Sehr schön:
Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einer einstweiligen Verfügung entschieden, dass die Verpflichtung zur verdachtslosen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten ohne Entschädigung angesichts der hohen Investitionskosten für die Überwachungsmaßnahme unverhältnismäßig ist. Die mit der Klage einer Tochter einer ausländischen Telekommunikationsfirma befasste Kammer vertrat somit die Ansicht, dass die Auflagen für die sechsmonatige Protokollierung der Nutzerspuren in ihrer jetzigen Form verfassungswidrig sind. Sie befreite die Klägerin daher bis auf Weiteres von der Umsetzungspflicht.
Das Gericht hat den Fall jetzt dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. In nächster Zeit wird ohnehin eine Entscheidung der obersten Richter über den zweiten Eilantrag der mehr als 34.000 Teilnehmer der Massenklage des AK Vorrat erwartet. Deren Anwalt hatte beantragt, aufgrund neuer Erkenntnisse die einstweilige Verfügung vom März auszuweiten und die Speicherung der Kommunikationsdaten bis zur Hauptsacheentscheidung ganz auszusetzen. Wenn nun auch noch wirtschaftliche Argumente als so schwerwiegend angesehen werden, dass sie zur Verfassungswidrigkeit führen, dann hat die massenhafte Speicherung von Telekommunikationsdaten der gesamten Bevölkerung wohl kaum noch eine Chance auf längeres Überleben. Die große Koalition arbeitet anscheinend an einem Entschädigungsgesetz, das „noch in dieser Legislaturperiode“ verabschiedet werden soll. Bis dahin könnte allerdings das BVerfG die Sache komplett gekillt haben.
Update: Zu früh gefreut. Da hat der Anwalt etwas zu vorausschauend formuliert, wie mir Stefan Krempl von Heise gerade mitteilte. Die dortige Meldung lautet inzwischen nur noch so:
Die mit der Klage einer Tochter einer ausländischen Telekommunikationsfirma befasste Kammer vertrat in einer ersten Mitteilung an die Beschwerdeführer die Ansicht, dass die Auflagen für die sechsmonatige Protokollierung der Nutzerspuren in ihrer jetzigen Form unverhältnismäßig und verfassungswidrig sein könnten. Dies erklärte Jan Mönikes, Geschäftsführer der Initiative Europäischer Netzanbieter (IEN), gegenüber heise online. Die Beschwerde des IEN-Mitglieds dürften die Richter seiner Ansicht nach dem Bundesverfassungsgericht vorlegen und die Klägerin bis auf Weiteres von der Umsetzungpflicht befreien.
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