Was man schon immer mal die Musikindustrie fragen sollte

Die Electronic Frontier Foundation hat eine Liste von „Frequently Awkward Questions“ zusammengestellt, Fragen, die man unbedingt mal den Lobbyisten der Musikindustrie stellen sollte, falls man sie mal trifft (beispielsweise auf öffentlichen Diskussionen). Besonders gut gefällt mir die Frage, ob die Einnahmen aus den Klagewellen gegen Tauschbörsennutzern überhaupt die Künstler erreicht haben, bzw. wo das Geld hingegangen ist.

# The RIAA has sued more than 20,000 music fans for file sharing, yet file sharing continues to rapidly increase both online and offline. When will you stop suing music fans?

# The RIAA has sued over 20,000 music fans for file sharing, who have on average paid a $3,750 settlement. That’s over $75,000,000. Has any money collected from your lawsuits gone to pay actual artists? Where’s all that money going?

# DRM has clearly failed to stop songs from getting on file sharing networks, but it does prevent me from moving lawfully purchased music onto my iPod and other portable devices. Unlike the major record labels, many popular indie labels offer mp3 downloads through sites like eMusic. Why won’t you let fans purchase mp3s as well?

# The RIAA said that it only went after individual file sharers because you couldn’t go after P2P system creators. After the Supreme Court’s Grokster decision, shouldn’t you stop going after music fans?

# Sony BMG recently implemented a DRM technology that damaged users‘ computers. But for independent researchers‘ analyses, this serious flaw may have gone undiscovered. After this scandal, will record labels allow any computer scientist or security expert to examine these products and agree not to sue them under the DMCA?

[via]

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6 Ergänzungen

  1. tja. noch ist die kritische masse nicht erreicht. die masse der leute, die antworten verlangen. bis dahin kann es der ip-lobby schnurz sein, wieviel wir paar intellektuelle rummeckern. ich denke, der weg ist, öffentlichkeit zu schaffen, bis es die mainstreampresse nicht mehr ignorieren kann. ohne die massenmedien werden wir den sumpf der korruption nicht austrocknen.

  2. Da gehört eigentlich eine Aktion gemacht. Rausfinden, wo die „Raubkopierer sind Verbrecher“-Leute ihr Büro haben und deren Werbespots an den Mitarbeitern, wenn sie aus dem Büro kommen ausprobieren. Videokamera dabei haben und auch ein paar Schulkinder und die singen denen dann die Ohren voll. Man könnte auch ein paar Knackis dabeihaben, die im anzüglichen Ton sagen: „Hhmmm Raubkopierer“. Die Ideen sind ja im Kino häufig vor dem Film zu sehen. Über so einen Beitrag würde sich zu Beispiel Polylux auf ARD sicher freuen.
    Man könnte aus der Sache sogar einen eigenen YouTube Wettbewerb machen. Ist bestimmt lustig und sehenswert. Diese Idee gebe ich vollkommen frei weg. Also Kamera geschultert und nix wie hin Leute.

  3. @ fritz: Wir arbeiten ja dran.

    @ schomsko: Gute Idee. Wir haben hier in der Strasse den Phonoverband sitzen und hatten schonmal mehrere Spassideen, wie Kerzen für jeden angeklagten Filesharer vor deren Tür anzünden oder einfach mal mit ner Kamera reinlaufen und Michael Moore spielen. Die Filmförderungsanstalt, wo Raubkopierer sind Verbrecher weitgehend zwischen den Verbänden koordiniert wird, ist auch um die Ecke, aber da sind selten die entscheidenen Leute da. Aber die Sache mit dem YOuTube Wettbewerb muss ich mir nochmal durch den Kopf gehen lassen, daraus könnte man was dezentrales machen.

  4. @Markus

    Kleiner (Anti-)Propaganda Ratgeber

    Erste Kritik:

    Ich finde es stilsicherer, wenn man den Phonoverband nicht direkt für ihre outge-source-te PR-Abteilung verantwortlich macht.
    Wenn man z.B. Goebbels Propaganda veräppeln möchte, geht man da zu Adolf und Eva, oder lieber zu Goebbels Mitarbeitern? Die Antwort ist mit nicht ganz klar. Aber mir scheinen die Mitarbeiter günstiger zu sein. Geht man zu Adolf, könnte es Leute geben, die sagen, der Atze hat da beim Absegnen halt nicht genau hingesehen. Geht man zu den Mitarbeitern, dann kommt automatisch die Frage, wer ist dafür eigentlich verantwortlich?

    Zweite Kritik:

