Am Montag ist Irland dem Schengener Informationssystem (SIS II) beigetreten. Damit ist die Republik Teilnehmerin des größten und am meisten genutzten Informationssystems in Europa. Die Einrichtung des SIS II erfolgte 1995 unter anderem als Ausgleichsmaßnahme zum Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen. Ein weiterer Zweck des Systems ist die Verbesserung der „inneren Sicherheit“.
Im SIS II können die beteiligten Behörden Personen- und Sachfahndungen eintragen. Der weitaus größte Teil betrifft mit rund 87 Millionen Einträgen als verloren oder gestohlen gemeldete Fahrzeuge oder Dokumente. Mit Stand vom 1. Januar waren laut dem Bundesinnenministerium 933.061 Personen im SIS II ausgeschrieben. Nach dem Brexit wurden am 31. Dezember rund 37.000 von Großbritannien eingetragene Personen und 4,6 Millionen Objekte gelöscht.
Fahndungen nach „Drittausländern“ ausgeschlossen
Die im Rat der Europäischen Union zusammengeschlossenen Mitgliedstaaten hatten den irischen Beitritt bereits am 10. Dezember 2020 bekannt gegeben. Mit Irland nehmen 31 Länder am SIS II teil, darunter auch die Nicht-EU-Staaten Island, Norwegen, Liechtenstein und die Schweiz.
Irland ist kein Mitglied des gemeinsamen Schengen-Raums. Wie früher Großbritannien nimmt die Regierung gemäß dem Vertrag von Amsterdam nur an ausgewählten Schengen-Maßnahmen teil. Irische Behörden nutzen das System deshalb zu Zwecken der Strafverfolgung, aber nicht zur Migrationskontrolle.
Rund zwei Drittel der SIS-II-Personenfahndungen betreffen gemäß Artikel 24 des SIS II-Beschlusses allerdings „Drittausländer“, die zur Einreiseverweigerung oder Ausweisung ausgeschrieben sind. Diese Informationen können in Irland nicht abgerufen werden.
40.000 Europäische Haftbefehle
Alle anderen vier Fahndungskategorien darf Irland hingegen abfragen. An zweiter Stelle stehen im SIS II Ausschreibungen nach Artikel 36 zur Observation, Kontrolle oder „Ermittlungsanfrage“. Geraten die Betroffenen in eine Polizei- oder Grenzkontrolle, erfolgt eine Meldung an die ausschreibende Behörde zu Aufenthalt, Reiseroute, Verkehrsmittel und Mitreisenden. Im vergangenen Jahr landeten rund 145.000 Personen in der Kategorie. Diese Zahl steigt jährlich deutlich an, mit rund 98.000 stammen die meisten Einträge weiterhin aus Frankreich.
Möglich sind außerdem SIS-Fahndungen nach vermissten Personen (Artikel 32), zur Ladung als Beschuldigte oder ZeugInnen vor Gericht (Artikel 34) und zur Festnahme und Auslieferung (Artikel 26). Dort sind auch Europäische Haftbefehle gespeichert, mit etwas über 40.000 machen diese aber den geringsten Teil der Einträge aus.
Das SIS II enthält außerdem eine Fingerabdruckdatei mit rund 87.000 Einträgen. Gesichtsbilder und DNA-Daten können ebenfalls gespeichert, aber noch nicht durchsucht werden.
Nur noch 573 tägliche „Treffer“
Die zentrale Verwaltung des Gesamtystems obliegt seit 2013 der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen (eu-LISA). Die am SIS II angeschlossenen Polizeien müssen eine Zentralstelle (N.SIS) einrichten, in Irland liegt die Zuständigkeit dieses „SIRENE-Büros“ bei der Nationalpolizei Garda Síochána. Laut der Justizministerin Helen McEntee hat ihr Ministerium „seit 2016 darauf hingearbeitet“. Zeitraubend waren unter anderem Schulungen zur Nutzung des Systems.
Mit der Umsetzung von drei neuen EU-Verordnungen zum Rechtsrahmen des SIS II hat sich der Kreis der angeschlossenen Behörden zudem im vergangenen Jahr deutlich vergrößert. So können etwa Zulassungsstellen, Luftfahrtämter oder Botschaften Abfragen und teilweise auch Einträge vornehmen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden auch Waffen-, Einbürgerungs- und Justizbehörden in den SIS-Verbund aufgenommen.
2019 verzeichnete das SIS II noch 6,6 Milliarden Abfragen. Die jährlich zunehmende Zahl sank jedoch im vergangenen Jahr um 44 Prozent auf 3,7 Milliarden. Dies geht aus den Statistiken von eu-LISA hervor. Auch die Zahl der „Treffer“ hat sich mit 210.000 deutlich reduziert. Einen Grund für den Rückgang nennt die Agentur nicht. Allerdings wird das System hauptsächlich bei Kontrollen an Flughäfen und anderen Schengen-Außengrenzen genutzt. Mit der Corona-Pandemie ist die Mobilität in Europa drastisch gesunken, dies spiegelt sich jetzt laut eu-LISA in den SIS-Statistiken wider.
0 Ergänzungen
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.