Heute fand in Karlsruhe die feierliche Ankündigung des „Smart Data Innovation Lab“ statt. Im Rahmen des Projektes wollen Wissenschaft und Unternehmen gemeinsam „Spitzenforschung im Bereich Big Data“ schaffen. „Neueste Forschungserkenntnisse“ sollen „effizient an die Industrie weitergegeben werden und zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen für europäische Unternehmen beitragen.“, heißt es. Interessant wird es bei der Finanzierung. Ihre „Wettbewerbsvorteile“ finanziert die Wirtschaft nicht etwa komplett selbst, sondern nur einen „wesentlichen Beitrag“.
Die Finanzierung für das Zentrum sei noch nicht endgültig vereinbart und werde sich im Rahmen von einigen Millionen Euro bewegen, sagte Ministerialdirektor Wolf-Dieter Lukas vom Bundesforschungsministerium. Der wesentliche Beitrag werde von der Wirtschaft geleistet.
Dabei kann sich die Liste der Partner aus der Wirtschaft sehen lassen: Volkswagen, Bosch, BASF, Bayer, SAP – um nur einige der großen Namen zu nennen. Hier ist keine StartUp-Förderung aus öffentlichen Mitteln mehr nötig, wenn ihr mich fragt. Die ganze Sache wäre eigentlich nicht der Rede wert, wenn nicht:
1. …die „Stiftung Datenschutz“ eine politisch gewollte Totgeburt wäre, die nach einem Jahr chronischer Unterfinanzierung nun in die Stiftung Warentest „integriert“ werden soll (Koalitionsvertrag, S. 125).
2. …gesellschaftswissenschaftliche Grundlagenforschung zur Digitalisierung (und damit auch zu „Big Data“) in Deutschland kaum vorhanden, weil unterfinanziert wäre (vgl. die Debatte um die Finanzierung des Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft).
3. …die Bundesregierung bei der europäischen Datenschutzreform bremsen würde. Vielleicht ändert sich das ja unter dem neuen Innenminister.
Jeder öffentliche Cent, der im „Smart Data Innovation Lab“ steckt, ist einer zu viel und ein Beweis für falsche Prioritätensetzung.
Update: Auf Nachfrage beim zuständigen Pressekontakt teilte man mir mit, dass in diesem Jahr zunächst der finanzielle Bedarf ermittelt werde, um dann zu entscheiden, welche Partner, welche Anteile tragen. Wo genau die vom Vertreter des Bundesforschungsministerium angedeuteten Mittel herkommen, die nicht aus der Wirtschaft stammen, sei noch nicht klar. Es könnte sich dabei sowohl um Landes- als auch um Bundesmittel halten. Ziel sei es allerdings, dass das Projekt später ohne öffentliche Mittel auskomme.
Das bedeutet noch mehr Überwachung, diesmal auf europäischer Ebene, finanziert mit unseren Steuergeldern…:-(
Das ist ein nationales Projekt. Ich würde nicht behaupten, dass das generell „Überwachungsprojekte“ sind. Der Projektbereich „Industrie 4.0“ klingt für mich nach Maschinenbau und bei Energie, Smart Cities und Medizin muss man schauen. Laut Website will man sich an deutsches Datenschutzrecht halten. Problem ist eher, wie in Deutschland Prioritäten bei der IT-Strategie gesetzt werden. Niemand würde sich beschweren, wenn man in den anderen angedeuteten Bereichen auch so hinterher wäre.
Ich schlage einen Arbeitskreis „Verbot der Speicherung und Auswertung von Daten Dritter im Internet“ vor. Dann erledigt sich das Thema Big Data von selbst
Die Punkte 1-3 sind in gewisser Weise Projekte bei denen eine Art „Technik- und Forschungsfolgenabschätzung“ stattfindet, die leider auch wenn man bei 1-3 „mehr hinterher“ wäre nicht unbedingt ausreichen, dh.
ich vermute mal, dass bei den anvisierten Big Data Projekten sicher auch noch andere Bereiche, als Datenschutz und Digitalisierungsfragen dabei sind, die problematisch werden können, wie zb manche medizinische Projekte.
So ist stellt sich zb die Frage in wieweit „Forschung und Wirtschaft im Schulterschluss“ (von der Smart Data Innovation Lab Webseite) beim Monitoring von Gesundheitsdaten ohne Interessenskonflikte stattfinden kann.
Wie sehr Firmen bereit (und in der Lage) sind für unvorhergesehene gesundheitliche und andere Folgen einzustehen und diesbezüglich Daten bereitzustellen sieht man ja zb an Tepco.