Online-WerbungDie EU muss Google aufspalten

Die EU-Kommission zwingt Google zunächst noch nicht dazu, Teile seines Werbegeschäfts zu verkaufen. Der Konzern muss zwar eine Strafe von 2,95 Milliarden Euro zahlen. Aber ob es zu einer Aufspaltung kommt, ist offen. Dabei kann nur sie die Interessenkonflikte Googles und seinen Machtmissbrauch dauerhaft beenden.

Zerbrochenes Handydisplay, darunter ist ein Google-Logo zu sehen.
Zerschlagung wäre eine Lösung (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / NurPhoto

Am Freitag hat die EU-Kommission verkündet, dass Google seine Marktmacht in der Online-Werbung missbraucht hat. Dafür muss der Tech-Konzern 2,95 Milliarden Euro Strafe zahlen. Google muss zudem innerhalb von 60 Tagen Abhilfemaßnahmen vorlegen, die seine Interessenkonflikte in der Online-Werbung beenden.

Diese Entscheidung vertagt leider die nötigen Maßnahmen, um die Monopolmacht von Google zu brechen. Sie lässt zugleich die Tür zu einer Aufspaltung weiter offen. Die Debatte wird sich zuspitzen – umso wichtiger ist es, den Druck auf die EU-Kommission aufrechtzuerhalten. Denn nur eine Aufspaltung von Google löst die Probleme dauerhaft.

Google nutzt seine Macht zulasten der Medien

Der Kern des Problems ist Googles Dominanz bei der Vermarktung von Anzeigeflächen. Ruft man eine Webseite auf, laufen im Hintergrund in Sekundenbruchteilen Auktionen ab. Ihr Ausgang entscheidet, welche Anzeigen wir auf dieser Seite angezeigt bekommen. Google dominiert beide Seiten dieses Auktionsprozesses: Es betreibt den größten Server, über den die Verleger ihre Anzeigenflächen anbieten. Es ist zugleich bei den Diensten marktbeherrschend, mit denen Werbetreibende ihre Online-Anzeigenkampagnen steuern. Google betreibt zudem mit AdX den größten Auktionsserver auf dem Markt. Google hat diese Marktmacht jahrelang missbraucht und damit Medien, Anzeigenkunden und Wettbewerber geschädigt.

Das sieht auch die EU-Kommission in ihrer Entscheidung so. Google habe den eigenen Auktionsserver AdX bevorzugt, damit seine Stellung gestärkt und hohe Gebühren verlangen können. Diese Bewertung ist ein wichtiger Schritt, um die Monopolmacht des Tech-Konzerns zu begrenzen. Googles Fehlverhalten ist gut belegt und auch in den USA durch ein Gericht bestätigt. Das ist nicht nur ein wirtschaftliches Problem, denn Googles Monopolstellung reduziert die Anzeigenerlöse der Medien und schwächt damit den Journalismus und letztlich die Demokratie.

Uns fehlen dieses Jahr noch 303.302 Euro.

Geldstrafen wirken nicht – nur Aufspaltung hilft

Die EU verhängt deshalb eine Milliardenstrafe. Sie legt sich aber nicht fest, wie der Machtmissbrauch und die Interessenkonflikte dauerhaft beendet werden sollen. Diese Entscheidung reicht nicht aus und kann nur der erste Schritt sein. Auch wenn Trump sich aufregt und mit Gegenmaßnahmen droht: Geldstrafen bewirken angesichts der gewaltigen Monopolgewinne von Google wenig. Im ersten Quartal 2025 steigerte Googles Mutterkonzern Alphabet seinen Umsatz auf 90,23 Milliarden US-Dollar, der Gewinn lag allein in diesen drei Monaten bei 34,54 Milliarden Dollar.

Verhaltensauflagen für den Konzern wären nur schwer kontrollierbar, Google könnte sie immer wieder durch neue unfaire Praktiken umgehen. Die EU-Kommission muss deshalb eine Aufspaltung weiter verfolgen, statt sich auf Googles Vorschläge und Wohlverhalten zu verlassen. Die EU-Kommission hatte in ihrer vorläufigen Analyse des Falls im Juni 2023 selbst gesehen, dass nur ein Verkauf von Teilen des Werbegeschäfts die Interessenkonflikte Googles beenden kann. Darauf verweist die Kommission auch in ihrer jetzigen Pressemitteilung. Das ist ein Lichtblick.

