Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault kündigte in der letzten Woche die mögliche Zusammenlegung des Rundfunk- und Fernsehrats CSA mit dem Telekomregulierer ARCEP an. Einer der Hauptgründe sei, dass audiovisuelle Medieninhalte zunehmend über das Internet verbreitet und konsumiert werden. Konkrete Vorschläge für die Fusion sollen noch im November vorgelegt werden.
Während der CSA vor allem nationaler Gesetzgebung unterliegt, ist ARCEP mehr mit EU-Recht verzahnt und koordiniert beispielsweise die Umsetzung des EU Telekom-Pakets in Frankreich. Der CSA gilt als alter Verbündeter der Unterhaltungsindustrie und fordert schon seit Jahren, bei Fragen der Internetregulierung endlich mitreden zu können.
Kritisiert wurde der Vorschlag der Zusammenlegung von CSA und ARCEP von Bürgerrechtlern und Verbraucherverbänden. Wir haben mit Jérémie Zimmermann, Sprecher der französischen Bürgerrechtsorganisation Quadrature du Net, gesprochen:
Netzpolitik: Im Mittelpunkt der Kritik steht der CSA. Welche Rolle spielt die Behörde in Frankreich?
JZ: Der CSA reguliert die Verbreitung von Medieninhalten durch Unternehmen, erteilt Lizenzen und Ausstrahlungsverbote, Altersfreigaben (z.B. ab 16 Jahren, ab 18 Jahren etc.) oder errechnet die Redezeit der Kandidaten während ihrer Fernsehauftritte bei Präsidentschaftswahlen. Jetzt versucht der CSA seinen zentralisierten Ansatz auf andere ‚Inhalte‘ (sic, ich hasse dieses Wort!) zu übertragen. Das Internet aber ist dezentral. Klar werden dort auch Videos veröffentlicht, aber es bietet vor allem einen wichtigen Raum für die Wahrnehmung unserer Grundrechte und Freiheiten, für das Teilen von Wissen und Kultur und für neue Formen der partizipatorischen Demokratie.
Netzpolitik: Ihr habt sofort nach Ayrault’s Ankündigung eine Pressemitteilung herausgeben. Was genau kritisiert ihr an der geplanten Fusion?
JZ: Die „Regulierung der Inhalte“ durch eine zentrale Stelle ist zum Scheitern verurteilt und ein großer Irrtum. Das Internet ist kein audiovisueller Mediendienst – Inhalte kommen nicht nur von Unternehmen sondern auch von unterschiedlichen Nutzern, von kommerziellen wie nicht-kommerziellen Akteuren. Das dezentrale Internet wie Kabelfernsehen zu regeln, ist ein erster Schritt in Richtung administrative Kontrolle der Netze und Zensur der Kommunikation.
Netzpolitik: Inwiefern führt dies zum Ende der Netzneutralität, wo siehst Du den Anfang von Zensur?
JZ: Wenn der CSA (oder eher gesagt sein Präsident Michel Boyon) verkündet, er möchte seine Kompetenzen auf das Internet ausweiten, ist damit die Idee der zentralisierten Regulierung von ‚Inhalten‘ gemeint…und läuft auf das Verbot der Verbreitung bestimmter ‚Inhalte‘ hinaus. Dies würde zunächst eine Zentralisierung des Internets voraussetzen und die Einführung von Zugangserschwerungen oder automatischen Filtern. Michel Boyon hat sich bereits klar für Internetsperren ausgesprochen, um das alte Wirtschaftsmodell der Fernsehsender zu schützen.
Anhören kann man sich ein weiteres Interview mit der Quadrature zu dem Thema dort:
http://mediakit.laquadrature.net/view.php?full=1&id=875
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