„Alles Wissen berechenbar machen“

Im Rahmen eines Panels zu „Ideologien und Zukünften des Internets“ hielt Conrad Wolfram auf der Transmediale eine Keynote über die „Wissensmaschine“ Wolfram Alpha. Das Ziel, das er dabei ausgab, ist kein kleines: Die öffentliche Seite des Projekts sei nur ein kleiner Teil. Insgesamt gehe es darum, „alles Wissen berechenbar“ zu machen.

Bisher hätten unsere Institutionen zwar große Mengen an Wissen angesammelt, dieses sei aber „nicht sehr zugänglich“. Nachdem „schnelle Berechungen“ Teil unseres Lebens geworden seien, soll Wolfram Alpha nun für die Zugänglichkeit des Wissens sorgen. Dabei „sieht [es] aus wie eine Suchmaschine, tut aber etwas ganz anderes“.

„Suche ist ein Prozess, wofür Sie sich wirklich interessieren, sind Antworten“. Wolfram Alpha habe „einen anderen Ansatz, diese Antworten zu liefern“. Denn Suchmaschinen würden zwar Fakten zugänglich machen, aber es bleibe dem Nutzer überlassen, diese zu interpretieren. Früher habe man daher nicht nur die Fakten gebraucht, sondern auch Fachwissen, das nur Experten hatten.

Eine der schwierigsten Aufgaben für Wolfram Alpha sei daher die Darstellung von Wissen. Wissenschaft würde heute noch immer wie „vor 350 Jahren“ präsentiert und nur wenige Daten nach außen gegeben. Dabei könne man heute alle Informationen zugänglich machen, weil Beschränkungen weggefallen seien. Zudem würden Computer-Anwendungen so günstig, dass man sie alleine um der Darstellung von Informationen willen programmieren könne.

„Wir sind auf dem Weg in die ‚Computational Knowledge Economy'“, sagt Wolfram. Wissensgesellschaft heiße, dass Wissen nicht nur einen hohen Stellenwert habe, sondern auch einer breiten Masse zugänglich sei. Weil man aber nicht alles wissen könne, brauche man Computer, um Berechnungen anzustellen. Damit verbindet Wolfram auch einen Appell an die Bildungspolitik: Bisher würde viel zu viel Augenmerk auf Prozesse gelegt. Aber wer löse denn noch mathematische Gleichungen per Hand?

6 Ergänzungen

  1. Denn Suchmaschinen würden zwar Fakten zugänglich machen, aber es bleibe dem Nutzer überlassen, diese zu interpretieren. Früher habe man daher nicht nur die Fakten gebraucht, sondern auch Fachwissen, das nur Experten hatten.

    Soll das bedeuten, die Leute hinter Wolfram Alpha plädieren allen Ernstes dazu, nach Datenaggregation und -korrelation nun auch den letzten — bisher Menschen vorbehaltenen — Schritt, die -interpretation, in die Maschine zu verlagern?

    Die haben „2001 – Odyssee im Weltraum“ nicht gesehen, oder? ;)

    Im Ernst: derlei Technikgläubigkeit ist es u. a., die bspw. in Angelegenheiten wie dem Wahlcomputerurteil wieder geradegerückt wurde.

    Zudem: die Experten, die man hier behauptet überflüssig zu machen, sind natürlich weiterhin vorhanden, allerdings viel weniger greifbar: es sind diejenigen, die den Code (is law) schreiben und in diesen ihre Sicht der Dinge einschreiben.

    Weiterhin übersieht der begeisterte Informatiker/Physiker/Naturwissenschaftler einen zentralen Punkt: Berechenbarkeit selbst ist eine „Ideologie“ bzw. im binären Raum gibt es keinen Platz für Unschärfe oder Unsicherheit, kein Rauschen oder gar unendliche Komplexität.
    Im Digitalen ist alles eindeutig, gerade und vor allem, wenn eine Maschine interpretiert.

    Das halte ich nicht unbedingt für ein erstrebenswertes Ziel, wenn es um Wissen geht.

  2. Ich weiß nicht, wie man alles berechenbar machen will. Vielleicht ist mein Horizont in dieser einen Richtung auch zu beschränkt, aber es gibt in jeder Kultur verschiedenen Stellenwert für bestimmte Dinge, wie will man das alles zusammenfügen? Dann müsste man fette Matrizen ausgeben, die auch keiner mehr lesen kann.

    Es ist nunmal ein Unterschied, ob ich mit einem Amerikaner über Allgemeinwohl diskutiere oder mit einem Asiaten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man alles berechenbar machen kann.

  3. Sicher ist es das man nicht alles berechenbar machen kann, da der Mensch in seiner Art derart Vielfältig ist, das dieses Ziel schon mal unmöglich ist.
    Was hier angestrebt wird, ist nicht mehr und nicht weniger als „bessere“, vielleicht anders dargestellt Suchergebnisse die einem eine Art „höheren Wissenstand“ (Wissengrad – Information eben) schneller und einfacher vermittelt als dies heute in der traditionellen Art möglich ist, nicht mehr und nicht weniger.
    Bis dieses Ziel jedoch wenn überhaupt erreicht wird, werden wohl weitere Jahrzehnte ins Land gehen, um am Ende vielleicht sowieso von neuen Technologien, vor allem der technischen Intelligenz abgelöst werden.
    Der Mensch ist nur solange Mensch (nötig) bis die Maschinen Intelligent genug sind, denn Menschen zu übertreffen und das wird dann wohl das Ende des Menschen in der heutigen Form sein, oder mit anderen Worten, wir (Menschen) werden wohl immer mehr zu Maschinen (Computern) – die Zukunft wird wohl eine Art Computermensch sein.

  4. Ich finde den Ansatz von Wolfram Alpha durchaus interessant und kann auch die Angst vor der interpretierenden Maschine nicht nachvollziehen. Man muss sich nur mal verdeutlichen, dass es einem Rechner erstmal nicht möglich ist, die Semantik eines Sachverhalts „nachzuvollziehen“, ohne dass er für die entsprechende Situation, in der dieser Sachverhalt auftritt, spezielle Vorgehensweisen „kennt“. Rechner sind erstmal dumm und kennen keine Semantik, deshalb ist das ein extrem schwieriges Feld.

    Wolfram Alpha braucht offenbar momentan noch enorm viel menschliche Konfiguration, um auch nur für einige Anfragen brauchbare Antworten zu liefern. Dort, wo der Mensch mit der Modellierung aufgehört hat, kommt auch die Maschine nicht viel weiter.

  5. Mit welchem Berechenbarkeitsbegriff arbytet Herr Wolfram denn eigentlich? Der aus der theoretischen Informatik kanns nicht sein ;-)

    Viele Grüsse,
    VB.

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