Festnahmen und EinschüchterungenGeorgien geht immer repressiver gegen Demokratiebewegung vor

Die georgische Regierung attackiert die Oppositionsbewegung mit Festnahmen, Hausdurchsuchungen und Einschüchterung unabhängiger Medien. Seit mehr als zwei Monaten demonstrieren täglich Menschen gegen die immer autoritärere Regierung.

Menschen stehen maskierten Polizeiketten entgegen.
Tausende Menschen haben am Sonntag versucht, die Autobahn in Tiflis zu blockieren. Die Polizei ging brutal mit maskierten Einsatzkräften gegen sie vor. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / NurPhoto

In Georgien spitzt sich die Menschenrechtslage zu. Die umstrittene georgische Regierung, die im Oktober durch eine von Betrugsvorwürfen begleitete Wahl im Amt bestätigt wurde, fährt die Repression gegen die demokratische Oppositionsbewegung hoch. Unter anderem wurden gestern zwei bekannte Oppositionspolitiker bei Protesten festgenommen.

Am Sonntag, dem 67. Tag der Proteste, hatte die Opposition geplant, die Autobahn nach Tiflis zu blockieren. Die Regierung reagierte schon im Vorfeld mit einem Dekret, das eine Blockade von Autobahnen als kriminellen Akt einstuft, der mit bis zu vier Jahren Haft bestraft werden kann. In den Tagen vor Sonntag gab es dann Hausdurchsuchungen bei mutmaßlichen Organisator:innen und Oppositionsfiguren. Am Tag des Protests erwartete der Staat die Demonstrierenden mit einem massiven Aufgebot großteils maskierter Polizeikräfte.

Oppositionspolitiker festgenommen

Während der Demonstration gingen die Polizeikräfte vielfach gewalttätig gegen die Demonstrierenden vor. Im Laufe des Tages sollen laut dem Medium Civil.ge 31 Personen festgenommen worden sein. Unter den Festgenommenen ist der Vorsitzende der proeuropäischen liberalen Partei Achali, Nika Melia, der ehemalige Tifliser Bürgermeister Gigi Ugulawa sowie der ehemalige Präsident der georgischen Nationalbank, Giorgi Kadagidze. Festgenommene wurden während der Festnahme auch misshandelt, wie Videoaufnahmen zeigen. Vier der Festgenommenen mussten mit Verletzungen im Krankenhaus behandelt werden. Melia wurde laut Medienberichten später wieder freigelassen.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas verurteilte „das brutale Vorgehen gegen friedliche Demonstranten, Journalisten und Politiker“. Das sei inakzeptabel, so die frühere estnische Premierministerin. „Georgien bleibt hinter jeglichen Erwartungen an einen Beitrittskandidaten zurück. Die EU steht an der Seite der Menschen in Georgien in ihrem Kampf für Freiheit und Demokratie.“

Mit Wut, Tanz und Courage

Vermehrt Angriffe auf die Presse

Mitte Januar hatte georgische Polizei die Journalistin Mzia Amaglobeli auf einer Demonstration festgenommen. Die Gründerin und Geschäftsführerin der unabhängigen Publikationen Batumelebi und NetGazeti wurde wegen eines angeblichen Angriffs auf einen Polizeibeamten festgenommen, worauf eine Haftstrafe von bis zu sieben Jahren steht. Amaglobeli ist seit 23 Tagen im Hungerstreik aus Protest gegen ihre Inhaftierung. Mehr als ein Dutzend Botschaften fordern ihre Freilassung.

Auf den gestrigen Protesten am Sonntag verletzte die Polizei zudem einen Kameramann des Oppositionssenders TV Pirveli. Die Plattform Publika.ge berichtet zudem von weiteren Einschüchterungsversuchen gegen die Presse, so drohte die Polizei, dass sie einem Kameramann den Kopf brechen würde, wenn er weiter filme.

Das Oppositionsmedium Publika.ge ist zudem selbst in den Fokus von Repressionen geraten. Der Parlamentssprecher der Regierungspartei, Schalwa Papuaschwili, beschuldigte das Medium, rechtswidrige Aktivitäten zu fördern, weil es eine Erklärung von Organisator:innen eines für den 2. Februar geplanten Protests veröffentlicht hatte. Das Medium verurteilte die Erklärung von Papuaschwili als „Druck auf unsere redaktionelle Unabhängigkeit“, indem er Feindseligkeit und Gewalt gegen die Redaktion fördere. Gleichzeitig griff Papuaschwili die EU an, die das Medium finanziell fördert. Publika ist neben Netgazeti eines der wichtigen unabhängigen Online-Medien, die kontinuierlich über die Proteste berichten.

Seit mehr als zwei Monaten protestieren Menschen gegen die Regierung der Partei Georgischer Traum. Die russlandnahe Partei wird vom Oligarchen Bidsina Ivanishvili dominiert und hat bei den vergangenen, unter Fälschungsverdacht stehenden Parlamentswahlen eine absolute Mehrheit errungen. Die Demonstrierenden fordern Neuwahlen, die Freilassung der politischen Gefangenen und eine Rückkehr zum Beitrittskurs in die EU.

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