Kampf- und AufklärungsdrohnenBundeswehr beteiligt sich erstmals an internationalem Training

Soldat:innen aus vier NATO-Staaten haben mit der israelischen Luftwaffe den Einsatz von „Abwurfmunition im Realflug“ mit Drohnen geprobt. Ein deutsches Geschwader übernahm dafür die Aufklärung. Noch diesen Monat sollen alle von der Bundeswehr in Israel bestellten Drohnen ausgeliefert werden. Über die Bewaffnung entscheidet der neue Bundestag.

Das Bild zeigt eine Drohne, vor der sechs Soldat:innen mit verschränkten Armen und mit dem Rücken zur Kamera stehen.
Soldat:innen aus fünf Ländern posieren vor der „Hermes 450“. Auch das größere Nachfolgemodell sowie die „Heron TP“ waren bei der Übung eingesetzt. – Alle Rechte vorbehalten IDF

Bevor die deutsche Luftwaffe über Kampfdrohnen verfügen darf, braucht es einen entsprechenden Bundestagsbeschluss. Ihre in Israel georderten „Heron TP“ bleiben deshalb vorläufig unbewaffnet. Auch auf Trainings mit einer bewaffneten Ausführung der Langstreckendrohne – zur Verfügung gestellt etwa von den israelischen Ausbilder:innen – wollte die Bundeswehr bis zu einem positiven Votum der Abgeordneten verzichten. So versicherte es das Verteidigungsministerium in der Antwort auf frühere parlamentarische Anfragen.

Im Juli waren deutsche Pilot:innen aber an mindestens einem solchen Training auf einem israelischen Schießplatz mit einer unbewaffneten Drohne beteiligt. Unter dem Namen „Blue Guardian“ hatte die israelische Luftwaffe (IAF) erstmals eine zehntägige Drohnenübung auf der Basis Palmachim südlich von Tel Aviv ausgerichtet. Neben der Bundeswehr nahmen daran Einheiten aus den USA, Großbritannien, Frankreich und Italien teil. Alle vier Länder verfügen über Kampfdrohnen, beziehungsweise wollen diese wie im Falle Italiens zügig bewaffnen.

„Kampferprobtes“ Luftfahrzeug

Bei dem Manöver wurden zwei „Hermes 450“ der Firma Elbit aus Israel geflogen, davon eine durch das Taktische Luftwaffengeschwader „Immelmann“ aus Schleswig-Holstein. Diese Drohne übernahm den „Aufklärungsauftrag“ für den geprobten Kampfeinsatz, heißt es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage. Das Ziel wurde anschließend mit „Abwurfmunition im Realflug“ durch eine Kampfdrohne bombardiert. Wer diese gesteuert hat, bleibt offen.

Die in der Übung geflogene „Hermes 450“ ist seit über 20 Jahren im Einsatz der israelischen Luftwaffe und wird vom Hersteller als „kampferprobt“ vermarktet. Sie kann außerdem zur Aufklärung oder auch zum Abhören und Stören von Kommunikation eingesetzt werden. Die Drohne hat eine Flugdauer von 17 Stunden und eine maximale Flughöhe von rund 6.000 Metern.

Neben der „Hermes 450“ wurde auch das größere Modell „Hermes 900“ geflogen. Außerdem stellte die israelische Luftwaffe die von Israel Aerospace Industries (IAI) hergestellte „Heron TP“ zur Verfügung. Ebenfalls zum Einsatz kamen verschiedene Kampfflugzeuge und Hubschrauber.

80 Prozent aller Einsätze mit Drohnen

Das Ziel von Blue Guardian“ war die die Kooperation der ausländischen Drohnenpilot:innen mit anderen bemannten und unbemannten Flugzeugen der IAF. Israels Regierung will damit die Einbindung ihrer Einheiten in internationale Militärmissionen der NATO erleichtern.

Das bestätigt der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn, wonach die Verbesserung des Zusammenwirkens von Drohnen der beteiligten Luftwaffen in einem „multinationalen Umfeld“ trainiert worden sei. Die Übung wurde laut der Jerusalem Post von 20 Vertreter:innen aus anderen, ungenannten Ländern beobachtet.

Drohnen spielen dem Medienbericht zufolge eine immer größere Rolle in Israels Luftwaffe. Mindestens 80 Prozent aller Flüge entfielen auf die unbemannten Luftfahrzeuge. Wenige Wochen vor dem internationalen Training hat das israelische Militär in der mehrtägigen Operation „Guardian of the Walls“ in 643 Missionen Kampfdrohnen im Gazastreifen eingesetzt, die meisten Starts erfolgten von der Basis in Palmahim.

Ampelkoalition für Kampfdrohnen?

Laut dem deutschen Verteidigungsministerium prüft Israel die Fortführung der Übung als Serie. Schon nächstes Mal wäre es möglich, dass die Bundeswehr an „Blue Guardian“ mit eigenen Drohnen teilnimmt. Alle fünf für die Luftwaffe vorgesehenen „Heron TP“ sollen bis zum 30. Oktober einsatzbereit sein. Ebenfalls noch diesen Monat soll die israelische Verkehrszulassung der deutschen Luftfahrzeuge abgeschlossen sein.

Ihre Stationierung erfolgt auf dem nur 30 Kilometer von Parmachim entfernten Stützpunkt in Tel Nof. Im November beginnt dort die Ausbildung der Besatzungen, die israelische Luftwaffe hat hierfür unter der Bezeichnung „Roter Baron“ eine entsprechende Kooperation eingerichtet.

Je nach Ausgang der Koalitionsverhandlungen könnte der Bundestag auch bald die Bewaffnung der deutschen „Heron TP“ beschließen. Die meisten SPD-Abgeordneten der vergangenen Legislatur hatten sich trotz Widerstands der Parteibasis dafür ausgesprochen, ein gemeinsames „Ja“ mit CDU/CSU scheiterte auf den letzten Metern auch wegen Bedenken des Parteichefs Norbert Walter-Borjans. Die FDP hatte sich in den letzten Jahren mehrfach dafür ausgesprochen. Bei den Grünen bröckelt der langjährige Gegenwind, auf einem Online-Parteitag verfehlte ein Antrag für die Beschaffung von Kampfdrohnen zuletzt nur knapp eine Mehrheit.

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