Möglicherweise verläßt uns demnächst unsere Bundesdatenschutzbeauftragte und wird wieder Bundestagsabgeordnete, weil eine CDU-Kollegin Lobbyistin wird.
Unsere Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff war bis zu dieser Legislaturperiode CDU-Abgeordnete aus Brandenburg. Bei der letzten Wahl verlor sie ihren Wahlkreis gegen Frank-Walter Steinmeier und da ihre CDU-Kollegen zuviele Wahlkreise direkt holten, zog sie nicht über die Landesliste ein. Dort steht sie auf Platz vier.
Direkt in den Bundestag zog ihre Parteikollegin Katherina Reiche. Diese ist aktuell Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, möchte aber demnächst in die Wirtschaft wechseln und als Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) Lobbyistin werden. Soweit so gut. Spannend wird es, weil Reiche als Direktkandidatin zurücktritt, in diesem Fall aber die Landesliste greift. Dort sind aber von zehn Menschen schon neun im Bundestag – einzig Andrea Voßhoff fehlt. Die ist aber noch vier Jahre als Bundesdatenschutzbeauftragte gewählt.
Preisfrage: Verzichtet die CDU jetzt dank Katharina Reiche auf ein Mandat im Bundestag oder rückt Andrea Voßhoff nach und wir bekommen eine neue Bundesdatenschutzbeauftragte? Und wird sich die Meinung von Andrea Voßhoff zur Vorratsdatenspeicherung ändern, sollte sie wieder Bundestagsabgeordnete werden?
Und wieso haben wir keine Regelungen um zu verhindern, dass Katherina Reiche direkt vom Posten einer Staatssekretärin Lobbyistin eines Verbandes werden darf, was ihren früheren Arbeitsbereich tangiert?
Update: Annett Meiritz berichtet auf Twitter, dass Voßhoff in dieser Legislaturperiode nicht zurückwechseln wird.
Falls sich jemand mit Staatsrecht besser auskennt: Gibt es noch einen anderen Weg, wie die CDU-Brandenburg diesen Platz neu füllen könnte, muss der Wahlkreis neu gewählt werden oder bleibt das Mandat leer?
Nochmal Update: Die CDU verzichtet auf ein Mandat, da man noch ausreichend habe.
Rein „verfassungstechnisch“ gesprochen müsste sie nachrücken, da ja „Volkes Wille“ und so, während die Beauftragung eben nur eine Beauftragung ist – also niederrangig. Was für ein Bdsb dann wohl kommt?
vermutlich Hans-Peter Friedrich
Es gibt ja Parteien, die sich für Karenzzeiten einsetzen. Leider ist das Volk nicht bereit, diese zu wählen, sondern setzt weiter auf die, die mehr an sich selbst, als an die Bürger denken. Das ist dann das Ergebnis.
Selbstverständlich kommt die in den Bundestag.
Nachdem die gute Frau jetzt gemerkt hat, dass sie Bundesdatenschutzbeauftragte ist und auch das mit der Vorratsdatenspeicherung überrissen hat, müssen sie die ja schnellstmöglich wegschaffen, nicht dass sie am Ende noch ihren Job macht.
Dann müsste sie ihre Meinung zur VDS wieder ändern.
Die Lobby-Keule kann man bei privatwirtschaftlichen Unternehmerlobbies bringen – aber beim Verband kommunaler Unternehmen? Schon etwas weit hergeholt.
In der Müll-/Strom-/Gas-Versorgungsindustrie kann man ganz schön Geld verdienen. Besonders dadurch, dass solche Unternehmen eigentlich staatliche Aufgaben der Grundversorgung übernehmen, kann ein Intressenkonflikt bestehen.
@Aufreger: Das verstehen Sie falsch. Der Verband kommunaler Unternehmen vertritt eben genau diese Unternehmen in staatlicher Hand, die ihrer Aufgabe der Grundversorgung noch selber nachkommen und nicht die private Konkurrenz.
„Der Verband kommunaler Unternehmen vertritt eben genau diese Unternehmen in staatlicher Hand, die ihrer Aufgabe der Grundversorgung noch selber nachkommen und nicht die private Konkurrenz.“
Die kommunalen Unternehmen sind aber bestimmt zum größten Teil öffentliche Unternehmen, also AGen oder GmbHen, die wollen Kohle scheffeln!
Genau das meine ich. Das sind nur öffentliche Unternehmen. Die wollen Kohle scheffeln. Aber eben nicht im Bereich der Grundversorgung des Staates, sondern die sind die Grundversorgung des Staates. Meistens in privater Rechtsform, weil das ein wenig einfacher ist als E- und Wasserwerke als Körperschaft öffentlichen Rechts zu betreiben. Dennoch 100% in Kommunalbesitz und dem Gemeinwohl verpflichtet.
Am Mittwoch wird im Kabinett ein Gesetzesentwurf zu den Karenzzeiten verabschiedet werden (immerhin ein Anfang….). Und zufällig wird am Mittwoch die Nachfolgerin als Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen gewählt werden. Man muss nicht fefe heißen, um da einen Zusammenhang zu sehen.
