Mionika Ermert thematisiert bei Heise eine Diskussion im Vorfeld des zweiten WSIS im Hernst in Tunesien: Maulkorb für zivilgesellschaftlichen Vertreter beim WSIS. Beim ersten WSIS hatten wir zivilgesellschaftliche Vertreter in der deutschen Regierungsdelegation. Diese bekamen ein goldenes Badge (Umhängeteil), die anderen nur ein silbernes. Ausser Ehre und ein paar langweiligen Meetings mehr hatte man jedoch wenig davon. Der UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft soll auf internationaler Ebene auch einen neuen Typ von „Governance“ etablieren, den „Multistakeholder-Prozess“. Nicht nur Regierungsvertreter sollen ihre Meinung vertreten können, sondern auch die Wirtschaft sowie die Zivilgesellschaft (Dazu zählen laut UN-Definition NGOs, Wissenschaftler, Aktivisten, eigentlich alles ausser Regierung und Wirtschaft). Abstimmen tun natürlich immer noch die Regierungsvertreter alleine. Die deutsche Regierung tut sich allerdings schwer mit dieser neuen Art von Beteiligung. In einem Brief an uns wurde mitgeteilt, dass zukünftig von uns ernannte Mitglieder in der Regierungsdelegation keine öffentlichen Stellungnahmen, Interviews, etc. machen dürfen. Auch sollen die Mitglieder die ganze Zeit über bei den Regierungsvertretern in den Sitzungen anwesend sein. Treffen der verschiedenen zivilgesellschaftlichen Netzwerken und Caucuse (thematische Arbeitskreise) werden damit unmöglich.
Im letzten Jahr wurden vom WSIS-Koordinierungskreis (Dem Netzwerk der deutschen NGOs zum WSIS) sechs Vertreter gewählt, die das Vertrauen haben, das WSIS-Netzwerk in der Regierungsdelegation als zivilgesellschaftliche Vertreter zu repräsentieren. Ich gehöre auch zu den sechs Personen und wie die anderen fünf finde ich es nicht akzeptabel, einen Maulkorb zu bekommen, wenn ich zum zweiten WSIS nach Tunis fliege. Ich will mir dort auch nicht verbieten lassen, mit wem ich mich wann treffe. Die Treffen mit anderen Aktivisten aus anderen Kulturen finde ich viel spannender, als mir die ganze Zeit politische Sonntagsreden von den Repräsentanten der jeweiligen Nationen anzuhören, die alle die digitale Spaltung mit blumigen Worten beseitigen wollen. Ausserdem will ich live von vor Ort bloggen, was mit so einem „Maulkorb“ nicht gehen würde. Wobei es sicher spannend wäre, auszutesten, was die deutsche Regierung denn machen würde, wenn ich trotzdem meine Meinung öffentlich, z.B. in diesem Blog äussere.
Hier noch ein kleines Zitat aus der Heise-Meldung:
Andere Regierungen lassen ihren zivilgesellschaftlichen Vertretern größere Spielräume. Möglicherweise wolle man sich wegen der Bewerbung um einen Platz im UN-Sicherheitsrat nicht angreifbar machen. Für im Prozess engagierte NGO-Mitglieder sei der durch die Teilnahme an der Regierungsdelegation aber eben nicht attraktiv, auch wenn sie Zugang zu geschlossenen Verhandlungen ermögliche. Sie verlieren dadurch die Chance, für ihre eigenen Organisationen beim WSIS tätig zu werden.
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