Man kann sie mit bloßem Auge nicht sehen, trotzdem ist ihre Nutzung genau reguliert: elektromagnetische Wellen für kabellose Kommunikation. Das betrifft etwa WLAN, Mobilfunk, Bluetooth, Rundfunk oder Radar. Damit sich die Technologien nicht in die Quere kommen, sind ihnen eigene Frequenzbereiche zugeteilt. Das heißt, sie funken mit verschiedenen Wellenlängen. Jetzt ringen Politik und Wirtschaft darum, wer einen bestimmten Frequenzbereich nutzen darf.
Dabei geht es um das obere 6-GHz-Frequenzband, konkret um den Bereich zwischen 6.425 und 7.125 MHz. Die Bundesregierung hält weiterhin daran fest, dieses Frequenzband gemeinsam durch „WLAN und Mobilfunk sowie durch die bestehenden Dienste“ nutzen zu lassen. Das geht aus einer Antwort des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) auf eine parlamentarische Frage der Linken-Abgeordneten Donata Vogtschmidt hervor.
Über diesen Bereich haben Fachleute unter anderem auf der Weltfunkkonferenz in Dubai im Jahr 2023 (WRC-23) diskutiert. Diese von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) veranstalteten Treffen koordinieren auf internationaler Ebene die Verteilung der knappen Ressource „Funkspektrum“. Eine abschließende Regelung des betroffenen Bereichs ging daraus indes nicht hervor. Es wurde lediglich festgeschrieben, dass sich das Frequenzband künftig für WLAN und Mobilfunk und, wie bisher, unter anderem für gewisse Satellitenfunkdienste nutzen lassen soll. Diese Position hatte auch die damals amtierende Ampelkoalition vertreten, die in Dubai an den Verhandlungen beteiligt war.
Lobbyschlacht um Frequenzband
Seitdem ist eine Lobbyschlacht rund um den Frequenzbereich ausgebrochen. Auf der einen Seite drängen Hardware-Hersteller darauf, den Bereich vollständig für WLAN freizugeben, etwa AVM oder Broadcom, sowie verhältnismäßig kleine Netzbetreiber und Interessenvertretungen wie das FTTH Council Europe. Die lizenzfreie Funktechnik eigne sich ideal dazu, um etwa billig hochleistungsfähige Anwendungen zu ermöglichen, schrieb ein breites Industriebündnis im Mai an die EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen.
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Auf der anderen Seite warnen vor allem große europäische Mobilfunkanbieter wie die Deutsche Telekom, Orange und Vodafone davor, dass eine geteilte Nutzung die Wirtschaftlichkeit des Mobilfunkausbaus gefährden würde und reklamieren ihrerseits den gesamten Bereich für sich. „Ohne uneingeschränkten Zugang zu den gesamten 700 MHz im oberen 6-GHz-Band für die Mobilfunkindustrie würde das Potenzial dieses Bandes für die europäische Gesellschaft verloren gehen“, appellierten sie im Oktober des Vorjahres und zuletzt im Mai an die EU.
Dort wird derzeit um Klärung gerungen. Zuständig ist die Radio Spectrum Policy Group (RSPG), in die auch Deutschland Vertreter:innen entsendet. Auf ein vollständiges Überlassen des Bandes für den Mobilfunk deutet vorerst nichts hin: So könnte dies beispielsweise satellitengestützte Messungen wie jenen der Meerestemperatur stören, schrieb die Arbeitsgruppe in ihrem letzten Bericht aus dem Juni. Entschieden ist jedoch noch nichts; bis Ende August läuft eine Konsultation rund um den begehrten Frequenzbereich.
Ansatz der Regierung berge „sozialen Sprengstoff“
Aus Sicht der Linken-Abgeordneten Vogtschmidt sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, das obere 6 GHz-Frequenzband für WLAN zu sichern. Selbst eine teilweise Nutzung dieser Frequenzen durch Mobilfunk sei „nicht nur technisch gesehen unsinnig, sondern es birgt sozialen Sprengstoff“, sagt Vogtschmidt gegenüber netzpolitik.org.
So wird der Löwenanteil des Datenverkehrs weiterhin über Festnetzanschlüsse und damit wohl auch zu einem guten Teil über WLAN abgewickelt, wie aus Berichten der Bundesnetzagentur hervorgeht. Solche Anschlüsse sind in aller Regel günstiger und leistungsfähiger als mobile Verbindungen. Doch derart kostengünstiger Datenverkehr für Verbraucher:innen, öffentliche Einrichtungen, für Bildung und Gesundheit sowie „die Wirksamkeit des Gigabit-Ausbaus an sich“ hänge unmittelbar davon ab, dass entsprechende Frequenzbänder für WLAN „großzügig bereitgestellt“ werden, so Vogtschmidt.
