In Potsdam findet derzeit ein „Festival für kreatives Computerspielen“ statt. Play09 dreht sich um Machinima, das Erstellen eigener Computerspielwelten und Balletttanzen in Ballerspielen.
Es geht bei „Creative Gaming“ darum, Computerspiele anders zu nutzen, als eigentlich von den Entwicklern vorgesehen. „Aufzeigen, woraus Computerspiele noch bestehen, außer sie zu spielen“ will Tina Ziegler von der Initiative Creative Gaming. Etwa, indem die Medienpädagogen Schüler „in einem Ballerspiel Ballett tanzen“ lassen.
Solche aufgenommenen Filmsequenzen aus Computerspielen haben sich als „Machinima“ zu einer aufstrebenden Kunstform entwickelt. Besucher der Play09 können an Work-Stations eigene Filme drehen. Aber die Mitglieder der Initiative Creative Gaming wollen über das Umdeuten bestehender Spiele hinaus.
Mit dem in England entwickelten Mission Maker können Schüler ohne Programmierkenntnisse eigene Spielwelten erstellen. Die Software wurde extra für den Schulunterricht entwickelt. Dort können Schüler zum Beispiel Szenen aus Romanen nachbauen. Die Lehrer sind begeistert, berichtet Tina Ziegler:
Es ist ganz oft, das Lehrer sagen: ‚Das ist so toll, wenn die Jugendlichen das direkt umsetzen‘.
Allerdings hört der Spaß auf, wenn Machinima-Künstler ihre Werke veröffentlichen. Nicht alle Computerspiel-Verlage haben es gerne, wenn ihre Produkte zweckentfremdet werden, sagt Stephan Dreyer vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg. Einige Anbieter allerdings, wie Blizzard für World of Warcraft und Microsoft für die Halo-Reihe, unterstützen Machinima-Künstler ausdrücklich und veröffentlichen eigene Guidelines für die Filmproduktion im Spiel. Aber auch das ist nicht ohne Makel, sagt der Wissenschaftler:
Durch diese explizite Lizenzierung von Machinimas [kommt] man auf einmal in einen rechtlichen Bereich, der wesentlichen engere Grenzen setzen kann, als das möglichen gewesen wäre im rechtlichen Graubereich.
Ganz andere Sorgen macht sich Gerrit Neundorf. Er betreut am Institut für Computerspiel Spawnpoint das Projekt Real Life Jumper. Nachdem Parkour von Frankreich aus weltweit zur Trendsportart wurde – nicht zuletzt durch Youtube-Videos der waghalsigen urbanen Querfeldeinläufer – ist auch die Computerspielindustrie mit Games wie „Mirror’s Edge“ auf den Zug aufgesprungen. Neundorfs Projekt bringt die Computerspieler zu den Anfängen der Sportart zurück.
In Workshops mit Jugendlichen werden sowohl die Sportart als auch ihre virtuelle Adaption erkundet. „Brücken schlagen“ will Neundorf damit. Und trifft erst einmal auf Angst – davor nämlich, dass sich die Teilnehmer beim Sport verletzen könnten. Für Medienpädagogen ist das sicher ungewöhnlich, einmal nicht Computerspiele als Ziel aller Skepsis vorzufinden. Ganz überdeckt ist die Angst vor dem Virtuellen allerdings nicht:
Wir haben natürlich wie viele andere auch mit der Skepsis, mit den Befürchtungen um die Computerspiele zu tun. Wir setzen uns auch damit auseinander, aber wir wollen natürlich trotzdem über den Tellerrand hinausschauen.
Das Festival Play09 bietet sicher auch für langjährige Computerspieler die Möglichkeit, einmal über den Tellerrand hinauszuschauen und einen neuen Blick auf die Spiele zu gewinnen. Die Veranstaltung findet morgen noch einmal von 9 bis 24 Uhr statt. Eine Übersicht über die einzelnen Programmpunkte gibt es hier.
Sehr interssanter Artikel. So könnte der Ruf der Computerspiele wohl einen ganz neuen Aspekt bekommen. Wie schon geschrieben können dort für den Unterricht Szenen leicht nachgebaut werden. Für Geschichtliche Schlachten etc. sicherlich auch sehr interssant. Ich finds eine gute Sache und hätt mir das gern einmal angeschaut, aber habs leider etwas spät gelesen um es einzuplanen.
schon seit >10 Jahren gibt es kreativen Umgang mit Spielen wie Quake bzw. noch mehr in Quake2 (ab 1996). Es begann sicher mit den sogenannten speed-runs, also Versuchen, ein Level so schnell wie möglich auf Zeit zu durchqueren. DAbei wurden dann neue Fortbewegungsarten wie Rocketjumps und Bunnyhopping standardmäßig eingesetzt. Letztlich entwicklete sich das in Richtung hochspezialisierter Jump-Maps, also Leveln, die nur dafür gebaut wurden, dass Spieler möglichst kreativ und skillful von A nach B gelangen. Es wurden Filme zusammengestellt und mit Musik zu Demos kombiniert, wo Kamerwinkel, timing, Rythmus, Zeitlupe, Schnitt etc.pp. zu einem Gesamtkunstwerk verwoben wurden.
Wer es mal ausprobieren möchte, kann sich den Q3Mod „Urban Terror“ kostenlos runterladen und in einer der vielen Jump-Maps sich an den Aufgaben versuchen. Oder man schaut mal bei Youtube nach den Video unter Stichworten wie „trickjumping q3a“ etc.
Es ist unglaublich, was da vollbracht wird – Wände werden mit Plasmawerfern ‚hochgeklettert‘, Sprünge mit mehreren Raketen aus unterschiedlichen Richtungen vorbereitet, Quellcode auf Schwachstellen analysiert um damit solch irreale Dinge wie Overbounces zu finden (bei bestimmten Bewegungsvektoren und Fallhöhen wirkt der Untergrund plötzlich wie ein Trampolin und ermöglicht ansonstne unmögliche Sprünge) etc.pp.
Die Hochzeit der Trickjumper dürfte sicher schon vorbei sein, aber die Tricks und Demos sind heute noch fantastisch.