Gerade weil das Hauptproblem bei der Entscheidung des Landesgerichts Köln rund um die Abmahnung eines Bildes trotz Urhebervermerks die Auslegung der Lizenzbestimmungen der Plattform Pixelio.de waren (siehe auch Thomas Stadler dazu), stellt sich die Frage, warum eine Plattform für „lizenzfrei“ lizenzierte Bilder nicht einfach auf den weitverbreiteten Standard Creative Commons setzt. Die großen internationalen Plattformen wie Flickr unterstützen schließlich Creative Commons auch als eine Option und die Rechtssicherheit ist bei einem etablierten Standard einfach größer. Ich habe diesbezüglich ein kurzes E-Mail-Interview mit Pixelio-Chef Markus Hein geführt.
Warum bietet Pixelio eigentlich keine Creative-Commons-Option?
Markus Hein: Pixelio ist mittlerweile über 10 Jahre alt und hat seit der Gründung eigene Lizenzbestimmungen. Meines Wissens nach gab es, zumindest im deutschsprachigen Raum, vor 10 Jahren noch keine CC-Lizenz oder wir haben damals nichts davon gewusst – daher stand dieser Punkt niemals zur Debatte.
Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, Creative Commons zu unterstützen? Schließlich hat sich Creative Commons inzwischen zum de-facto Standard für frei verwendbare Inhalte jenseits von Software entwickelt und wird auch von Plattformen wie Flickr oder 500px unterstützt.
Markus Hein: Wir können nicht so ganz einfach unserer Nutzungsbedingungen ändern. Wir haben mittlerweile über 500.000 Mitglieder, zig Millionen Bilderdownloads und wahrscheinlich hundertausende Bildverwendungen. Die letzte Änderung an unseren Nutzungsbedingungen fand 2007 statt und seitdem haben diese wunderbar funktioniert – es gab also bis dato keinen Grund etwas zu ändern.
Ob und inwieweit sich das nun durch das aktuelle Urteil ändert, wird derzeit durch unseren Anwalt geprüft. Aber bei der Vielzahl an Usern muss jeder Schritt diesbezüglich genau überlegt werden.
Aber warum nicht einfach zusätzlich Creative Commons als Option anbieten – so wie z.B. Flickr das optional anbietet. Der diesbezügliche Aufwand sollte sich in Grenzen halten?
Markus Hein: Derzeit ist die Einführung einer anderen bzw. weiteren Lizenz keine Option. Das Anbieten von Bildern mit unterschiedlichen Lizenzbestimmungen ist aus meiner derzeitigen Sicht keine sinnvolle Lösung.
Abgesehen von der Frage Creative Commons oder nicht – warum schreiben sie in der Unterzeile Ihres Dienstes von „lizenzfreien Fotos“, obwohl die Nutzer eben doch eine Lizenz befolgen müssen?
Markus Hein: In der Bilder- und Medienbranchen ist der Begriff lizenzfrei ein absolut gängiger und üblicher Begriff. Er ist eine, vielleicht etwas schlechte, Übersetzung des englischen royalty-free Begriffs – hat sich aber in den letzten 15-20 Jahren eingebürgert. Der Begriff bezeichnet Medien die nicht für jede Nutzung erneut lizenziert werden müssen (wie bei lizenzpflichtigen bzw. englisch rights-managed), sondern einmal lizenziert werden und dann beliebig oft eingesetzt werden können. Der Begriff mag in juristischen Kreisen, in denen jedes Wort auf die Waagschale gelegt wird, nicht korrekt erscheinen. Allerdings ist dies, wie schon gesagt, in der Bilder- und Medienbranchen die Bezeichnung für eine Lizenzgattung.
Also mich überzeugen die Antworten nicht. Für mich klingt das nach, wir müssten Geld investieren um CC zu unterstützen und das wollen wir nicht. Und ansonsten sind wir auch nicht Schuld und sehen daher keinen Handlungsbedarf.
Die Anzahl der User und so da vorzuschieben finde ich komisch. Andere Plattformen können das doch auch und die haben evtl. sogar mehr User und Content.
Und das sich eine scheiß Übersetzung eingebürgert hat und wir sie deswegen weiter benutzen klingt auch komisch. Abgesehen davon, dass ich immer dachte, dass man Royalty-Free mit Lizenzgebührenfrei übersetzt (auch wenn man lizenzfrei findet).
Frage: CC (also CC-BY-SA bzw. alle BY-Lizenzen.) würde ja nicht das Problem lösen, das uns das Kölner Gericht beschert hat. Denn man müsste bei „direkten“ Zugriffe auf den Bild-URL weiterhin irgendwie die Byline hineinbringen, z.B. in oder direkt an das Bild (per Photoshop u.ä.). CC wäre insofern genauso abhmahntauglich in diesem Kontext. Oder irre ich mich da?
Natürlich ist es nicht völlig auszuschließen, dass das LG Köln sich in Sachen Interpretationskreativität auch bei CC-Lizenzen austobt, es ist allerdings sehr viel unwahrscheinlicher. Creative Commons fordert in der aktuellsten Fassung der Lizenzen folgendes:
„You may satisfy the conditions in Section 3(a)(1) in any reasonable manner based on the medium, means, and context in which You Share the Licensed Material. For example, it may be reasonable to satisfy the conditions by providing a URI or hyperlink to a resource that includes the required information.
„Any reasonable manner“ lässt sich wohl viel, viel schwerer so restriktiv interpretieren, wie es das LG Köln getan hat.
Ah, danke. „Reasonable manner“ – hoffe, Juristen verstehen darunter einigermaßen dasselbe wie Menschen.
