Heute bekam ich eine Einladung zu einem Kongress mit dem Titel „Geistiges Eigentum: Schutzrecht oder Ausbeutungstitel – Zustand und Entwicklungen im Zeitalter von Digitalisierung und Globalisierung“. Das ist normalerweise nichts ungewöhnliches, solche Einladungen bekomme ich häufig. Interessant an dieser war nur der Veranstalter: „Deutsche Stiftung Eigentum“. Kannte ich noch nicht und scheint ein weiterer Think-Tank zu sein, der „Geistiges Eigentum“ weiter in der Politik verankern möchte. Das Kuratorium und der Stiftungsrat sind voller Professoren wie Hans-Olaf Henkel, bekannt aus Christiansen, dem „Konvent für Deutschland“ und vom BDI.
Die Stiftung wurde 2003 offiziell anerkannt. Vorher gab es ein Kuratorium, welches schonmal einen „Bericht zur Lage des Eigentum“ herausbrachte, wie eine Pressemitteilung verkündete:
Als Höhepunkt der Arbeit des Kuratoriums hebt er die Herausgabe des „Berichtes zur Lage des Eigentum“ hervor, der im April 2002 dem Parlament übergeben wurde. Der Bericht fand eine ausführliche Würdigung als wichtiger Beitrag zur Bewusstseinsbildung über das „Konzept Eigentum“.
Übrigens ist die Stiftung natürlich vollkommen unabhängig und nicht von Partikularinteressen geleitet:
Die Stiftung wird sich daher aktiv in den öffentlichen Meinungsbildungsprozeß einschalten, und dabei Gefährdungen des in der Verfassung festgelegten Grundgedankens des privaten Eigentums aufzuzeigen. Dies wird wissenschaftlich fundiert und überparteilich erfolgen. Die Stiftung bediene nicht Interessen, sondern trete für eine Idee und damit für das Ganze ein.
Mit dem oben genannten Kongress soll nun ein weiterer „Bericht zur Lage des Geistigen Eigentums“ vorbereitet werden. Die Ergebnisse dieses Kongresses sollen dann in einen nicht-öffentlichen Nachfolgekongress mit Wissenschaftlern hineinfliessen, die dann wiederum diesen Bericht schreiben und dann dem Bundestag übergeben sollen. Was bei diesem Beicht herauskommen wird, lässt sich schon an den Unterstützern des Kongresses erkennen: BASF, „Deutschland – Land der Ideen“, Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.. Als Redner sind u.a. der deutsche Börsenverband und Kurt Biedenkopf als Keynotespeaker dabei. Wie immer bei solchen Veranstaltungen wird Dr Günter Krings von der CDU sicher wieder alle Forderungen aufsaugen und sie in den Bundestag einbringen.
Klingt das unabhängig und wissenschaftlich?
Bei einem „Bericht zur Lage des Eigentums“ fällt mir intuitiv sofort der Armutsbericht ein. Vielleicht sollte man das mal stärker thematisieren: Armuts- und Reichtumsverteilung in Bezug auf „geistiges Eigentum“, und wie aktuelle Tendenzen in Politik und Rechts hier die Ungleichheiten zwischen „reichen Konzernen“ auf der einen Seite und „Bürgern und kleinen Unternehmen“ auf der anderen Seite noch verschärfen?
Wie auch immer: Gehst du hin, Markus?
Wenn’s um die Ecke wäre, würde ich vermutlich mal vorbeischauen. Aber bis zum Wannsee fahr ich nicht, um mir eine staubtrockene und vermutlich extrem langweilige Lobbyveranstaltung anzutun.
Auf der Website der Stiftung steht unter „Aufgaben und Ziele“:
„Es ist mit Sorge zu beobachten, daß die grundlegende Bedeutung des Eigentums…immer mehr in den Hintergrund tritt. …Sie (die Stiftung) hat sich zum Ziel gesetzt, als ‚Anwalt des Eigentums‘ den grundlegenden Rang des Eigentums neu zu verankern. Dies betrifft, um nur einige Felder zu benennen, das Unternehmens-, das Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht, das Miet- und Umweltrecht, schließlich das Urheberrecht als Kern des geistigen Eigentums.“
Unabhängig ist diese Stiftung sicher nicht. Nach Betrachtung der Website bleibt nur der Schluss, dass die Stiftung der Gesellschaft enormen Schaden zufügen kann, wenn nicht ausgiebig über sie berichtet wird. Hoffentlich gibt es in Deutschland Professoren, die man als Experten gewinnen kann.
Wissenschaftlich lässt sich die Wirtschaftlichkeit von Hardcore-Eigentum im Gegensatz zur Wirtschaftlichkeit einer intakten Umwelt und eines intakten Sozialstaates wohl nur unzureichend abwägen. Volkswirtschaftlich ist Beschränkung des Eigentums wahrscheinlich sinnvoll – glückliche Menschen sind fleißig und Umweltkatostrophen belasten den Steuerzahler. Aber betriebswirtschaftlich sollte Eigentum natürlich hardcore sein – wenn man ein großes Inventar an Eigentum hat und nicht auf fremdes Eigentum angewiesen ist. Wären die Straßen zum Beispiel Privateigentum, so würden es kleine Speditionsunternehmen schwerer haben, als solche, die eventuell selber Straßen besitzen.
Bei geistigem Eigentum muss man zudem zwei besondere Eigenschaften in die Betrachtung des Systems einbeziehen. Erstens entsteht durch eine erhöhte Verbreitung keine Knappheit des „Rohstoffs“ und zweitens ist Information zugleich Input und Ouput des eigenen Produktionsprozesses.
Die Stiftung wird alle, die gegen sie argumentieren, als Kommunisten verunglimpfen. Deswegen muss klar sein, dass Eigentum und Freiheit einander bedingen. Aber es muss auch klar sein, dass Eigentum verpflichtet und nicht zum Schaden der Gesellschaft verwendet werden darf. Wahrscheinlich sollte man Experten finden, die sich mit Kartellrecht auskennen – sie kennen am besten die negativen Auswirkungen von Eigentum. Eigentum darf nicht dem Wettbewerb entgegen stehen. Denn dann steht Eigentum gegen die Freiheit des Marktes.
von Koerber, Eberhard war? ebenfalls Kuratoriumsmitglied. Später (2007-2012) war er Präsident des Club of Rome. War er in dieser Zeit auch noch Kurator?