Verwaiste Werke und weise Entscheidungen

Google hat erst einmal verloren: die Vereinbarung zu Googles Buchangebot GoogleBooks (Früher: GoogleBookSearch) ist von einem New Yorker Gericht verworfen worden. Der Konzern, der viel mehr ist als seine Suchmaschine, hat eine empfindliche juristische Schlappe hinnehmen müssen: auch wer die Möglichkeit hat, die Welt aus den Angeln zu heben, kann sie nicht vor vollendete Tatsachen stellen und „Friss oder stirb“ rufen.

Dabei ist Googles Büchersuche ein gleichermaßen großartiges wie größenwahnsinniges Projekt. „Das Wissen der Welt verfügbar zu machen“, wie Googles Lautsprecher es gerne verkünden, das muss man erst einmal können. Jede Menge Scanner, ziemlich gute Software und ganz schöne Stange Geld muss man für ein Projekt dieser Größenordnung aufwenden. Das kann nicht jeder, das können schon gar nicht die Gemeinde-, Stadt- und Universitätsbibliotheken in Deutschland. Google kann das.

Aber ist das auch gut? Ja und Nein. Zum einen ist es wünschenswert, dass jemand die Werke digitalisiert, von denen ein Großteil käuflich nicht mehr zu erwerben ist, bei dem die Rechtslage unklar ist (sogenannte verwaiste Werke), noch dass sie überhaupt digital verfüg- und damit durchsuchbar wären. Zum anderen ist es nicht wünschenswert, dass es die Werke in einem digitalen Datensilo verschwinden, wie es GoogleBooks bedeutet. Es ist das Gegenteil von frei, das Gegenteil von weiterverwendbar, das Gegenteil von langfristig nutzbar. Und genau das muss eigentlich das Ziel sein: das Wissen der Welt dauerhaft zugänglich zu machen – ohne einen Schrankenwärter aus Mountain View.

15 Ergänzungen

  1. Die Furcht vor Google, ist die Furcht vor sich selbst. Wissen kann man nicht patentieren, dass Wissen um das Wissen eines Unternehmens aber dezentralisieren, was auch die Aufgabe der User im 21 Jahrhundert sein sollte. Das Problem ist nicht die Verfügbarkeit von Informationen, sondern das Desinteresse an der Vermittlung. Und jeder von uns kann durch dezentralisierung dazu beitragen, dass Informationen nicht in der Cloud untergehen, sondern fortbestehen und zwar in dem jeder von uns, als Katalysator agiert. Zwei TB kosten heute 80 Euro, in 5 Jahren werden zwanzig TB 80 Euro kosten. Worauf wartet Ihr?

  2. So, und wie wäre es jetzt nochmal mit einem ernsthaften und ausgewogenen Post zu diesem Thema, ohne Propagandaphrasen?

  3. Du wirfst da jetzt aber einiges durcheinander. Es geht bei dem geschlossenen Vergleich ja nicht nur um verwaiste Werke, sondern vor allem um aktuellste Verlagsliteratur. Die hat Google ebenfalls eingescannt und per „Snippets“ verfügbar gemacht. Dagegen wurde geklagt.

    Was die gemeinfreien Werke angeht: die kann man ja von der GoogeBooks-Seite problemlos als PDF herunterladen; ist also kein geschlossenes Datensilo. Zudem hat z.B. die Bayerische Staatsbibliothek (die ihre Bücher von Google scannen lässt) vereinbart, dass sie von allen eingescannten Werken die hochauflösenden Quelldateien bekommt und was davon gemeinfrei ist lässt sich dann auch bei der BSB runterladen.

  4. Dass Google diese Bücher digitalisiert schließt ja nicht aus, dass es auch jemand anderes tut…

  5. Ich stell jetzt vermutlich ne ganz doofe Frage, aber warum \Es ist das Gegenteil von frei, das Gegenteil von weiterverwendbar\? Ich kenne GoogleBooks nur vom höhrensagen.

    Besser als \nicht käuflich zu erwerben\ hört sich ja grundsätzlich erstmal nett an…

  6. Kein Wissen ohne Container. Kein Container ohne ökonomische Basis. Wer auf Kosten der Substanz lebt, hat kein Licht am Ende des Tunnels. Das Licht, das nun einige Google-Kritiker bezüglich des Buchprojektes sehen, ist der entgegenkommende Zug der Regulierung. Nun bleibt diesen nur EIN Ausgang. Werden sie ihn nutzen?

  7. „Zum anderen ist es nicht wünschenswert, dass es die Werke in einem digitalen Datensilo verschwinden, wie es GoogleBooks bedeutet. Es ist das Gegenteil von frei, das Gegenteil von weiterverwendbar, das Gegenteil von langfristig nutzbar. Und genau das muss eigentlich das Ziel sein: das Wissen der Welt dauerhaft zugänglich zu machen – ohne einen Schrankenwärter aus Mountain View. “
    Da aber sonst niemand die Möglichkeit, den Willen oder das Geld hat das ganze umzusetzen, ist das ne entweder/oder Frage. Und da bin ich pro Google.
    Außerdem ist das ne Klage der US-Verlagsbranche gegen Google, und denen geht es nicht darum, dass Google das macht, sondern das überhaupt irgendwer das macht, die würden auch ‚Projekt Guttenberg‘ verklagen.
    Also ja, das Google das macht ist aufgrund der Einschränkungen nicht optimal, aber immer noch besser als niemand, so wie sich das die Verlage vorstellen.

  8. Ich würde es schon auch lieber sehen, wenn sich die öffentlichen Bibliotheken des Themas annehmen würden. Nur: Die kriegen es auf absehbare Zeit eben nicht hin.

    Und deswegen finde ich es sehr schade, dass Google Books damit nicht das wird, was es werden könnte. Denn in dieser Sache wäre eine funktionierende privatwirtschaftliche Lösung immer noch deutlich besser als gar keine Lösung. Man überschlage nur mal, wie viel Zeit mit herkömmlicher Recherche verschwendet wird…

  9. Ich finde gut was Google mit Google Books macht, schließlich macht es kein anderer, und Google stellt es frei zur Verfügung. Ohne Google gäbe es so etwas gar nicht. Natürlich darf oder soll man das auch kritisch betrachten, denn Big G profitiert natürlich durch Werbung von allen seinen Projekten, auch wenn sie für den User umsonst sind.

    Den US-Verlagen die gegen GB vorgegangen sind geht es allerdings nicht darum die Macht von Google einzuschränken o.ä., sondern nur darum eventuelle Profiteinbußen zu verhindern.

  10. @Peter: „Was die gemeinfreien Werke angeht: die kann man ja von der GoogeBooks-Seite problemlos als PDF herunterladen“

    Zumindest bis einer der Print-on-Demand-Verlage wie Kessinger daherkommt, die von Google heruntergeladenen PDFs als schlechtgemachte POD-Bücher mit aktuellem Copyright-Vermerk veröffentlicht und Google daraufhin die Möglichkeit zur Vollansicht/Download des eigentlich gemeinfreien Buchs automatisch wieder deaktiviert…

  11. Durch ein Reprint eines gemeinfreien Werkes wird aber nicht die benötigte Schöpfungshöhe für das Entstehen eines neuen Urheberrechtsschutzes erreicht. Das hat also keinen Einfluß auf die von Google bereitgestellten PDFs.

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