Statt den Mobilfunkern unter die Arme zu greifen, sollte die Bundesregierung lieber „zuverlässige Mobilfunkversorgung auch im ländlichen Raum“ priorisieren, auch mit Hilfe von nationalem Roaming. Für eine Flächenversorgung seien die fraglichen Frequenzbereiche ohnehin denkbar ungeeignet, weil die Reichweite und Gebäude-Durchdringung im oberen 6 GHz-Frequenzbereich besonders schlecht sei. „Funklöcher wird man so kaum stopfen können“, sagt Vogtschmidt.
Frage nach Lobby-Treffen unbeantwortet
Warum die Bundesregierung diese Strategie verfolgt, konnte oder wollte sie zumindest kurzfristig nicht beantworten. Eine zeitgleich, also Anfang Juli, ebenfalls an den parlamentarischen Staatssekretär Thomas Jarzombek (CDU) gestellte schriftliche Frage nach Kontakten mit Unternehmen, Verbänden oder anderen Interessenvertretern seit der Weltfunkkonferenz 2023 blieb unbeantwortet – „aufgrund des abgefragten Zeitraums von mehreren Jahren, des breiten Abfragekreises (…) sowie der erbetenen Detailtiefe“.
Tatsächlich hat die Regierung nur wenige Tage Zeit, sogenannte schriftliche Fragen zu beantworten, anders als etwa bei Kleinen oder Großen Anfragen. Deshalb werde Vogtschmidt weitere parlamentarische Anfragen nachlegen, um „Licht ins Dunkel“ zu bringen, kündigt die Abgeordnete an. Schließlich hatte der neu bestellte Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) vor seiner Zeit in der Politik unter anderem für die Mobilfunkanbieter T-Mobile und Vodafone gearbeitet.
Warum die Bundesregierung eine so „unplausible Strategie“ rund um das obere 6-GHz-Frequenzband verfolge, wisse Vogtschmidt nicht. Aber sie äußert eine Vermutung: „Die Kontakte Herrn Wildbergers in die Mobilfunkbranche dürften sich als hervorragend bezeichnen lassen.“ Jedenfalls sei die ausgebliebene Antwort „entlarvend“, sagt die Linken-Abgeordnete. „Anstatt Geheimniskrämerei muss Lobbyismus schonungslos transparent gemacht und eine unsoziale Digitalisierung verhindert werden.“

„Für eine Flächenversorgung seien die fraglichen Frequenzbereiche ohnehin denkbar ungeeignet, weil die Reichweite und Gebäude-Durchdringung im oberen 6 GHz-Frequenzbereich besonders schlecht sei. „Funklöcher wird man so kaum stopfen können“, sagt Vogtschmidt.“
Ähm, wo schreibt irgendjemand das die 6GHz zur Flächenversorgung gerechnet werden? Im GSMA Schreiben steht explizit, das für CA von 200MHz Blöcken kontinuierliches Spektrum benötigt wird und das gibts zZ nur in diesen ca 700MHz. (das ist für 6G Fälle mit >1GBit bis zur Teilnehmerin)
Und wo der soziale Sprengstoff ist, müsste ich auch noch erklärt bekommen.
Es geht darum, dass wir bei 5 G noch nicht ansatzweise bei einem flächendeckenden Ausbau sind, vor allem angesichts des fehlenden nat. Roamings. Daraus sollte die Prio liegen, nicht darauf, den Breitband-Festnetzausbau zu limitieren. In dem Datennutzung wesentlich erschwinglicher für Endkunden ist, daher sozial verträglicher. Zu den 200 MHz Blöcken: Eben, wenn überhaupt würde es nur Sinn machen, das gesamte obere 6 Ghz Frequenzband für Mobilfunk zu nutzen, eine Mischlösung wäre in jedem Fall nicht zielführend. Es gibt aber ganz andere Frequenzen, die für Mobilfunk genutzt werden könnten, wenn es mal tarsächlich einen Bedarf an 6G geben sollte. Frewuenzen bis 24Ghz und darüber hinaus wären für den 6G Standard ebenfalls Optionen. Da ist keine Tür zu für Mobilfunk.