In der deutschen Fassung der 3.0er-CC-Lizenzen steht:
„Sie sind verpflichtet, die Rechteinhaberschaft in einer der Nutzung entsprechenden, angemessenen Form anzuerkennen…“
Bei pixelio muss man also in „für die jeweilige Verwendung üblichen Weise“ kennzeichnen, bei CC „in einer der Nutzung entsprechenden, angemessenen Form“.
Aus meiner Sicht macht das CC eigentlich angreifbarer. Es ist ja absolut nicht üblich, ein Bild auch beim direkten URI-Aufruf mit einer Kennzeichnung zu versehen. Trotzdem hat das LG das als Verletzung der pixelio-Lizenz gesehen. Dann aber ist es sicherlich auch nicht „angemessen“.
Trotzdem ist das alles kein Drama: Gesetze und Verträge werden ja oft absichtlich so formuliert, dass sie nicht für jeden Einzelfall exakte Anweisungen enthalten, damit neue Entwicklungen nicht dauernd Änderungen zur Folge haben müssen. Daher ist es sinnvoll, solche Fragen immer wieder gerichtlich überprüfen zu lassen. Zudem ist das letzte Wort hier mit Sicherheit noch nicht gesprochen.
Hoppla, eigentlich sollte im vorhergehenden Post folgendes zitiert werden:
„Der Begriff mag in juristischen Kreisen, in denen jedes Wort auf die Waagschale gelegt wird, nicht korrekt erscheinen. Allerdings ist dies, wie schon gesagt, in der Bilder- und Medienbranchen die Bezeichnung für eine Lizenzgattung.“
Ich denke, dass es weniger um die Frage gehen soll, welche Lizenz nun die Beste ist, sondern eher, in wie weit Urheberrechtshinweise in ein „Werk“ integriert werden müssen.
Beispiel Bild: Um einen Urhebervermerk rechtlich ausreichend sichtbar in ein Bild zu setzen, muss dieser wahrscheinlich oft in greller Farbe und ausreichender Größe eingesetzt werden. Das wiederum widerspricht ebenfalls dem Urheberrecht, weil das Werk als solches vom Nutzer nicht verändert werden darf. Welcher Urheber will in seinen Bilder schon bunte Schriftzüge wiederfinden, nur weil irgendwo ein Gericht durchgedreht hat?
Beispiel Ton: Mit der gleichen Begründung des Gerichts in Köln kann gefordert werden, dass es bei Musikdateien nicht reicht, wenn unter dem Downloadlink oder in den MP3-Tags entsprechende Urheberhinweise stehen. Statt dessen muss, wie beim Bild auch, der Urheberrechtsvermerk gut hörbar auf den Songs aufgesprochen werden. Möglichst in mehreren Sprachen.
Beispiel Plastik: Eine in der Stadt aufgestellte Plastik muss beschildert werden. Da ein am Sockel oder auf einem nebenstehenden Ständer angebrachtes Schild nicht zwangsläufig gesehen werden muss, wenn jemand die Plastik betrachtet oder fotografiert, muss nun grundsätzlich der Urhebervermerk möglichst zentral auf der Plastik verankert werden. – Ich möchte den Künstler erleben, der das zulässt.
Köln hat hier ein Urteil gefunden, dass konsequent umgesetzt die Werke der Urheber verschandelt und anderen Regelungen zum Urheberrecht direkt widerspricht.
… Man berücksichtige auch, dass dieses Urteil nicht auf Grund gesellschaftlichem Interesses gefällt wurde, sondern weil jemand ohne Rücksicht auf die Folgen das juristische Instrument nur deshalb spielt, um auf arglistige Weise Geld zu verdienen.
Das Kölner Gericht hat sich mit diesem Urteil in peinlichster Form instrumentalisieren lassen und hat, genau so peinlich, ein Urteil gefällt, dass dem Urheberrecht an anderer Stelle völlig widerspricht. Inkompetenz bezüglich Internet ist das Eine, aber meine Beispiele oben zeigen, dass man in diesem Fall auch ohne Kenntnis über Mechanismen von HTML-Seiten und Webbrowsern ein Urteil hätte fällen können, das sich mit den bisherigen Regeln zum Urheberrecht und der bisherigen Rechtsprechung, auch international, verträgt.
Ich vermute, dass dieses Urteil in absehbarer Zeit an anderer Stelle revidiert werden wird. Ich möchte meine Bilder jedenfalls weder beschnitten noch überpinselt wiederfinden, solange ich das in der übertragenen Lizenz nicht ausdrücklich erlaube.
Kann man eigentlich Richtern (oder ganze Gerichten), deren Urteile zu einem bestimmten Fachgebiet von höherer Instanz mehrmals revidiert wurden, nicht die Kompetenz aberkennen, über Fälle in diesem Fachgebiet zu urteilen?
Warum gibts keine Zuordnung von spezialisierten Gerichten mit dafür ausgebildeten Fachrichtern, die diese Peinlichkeiten verhindern (und unser völlig überladenes System entlasten)?
Ach was, CC ist langweilig. Selbst Lizenztexte zu schreiben ist doch viel interessanter!
So eine Lizenzänderung ist im Grunde ja kein Problem, einfach alle neuen Bilder unter der neuen, die alten konvertierbar per Button. Oder einfach, indem alle Nutzer in ihr Profil schreiben „Ich erlaube auch CC-by-sa“ ;)
Aus meiner Sicht wäre es denkbar einfach die Nutzer in die pflicht zu nehmen. Sollen die doch selbst die Copyrights in die Bilder einbauen – dann sieht es optisch so aus, wie sie das gerne haben wollen und die, die Bilder herunter laden können die Bilder wesentlich einfacher verwenden. Aber dann würden die Möchtegernfotografen die gezielt nach Bildern suchen, die nicht korrekt ausgezeichnet wurden, ihre 2000 und mehr uploads wahrscheinlich aus pixelio entfernen…