Wo und wie gut ich auf das Internet zugreifen kann, ist schon länger eine grundlegende Frage der gesellschaftlichen Teilhabe. Heute erreichen lediglich knapp 13 Prozent der Nutzer:innen die Geschwindigkeit im Internet, die ihnen von ihren Festnetz- und Mobilfunkanbietern vertraglich maximal zugesichert wird. Gerade in ländlichen Gebieten reihen sich Funklöcher aneinander wie Schlaglöcher auf vernachlässigten Landstraßen. Die gestern zu Ende gegangene Frequenzversteigerung des neuen Mobilfunkstandards 5G wird an der schlechten und vergleichsweise teuren Internetversorgung in Deutschland zunächst wenig ändern.
Die Telekommunikationsunternehmen ließen sich die Frequenznutzungsrechte mehr als 6,5 Milliarden Euro kosten: Drillisch zahlte rund 1,1 Milliarden Euro, Telefónica Deutschland gab 1,4 Milliarden aus. Vodafone legte 1,9 Milliarden auf den Tisch und die Telekom zahlte mit 2,2 Milliarden Euro am Meisten. Mit Drillisch, der die Marke 1&1 betreibt, wird es damit einen neuen Netzbetreiber in Deutschland geben. Langfristig könnte das den Wettbewerb auf dem deutschen Mobilfunkmarkt verbessern, im besten Fall führt die Konkurrenz zu günstigeren Preisen und höheren Datenvolumina für Kund:innen.
Heutige Handys können kein 5G
Die Bundesregierung will den Erlös der Auktion für den Netzausbau nutzen. Das Geld soll zu 70 Prozent in ein umstrittenes Förderprogramm für den Breitbandausbau und zu 30 Prozent in den Digitalpakt für Schulen fließen.
Die Anbieter mussten für die Frequenzen nicht nur viel Geld bieten, sie bekamen auch Bedingungen von der Bundesnetzagentur gestellt: Bis Ende 2022 sollen 98 Prozent aller Haushalte auf mobiles Internet mit mindestens 100 Mbit/s zugreifen können. Das gleiche gilt für Gebiete rund um Autobahnen und Bahnstrecken mit mehr als 2.000 Fahrgästen pro Tag. Für Verbraucher:innen klingt das nach einer Win-Win-Situation: schnelleres Internet in mehr Regionen. Ganz so einfach ist es aber nicht.
Mit dem Bau der 5G-Netze soll erst 2020 und schrittweise begonnen werden. Für normale Nutzer:innen wird 5G ohnehin nicht von heute auf morgen verfügbar. Nur wenige aktuelle Smartphones sind überhaupt mit 5G kompatibel. Auch müssen erst die Basisstationen aufgestellt werden. Schließlich liegt der Großteil der heute bekannten Anwendungsfälle in der Industrie. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, sagte: „Es liegt nun in der Hand der Unternehmen, die Frequenzen zügig zu nutzen und die damit verknüpften Versorgungsauflagen zu erfüllen“.
Regulierer stellte schwache Auflagen
Nach der Auktion geht es in die nächste Runde der mitunter absurd anmutenden Schlammschlacht auf dem deutschen Mobilfunkmarkt. Der Vodafone-Deutschlandchef Hannes Amtesreiter forderte noch gestern, dass der Auktionserlös in Höhe von rund 6,5 Milliarden Euro vom Staat an die vier Unternehmen zurückgegeben werden soll. Das bedeutet, das Geld solle nicht in den Breitbandausbau und die digitale Ausstattung von Schulen gesteckt werden, sondern in den Mobilfunkausbau – und so über Förderprogramme wieder zurück an die Netzbetreiber.
Der Telefónica-Chef Markus Haas bezeichnete die Bedingungen, die die Bundesnetzagentur an die Frequenzvergabe knüpfte, als „Irrsinn der Infrastrukturförderung“. Die Unternehmen würden im Ausbau ihrer Mobilfunknetze gebremst. Die Klage des Unternehmens gegen die Bundesnetzagentur läuft trotz der beendeten Auktion weiter.
Den Ausbau haben sie allerdings selbst versäumt; dafür sollte die Verknüpfung der neuen 5G-Frequenzvergabe mit weiterem Netzausbau in anderen Frequenzbereichen Abhilfe schaffen. Die Versorgungsauflagen, die die Bundesnetzagentur stellte, gehen allerdings auch nicht besonders weit: Sie enthalten zum Beispiel keine Verpflichtung für einen wirklich flächendeckenden Ausbau. Selbst wenn 98 Prozent aller Haushalte versorgt werden, wird man in vielen ländlichen Gebieten weiterhin vergebens nach Empfangsbalken auf dem Display suchen. Außerdem fehlen Pflichten für nationales Roaming, das die Netzinfrastruktur für mehr Wettbewerber öffnen würde und sogar den Ausbau günstiger machen würde.
Würden die erfolgreichen vier Bieterunternehmen jetzt noch die Milliarden aus den Auktionen zurückerhalten, könnten sie damit ihre Marktstellung eher festigen und den Wettbewerb weiter auf wenige Anbieter begrenzen. Das hätte wohl weiterhin hohe Preise und mangelhafte Abdeckung für viele Nutzer:innen zur Folge.
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