Die Ausbauansprüche an 5G sind die bislang höchsten, die die Bundesnetzagentur vergeben hat, und komplette Flächendeckung wird man in DE nie vorschreiben (*). National Roaming ist keine technische, sondern eine Politische Maßnahme.
Und der Breitband-Festnetzausbau wird nicht dadurch beschränkt, das die Wifi Leute kein zusätzliches Spektrum bekommen – und auch die bisherige Lage eher so war, das „neues Spektrum“ sowohl-als-auch vergeben wurde (siehe 3.6 und 5GHz).
mm-Bänder (24 und 28GHz) sind seit 5G im Gespräch (und auch schon in Benutzung) aber da gilt dann wirklich: nur noch kleinzellige Netzwerke, während 300GHz sprechen).
(*) = es sei denn, man besinnt sich und macht eine Mobilfunkgrundversorgung, die nicht auf privaten Netzbetreibern basiert.
FYI
Gemäß § 90 TKG wurden bei der Erstellung des geänderten Frequenzplans die betroffenen Bundes- und Landesbehörden, die betroffenen Kreise und die Öffentlichkeit beteiligt, der Beirat der Bundesnetzagentur angehört sowie das Einvernehmen mit den zuständigen obersten Landes- und Bundesbehörden und dem Bundesministerium der Verteidigung hergestellt.
Die Gesamtkonzeption eines flexiblen Frequenzregulierungsregimes soll durch den Abbau von Beschränkungen den Zugang zu Frequenzen für neue Funktechnologien Innovationen fördern. Dies erfordert eine flexible Ausgestaltung der Widmungen von Frequenzen und der Festlegungen und Regelungen der Frequenznutzungsrechte, ohne zu enge dienstespezifische Besonderheiten. Des Weiteren sind die Handelbarkeit und die Übertragbarkeit von Frequenznutzungsrechten wesentliche Elemente einer flexiblen Frequenzregulierung. Auch die Fragen der Interferenz werden mit der zunehmenden Flexibilisierung des Frequenzregulierungsregimes immer schwieriger zu beurteilen sein. Hier wird es der Entwicklung von geeigneten Instrumenten zur Sicherstellung eines geordneten Mit- und Nebeneinanders von Frequenznutzungen bedürfen, ohne dabei die Effizienz der Nutzungen aus den Augen zu verlieren.
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FYI
Der Linken-Abgeordneten Vogtschmidt zur Lektüre empfohlen und nach der Sommerpause sind wir dann alle schlauer.
https://www.consilium.europa.eu/media/ny3j24sm/much-more-than-a-market-report-by-enrico-letta.pdf
The path toward a true European Single Market lies in evolution of the current regulatory model based on a relatively loose cooperation among national regulators towards a two layer approach with a EU level regulatory authority responsible to guarantee the coherence of rules in the Single Market including the rules on net neutrality and roaming and directly responsible for cross-border services such as core network services, business networks, and ground and submarine cables connecting more than one Country. Local issues such as domestic services, local networks and consumer protection should remain under the remit of independent national regulators.
This consolidation and harmonisation of regulatory practices would set the stage for several
key objectives: the guarantee of the highest quality and most accessible communication services throughout the EU, significant investment in all levels of communication infrastructure, and sustained support for innovation through investment in telecommunication research and development.
At the same time it maintains a strong local dimension guaranteeing that access to networks and services by citizens is protected at national level.
„Frequenzband künftig für WLAN und Mobilfunk und, wie bisher, unter anderem für gewisse Satellitenfunkdienste nutzen lassen soll“
> gewisse Satellitenfunkdienste
„Satellitensysteme werden bald alle Mobilfunklöcher der Erde stopfen“
„Technisch ist die Versorgung von Mobiltelefonen per Satellit seit Längerem möglich; je nach Konstruktion und Genehmigung der FCC verwenden niedrig fliegende Satelliten (Low-Earth Orbit, LEO) dafür ein normalerweise auf der Erde genutztes Funkband, sodass handelsübliche LTE- und 5G-Smartphones angebunden werden können. Die Satelliten vermitteln dabei zwischen Smartphones und Bodenstationen der Mobilfunknetzbetreiber.“
Neben GPS, Geolokalisierung durch Triangulation aus der Umlaufbahn, wird schon länger verübt.
So wie GPS, sollen in Zukunft IDs und Keys auch per Satteliten ausgeliefert werden.