Die Machtstellung Googles auf mehreren Marktseiten führt unweigerlich zu Interessenskonflikten und öffnet dem Machtmissbrauch Tür und Tor. Nur durch eine Aufspaltung lässt sich dauerhaft sicherstellen, dass Google seine eigenen Werbedienste nicht bevorzugt und andere Marktteilnehmer nicht behindert. Die EU-Kommission muss den politischen Mut dafür aufbringen, um die Demokratie und die digitale Souveränität der EU zu schützen. Wir brauchen eine Wettbewerbspolitik, die die übermäßige Machtkonzentration in der digitalen Wirtschaft endlich auf struktureller Ebene angeht.

Ulrich Müller ist Mitgründer und Vorstand von Rebalance Now. Die Organisation tritt dafür ein, die Monopolisierung der Wirtschaft zurückzudrängen und die Macht großer Unternehmen zu beschränken. Das Ziel ist eine vielfältige und ausgewogene Wirtschaft.

Noch 303.302 Euro für digitale Freiheitsrechte.

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6 Ergänzungen

  1. Strategisch-hygienisch muss man aber schon umfassender drangehen. Es gibt da keinen Ausweg. Glaubensrichtung und Staat, Daten und Handel, ungefähr alles und Suchmaschinen, …

  2. Zur Artikel-Überschrift „Die EU muss Google aufspalten“

    Ohne Zweifel, Werbung ist eine Pest, und die Zerschlagung von Werbeunternehmen eine Befreiung. Und ja, Aktivismus gegen Werbung ist eine sehr gute Sache. Aber wie falsch dürfen Überschriften geraten?

    Die EU kann Gesetze erlassen, juristisch gegen Firmenniederlassungen vorgehen, Gerichte können Strafen verhängen und die wirtschaftliche Betätigung innerhalb ihres Gebiets untersagen, aber die EU kann keine Firmen aufspalten, die nicht EU-Recht unterliegen.

    Ich finde es abwegig, den Eindruck zu erwecken, EU-Institutionen könnten extraterritorial juristisch wirksam werden. US-Firmen unterliegen US-Recht, daher könnte allenfalls in den USA geklagt werden, mehr aber auch nicht. Ein derzeit übrigens ziemlich aussichtslosen Unterfangen, angesichts der offen gelebten Nähe zwischen der Trump-Administration und diversen Tech-Bros. Dem Wunsch, die mögen doch zusammen und sofort zur Hölle fahren, kommt man mit sachlich falschen Forderungen (EU soll „aufspalten“) keinen Millimeter näher.

    Wer hingegen dicke Bretter durchbohrt, möge doch lieber seine Energie darauf richten, wie auf operationaler Ebene schädlichen Konzernen das geschäftliche Betätigung innerhalb der EU beschränkt oder untersagt werden kann.

  3. Vor kurzem gelesen „Any sufficiently advanced business model is indistinguishable from organized crime.“ und ich kann nicht widersprechen.

    Als Internetopa wundert es mich ein bisschen, das nun alle plötzlich die Monopolstellung vom Google erkennen wollen, auch wenn das ~2010 schon erkennbar war (und früher genau betrachtet auch schon).

    1. Das Motto basiert wohl auf dem (einem SF-Autor zugesprochenem) in dem es um Technik vs. Magie geht. Und das ursprüngliche Motto von Google „Don’t be Evil“ habe ich schon nicht geglaubt als es noch NUR Google war. M.W. haben die ihre Seite IMMER mit Werbung finanziert, aber inzwischen nehmen sie damit offensichtlich mehr ein als je geplant (oder gut gewesen) wäre. Das ist ein Problem. Ich frage mich aber eher wie man die Zerschlagung eines US-Konzerns aus der EU heraus bewirken wollte – bei DEM Präsidenten! Sinnvoller wäre vielleicht ein EU-Ad-/Auktions-server den JEDER Nutzen MUSS der im EU raum werbung aus spielt. So auch google. Aber er darf denen nicht gehören. Eine Pflicht den in der EU zu nutzen ließe sich wohl auch leichter regeln – IN der EU! Damit wäre die Zerschlagung vom Tisch und das Problem doch gelöst. Oder bin ich zu naiv?

  4. Das Problem an sich ist nicht die Marktmacht von Google an sich, sondern der Werbemarkt. Bei mir ist die Werbung konsequent blockiert (PIhole und uBlock Origin). Wertvolle Seiten (im ppm Bereich) werden gerne mal honoriert. Abzocker mit Paywalls grundsätzlich ignoriert. Wenn ein nenneswerter Anteil der Nutzer das auch so machen würde, regelte der Markt das von alleine. Aber der Dummheit und Bequemlichkeit der Menschen ist keine Grenze gesetzt. Aber Google kanibalisiert sich durch seine KI Zusammenfassung bereits selbst. Seiten, die Adsense verwenden werden erst gar nicht mehr aufgerufen. Wenn es einen unaufhaltsamen Trend gibt dann ist das nicht KI, sondern Enshitification.

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