iSummit 08: Open Business mit Erfolgen und Definitionskrise

Als Start des Open Business Tracks des diesjährigen iSummit berichtete Paul Keller erstmal davon, wie so etwas wie Open Business in zaghaften Schritten bei einigen europäischen Verwertungsgesellschaften Einzug hält. Eine niederländische und eine dänische Gesellschaft erlauben ihren Mitgliedern die Veröffentlichung von Musik unter Creative-Commons-Lizenzen, die kommerzielle Nutzung ausschließen. Hierzu wurden jeweils eigene Richtlinien erarbeitet, die genau festlegen, was kommerziell ist und was nicht. Im Ergebnis ist darin alles, was irgendwie mit Werbung zu tun hat, als kommerziell eingestuft worden. Es handelt sich also um sehr restriktive erste Ansätze, aber immerhin gibt es sie.

Außerdem stellte Jon Philips von Creative Commons das Protokoll CC+ vor, mit dem sich direkt in den Metadaten einer Lizenz Kontaktdaten für weitere Rechteverhandlungen hinterlegen lassen, etwa eine URL, über die weitere Erlaubnisse eingeholt werden können. Dadurch und die teilweise Öffnung von Verwertungsgesellschaften wurde nun etwas möglich, was noch vor einem Jahr die meisten für ausgeschlossen gehalten haben dürften: Von einer CC-Lizenz aus wird direkt auf die Seite einer Verwertungsgesellschaft verlinkt, dort die Lizenz anerkannt und entsprechend zurück verlinkt. Alles im Sinne der Versöhnung von freien Lizenzen und kollektiver Rechtewahrnehmung. Die Symbolik ist hier nicht zu unterschätzen.

Ansonsten beschäftigte sich der Open Business Track beim iSummit vor allem mit der Suche nach Definitionen, was Open Business eigentlich genau ist oder sein soll. Ist Offenheit dabei nur ein Mittel zum (Marketing-) Zweck oder eine alternative Grundeinstellung? Als kleinster gemeinsamen Nenner ergab sich letztendlich: Open Business ist in erster Linie der Einsatz bestimmter Methoden, was eins oder mehrere der folgenden Dinge umfassen kann:

– Sampling freier Inhalte

– neue Technologien auf Open-Source-Basis / freie Software

– Online-Community-Kultur

– größere Transparenz als bei klassischer Unternehmensführung

– faires Teilen der Profite mit den Beitragenden

Weiter wurde diskutiert, ob Offenheit als graduelles Phänomen oder sogar nur als temporäres Phänomen zu begreifen ist. Beobachtet werden kann jedenfalls häufig, dass, je mehr Geld verdient wird, desto mehr zugleich Transparenz und Offenheit abnehmen (Beispiel: Mozilla Foundation seit den Deals mit Google). Das führte natürlich zu Frage, welche Art von „Offenheit“ hier gemeint ist. Als verschiedene Sichtweisen wurden gesammelt:

Offenheit bzgl. Zugang zu Services (offene APIs)

Dies ist die niedrigste denkbare Schwelle für den Begriff Offenheit in diesem Zusammenhang und ändert am Charakter des dahinter stehenden Geschäfts kaum etwas.

Offenheit bzgl. dem Input von (user generated) Content

Man gibt den Kunden die Möglichkeit, sich einzubringen und dafür Vorteile zu bekommen. Wenn es allerdings nur darum geht, dass man die Konsumenten dazu bekommt, dass sie sich / ihre Zeit investieren, dann sieht das eher nach einem freundlich gefärbten CRM aus

Offenheit bzgl. Mitwirkung Außenstehender an Entscheidungsprozessen des Unternehmens

Hiermit ist im übertragenen Sinne gemeint, dass die „DNA“ des Unternehmens von jedermann (oder zumindest von allen Kunden des jeweiligen Unternehmens) verändert bzw. mitgestaltet werden kann.

Insgesamt war man sich einig, dass Open Business keine gänzlich neue Sache aber auch nicht „business as usual“ ist, und dass man kaum jemals davon sprechen kann, dass ein gesamtes Unternehmen „offen“ ist, genau wie man nicht von „grünen Unternehmen“ sprechen kann. Es sind meist nur bestimmte Unternehmensbereiche oder Handlungsweisen als offen (oder grün) identifizierbar.

Zum Schluss gab’s noch Kritik, dass häufig zuviel in das Thema Open Business hinein interpretiert werde und viele Leute sich und anderen davon zuviel versprechen würden. Als Beispiel wurde die Verwendung von CC-Lizenzen genannt, die, wenn sie auf traditionelle geschlossene Modelle trifft, oft zu „Complicated Commons“ oder „Confusion Commons“ führen würde statt zu funktionierenden Geschäftsmodellen. Die Replik darauf war, dass man muss sich letztendlich entscheiden und im Zweifel ganz aus den eingefahrenen Bahnen der etablierten Modelle raus müsse. Es gehe eben in der Praxis nicht auf, wenn man etwa als Band alternativ lizenzieren aber dennoch bei Sony-BMG oder EMI unterkommen will, um sich das Türchen zum sagenhaften Reichtum offenzuhalten.

Als nächstes will sich die Gruppe des Open Business Track um die Aufbereitung von Praxiserfahrungen in Form von qualifizierten Fallstudien kümmern. Für alle Interessierten gibt es ein Wiki (http://wiki.icommons.org/index.php/ISummit_2008/Open_Business).

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4 Ergänzungen

  1. Opensource und Openbusiness haben gemeinsam, dass Prozesse transparent und über communities allgemein zugänglich gemacht werden, um miteinander und füreinander (materielle und immaterielle) Werte zu schaffen und zu teilen.

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    All the best to all of us

    — fridemar

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