„Die Lobby-Keule kann man bei privatwirtschaftlichen Unternehmerlobbies bringen – aber beim Verband kommunaler Unternehmen? Schon etwas weit hergeholt.“
Ne, genau richtig. Die Unterscheidung zwischen „guten“ Interessenvertretungen und „bösen“ Lobbyisten ist fast immer reine Willkür entlang der eigenen politischen Überzeugungen. Letztlich sind alles Lobbyisten. Das ist auch nicht per se immer schlecht.
Demzufolge sind der CCC und Netzpolitik auch Lobbyorganisationen die bspw in Enquete-Komissionen auch nichts verloren haben – oder?
Ne, eben nicht. Natürlich betreibt der CCC Lobbyismus. In den meisten Fragen Guten und Richtigen aus meiner Sicht. Und weil ich wie geschrieben Lobbyismus nicht per se für schlecht halte, hoffe ich dass der CCC auch in solchen Kommissionen sitzt.
Wir sind ein journalistisches Medium und ich war als Einzelperson Sachverständiger in der Enquete und nicht als Vertreter von netzpolitik.org.
Und wieso rückt bei Ausscheiden eines direkt gewählten Abgeordneten jemand von der Landesliste der Partei nach anstelle des Zweitplazierten im Wahlkreis?
Die „Erststimme“ ermöglicht -lediglich- das jeder Wahlbezirk – und so örtliche Präferenzen und Interessen – vertreten sidn. Damit werden nicht nur die Parteiinteressen über die Parteilisten berücksichtigt, sondern ermöglicht, dass auch die „Interessen vor Ort“ gewahrt sind.“
Die „Zweitstimme“ ist jedoch dieentscheidende Stimme bei der Wahl zum Bundestag.
Die „Zweistimme“ (mit der eine bestimmte Partei und nicht eine Person gewählt wird) ist ausschlaggebend für die Sitzverteilung im Bundestag.
Vereinfacht gesagt: Hat eine Partei 40 Prozent der Zweitstimmen gewonnen, bekommt sie mindestens 40 Prozent der Sitze im Bundestag.
Man muss quasi einen Ausgleich zwischen „Wahlergebnis“ und „örtlichen Interessen“ schaffen. In diesem Fall setzt man sich – mMn zu Recht – für die Aufrechterhaltung des Wahlergebnissen über die Zweitstimmen ein.
Der Zweitplatzierte im Wahlkreis kommt nicht aus der gleichen Partei und scheidet deshalb aus. Der Nachrücker würde das Verhältnis der Zweitstimmen veränden und damit auch die Mehrheiten im Parlamenten.
Ein weiteres Argument ist die Erhaltung der Machtverhältnisse um Neuwahlen zu verhindern. Gut, bei den derzeitigen Mehrheiten im BT nicht so wichtig, aber auf Landesebene wird ja doch öfter mit einer Stimme Mehrheit regiert.
Bisher schickte man unfähige oder unliebsame Abgeordnete nach Europa. Das man die jetzt in den Bundestag schickt, das ist erschreckend. Sagt es doch viel über die Sicht von „man“ über das Parlament aus. Dabei habe ich gerade erst einen sympathischen Zug an ihr „entdeckt“. Vielleicht mag sie das Peter-Prinzip ja auch nicht?
Unsinn? Ja. Wir werden sehen, ob sie, falls es dazu kommt, dann im Bundestag noch ihre Meinung zur VDS beibehält.
Für Frau Voßhoff bedeutet offenbar Datenschutz, ihre Disketten vom Schneider CPC im Tresor zu lagern.
Leider ist dieser Tresor ein mobiles Modell mit Tragegriff, steht auf dem Küchentisch und hat auf der Rückseite ein Post-It mit der Zahlenkombination.
Und trotzdem besteht die Gefahr, daß der/die NachfolgerIn noch schlimmer wird.
Voßhoff tut nichts. Was besser ist, als aktiv GEGEN Datenschutz und Co. zu agieren.
Es ist alles so traurig.
Warum sollte sich Frau Voßhoff auf das Abenteuer Abgeordnete einlassen? Sie hatte ihren Sitz verloren und würde jetzt nur nachrücken. Die Gefahr, auch bei der nächsten Bundestagswahl nicht gewählt zu werden, ist sehr gross. Ihr Amt hat sie für 5 Jahre sicher. Und der Verdienst dürfte nicht geringer als ein Abgeordneter sein.
Ihre Chancen auf weitere 5 Jahre stehen sehr gut. Ich gehe davon aus, bei einer erneuten Grossen Koaltion gibt es eine Wiederwahl. Warum? Weil Sie weder der CDU/CSU noch der SPD wehtut. Sie hat es die vergangenen 12 Monate geschafft, sich aus allem herauszuhalten. Nichts, als ein paar dürre Statements. Die Themen wären da gewesen.