recht bekommen immer noch zwei verschiedene Dinge!

    Ganz konkret: Was passiert wenn der Hersteller die Reparatur oder den Austausch einfach mit Verweis auf das Rooten verweigert?
    Wer würde für einen Sachwert von ~500€ für sein gebricktes Smartphone/Tablet anfangen Samsung/HTC/Apple zu verklagen?
    Selbst mit einer Rechtsschutzversicherung…. der man die Argumentation auch erstmal beibringen und von der Wirksamkeit überzeugen muss.

    1. Das Recht haben und Recht bekommen nicht das selbe ist, ist momentan leider bei der Ausübung der Gewährleistung oder Garantie oft der Fall.

      Glücklicherweise ist es es in meisten EU-staaten der Fall dass:
      – es Konsumentenschutzvereine gibt;
      – es eine nationale Agentur gibt die sich dammit befasst;
      – man für eine solche Klage keinen Rechtsanwalt brauch.

      Meine Erfahrung ist das auch wenn die Verkäufer mit allen Mitteln trixen, wenn du aber höfflich und persistent bleibst, die irgendwan merken dass du nicht von Gestern bisst, und lassen nach.

      Es ist manchmal sehr schwierig sein Recht zu behalten, aber so lange as keiner versucht, wird es auch keinem gelingen. Was wir mit unserer Stellungnahme bezeugen wollen ist gerade dass Benutzer/Konsumenten sich bewusst werden das sie diese Rechte haben und sie ausüben sollten. Je mehr dies tun, desto schneller wird es auch in der Praxis die Norm.

  5. 1&1 hat diesbezüglich schon Stellung gezogen auf meine E-Mail-Anfrage hin…
    Meine Mail:
    Sehr geehrte Damen und Herren,

    die FSFE (Free Software Foundation Europe) hat vor kurzem geprüft, ob das Rooten/Flashen eines Smartphones gegen die EU-Richtlinie 1999/44/CE hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche eines Kunden verstößt. Das juristische Team kam zu der Ansicht das dem nicht so ist. Somit müssten sie als Anbieter auch bei einem gerooteten/geflashen Gerät einer Gewährleistung stattgeben.

    Zitat von Netzpolitik.org: „Das juristische Team der FSFE hat dazu nun eine Stellungnahme veröffentlicht. Diese kommt zu dem Ergebnis: Die EU-Verordnung 1999/44/CE schreibt vor, dass die Gewährleistung auch im Falle des Rootens oder Flashens erhalten bleibt. Nur wenn nachgewiesen werden kann, dass der Defekt durch das Rooten oder Flashen verursacht wurde – was laut Carlo Piana und Matija Šuklje nur in Ausnahmefällen gegeben ist – kann der Hersteller die Gewährleistung verweigern.“

    Quellen:
    http://piana.eu/root
    https://netzpolitik.org/2012/garantieanspruch-auch-nach-rooten-und-flashen-von-geraten/
    http://www.androidnext.de/news/root-flash-eu-richtlinie/

    Ich würde sie bitten dies zu Prüfen und mich über das Ergebnis schnellstmöglich zu informieren da ich nun seit Februar 2012 auf das ICS-Update für mein Galaxy S2 von 1&1 warte und langsam nicht mehr warten möchte, wegen dem Restart-Bug und dem erhöhten Akkuverbrauch unter Android 2.3.

    Mit freundlichen Grüßen

    Deren Antwort:

    Sehr geehrter Herr *****,

    vielen Dank für Ihre E-Mail zu Ihrem Samsung Galaxy S2. Gerne helfen wir Ihnen weiter.

    Die Gewährleistung bleibt auch nach dem Flashen Ihres Gerätes erhalten. Die Gewähleistung wird durch den vom Hersteller autorisierten und zertifizierten Reparaturdienstleister übernommen.

    Wir wünschen Ihnen einen schönen Tag.

    Mit freundlichen Grüßen

  6. Also bei Sparhandy wird sowohl die Garantie als auch Gewährleistung wegen Root verwehrt. Die sagen sogar an dass der Fehler nur in den ersten 6 Monaten passieren darf weil man sonst keine Gewährleistung mehr hat ! Das ist ja echt dreist ! Und vor allem falsch ! Fakt ist dass lediglich nach den 6 Monaten man als Kunde beweisen muss dass der Fehler von Anfang an da war – was auch der Fall ist wenn der Fehler im System liegt da der Kunde da nicht rankommt. Aber ob der Fehler nun nach einem Jahr passiert oder kurz vor den 2 Jahren ist vollkommen egal – denn sonst würde es keinen Sinn machen die Gewährleistung 2 Jahre lang anzubieten wenn man nur 6 Monate hat. Da wäre man ja gezwungen den Fehler im 1. halben Jahr auszulösen damit man weiteren Anspruch darauf hat. Interessiert Sparhandy aber nicht – die sagen erst wenn in den ersten 6 Mon. der Fehler auftritt ist das der Beweis dass der Fehler von Anfang an da war, sonst nicht. Unglaublich oder ?

    Wie ist eure Erfahrung mit den Anbietern wegen Root und Gewährleistung ?

  7. Hallo,

    ich muss das Thema nochmal hoch holen.

    Es gibt ja mittlerweile viele Sat- Receiver, die alternative Images drauf laufen lassen können.

    Der VU+ Solo 4K ist so einer.

    Ein Händler, der leider sehr negativ im Web auffällt (AC-Sat-Corner aus Aachen) schliesst in seinen ABGs die Gewährleistung nach einem Imagewechsel aus.

    https://www.ac-sat-corner.eu/AGB

    Letzter Satz bei §6

    Wie kann man sich einem solchen Händler entgegen stellen?
    Ist der Verstoß einer EU Verordnung überhaupt strafrechtlich relevant? Oder?

    Danke vielmals für Eure Einschätzung.

    Gruss YS

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.