    Die zweite Kritik bezieht sich auf dein Beispiel mit den Kerzen.
    Es ist wichtig, einen essentiellen Unterschied zwischen der Propaganda totalitärer Regime und der PR demokratischer Regime zu erfassen. In Diktaturen wird die offizielle Linie gepredigt und es gibt Gegner mit Flugblättern, die zum Beispiel Opfer beklagen.
    In Demokratien heißt die Propaganda Public Relations- der Begriff wurde von Edward Bernaise (dem Neffen von Sigmund Freud) erfunden, weil der Begriff Propaganda durch die Nazis braun wurde.
    Public Relations in Demokratien ist nicht so erfolgreich, wie Propaganda in Diktaturen, wegen der Meinungsvielfalt, die trotz der Verflachung durch die ökonomische Notwendigkeit der Zielgruppenerweiterung in den Massenmedien herrscht. Die Medienwirkungsforschung für demokratische Massenmedien ist deshalb weitgehend ergebnislos. Die Ratlosigkeit schlägt natürlich auch zurück in die PR.
    Doch ein Konsens bleibt – Agenda Setting. Effektive PR hat die Macht ein Thema hochzukochen, an dem sich die Medien abarbeiten. PR kann kaum beeinflussen, wie ein Thema gesehen wird, sondern hauptsächlich welches Thema gesehen wird.
    Damit PR dennoch Botschaften durch die Medien transportieren kann, müssen sie hübsch verpackt sein. Die Botschaft, die wir bekämpfen heißt nicht „Raubkopierer sind Verbrecher“ – dagegen wären Lichterketten angebracht – aber wir sind nicht in einer Diktatur. „Raubkopierer sind Verbrecher“ ist nur die Verpackung der Botschaft, die auf die normative politische Ebene zielt. An dieser Verpackung arbeiten sich die Medien ab. In Online-Ausgaben von Tages- und Wochenzeitungen gibt es teilweise sogar Mitleid mit den Kriminalisierten.
    Das Fatale dabei ist aber, das die eigentliche Botschaft – trotz des Mitleids – unkommentiert durchfließt. Die eigentliche Botschaft zielt auf die reale ökonomisch Ebene. Die Botschaft lautet: „Habt Angst!“.
    Auf der ökonomischer Ebene wird im wesentlichen der Kampf um die Freiheit der Kultur ausgetragen. Das Internet hat zu einer enormen Erweiterung der substantiellen Freiheit geführt, die Gesetzgeber sind jedoch noch nicht willens, die formale Freiheit folgen zu lassen. Der Lobbyismus der industriellen Informationsproduzenten hatte und hat immer noch großen Einfluss. Jedoch gibt es eine viel größere Lobby (mindestens Faktor 10 oder 100), die nicht die ernsthafte Absicht hat, ihre Kunden zu vergraulen – die Gerätehersteller.
    Klar benutzen z.B. Apple und Microsoft ein bischen Digital Rights Management, um Kunden zu binden und Geräte und Musik zu verkaufen und ihre Macht auszudehnen, aber sie würden nie die Möglichkeit unterbinden, freie Formate abzuspielen. Seit Jahren wird DRM-Interoperabilität und sogar deren gesetzliche Verpflichtung diskutiert, aber die Geräte-Hersteller weigern sich. Mit ihren DRM Patenten wollen sie Schutzgeld von den Inhalteanbietern erpressen. Schutzgeld, das fast so hoch ist, wie der potentielle Einnahmeverlust durch Tauschbörsen. Mit Interoperabilität würden sie die Macht ihrer DRM Patente aufgeben und der Schutzgeldmarkt würde sich durch den Wettbewerb nivellieren.
    Der zweite Grund auf die Lobby der Gerätehersteller beim Gesetzgebungsprozess zu setzen, ist, dass Kommunikation zunehmend durch das Internet laufen wird, so dass es bald keinen Gerätehersteller mehr geben wird, der nicht auch Internetzugang am Gerät bietet.

    Die Botschaft „Habt Angst“ zielt auf die substantielle Freiheit. Man soll der Sorgen wegen auf die substantielle Freiheit verzichten. Doch gerade die substantielle Freiheit wird zum Faktor der Gerätehersteller. Welch besseren Werbespruch gibt es für ein Lifestyleprodukt als „Grenzenloser Genuss ohne Kompromisse“
    Wie kriegt man jetzt die Botschaft „Habt Angst“ weg? Sicher nicht, indem man Märtyrer feiert. Klar gibt es Helden, die dadurch moralisch gestärkt weitermachen, aber der kleine Mann von der Straße hat weiter Angst.
    Die Botschaft „Habt Angst“ muss lächerlich gemacht werden. Doch Vorsicht vor Plattitüden: „Habt keine Angst – geht rein!“ macht misstrauisch. Man will ja nicht ins offene Messer geschickt werden.

    Die Waffe der Wahl ist die Satire. Doch auch hier höchste Vorsicht. Ein Journalist von der FAZ würde Satire vielleicht als Florett bezeichnen, mit dem man kunstvoll umgehen muss, um den Gegner einen Hieb zu versetzen. Solche Typen würden vielleicht auch „Juden sind Ratten“ als Satire verstehen. Doch weit gefehlt. Satire ist keine Herabwürdigung in die Unmenschlichkeit. Ein Mitarbeiter der Titanic hat Satire treffend beschrieben. Satire ist eine Wasserpistole. Satire gibt nicht den Menschen als solchen der Lächerlichkeit preis, sondern seine moralische Überhöhung und Anmaßung.
    Durch Satire wird auch die Anmaßung der Botschaft „Habt Angst“ entblößt. Stell dir die Bilder vor, die es gibt, wenn man den Propagandisten ihr eigenes Schauspiel vorspielt. „Die Mäuse tanzen auf dem Tisch, während die Katze im Haus ist“. Und noch mehr „Die Mäuse miauen die Katze an, welche gar nicht versteht, was abgeht“. Und dann der göttliche Moment, wenn die Katze zu denken und zu reagieren anfängt. Herrlich!

    Zudem sollte man sich bei seinem nächsten Kinobesuch mal zu lauten Kommentaren hinreißen lassen, wenn man als Eintritt zahlender Kunde von diesen Spots belästigt wird. Ich hab das schon mal gemacht. Ist eine soziale Erfahrung. Man merkt, dass man nicht allein ist – es gab Beifall und ein gemurmeltes „Genau“.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.