ÜberwachungspaketAmpel will anlasslose Personenkontrollen und Durchsuchungen fast überall

Das „Sicherheitspaket“ der Ampel bringt nicht nur Verschärfungen für Geflüchtete und eine Ausweitung der biometrischen Überwachung. Wenig bekannt ist bislang der Ausbau von polizeilichen Kontrollbefugnissen im öffentlichen Raum: Sie kann in Zukunft an sehr vielen Orten Menschen ohne Verdacht anhalten, befragen, kontrollieren und durchsuchen.

Polizistin kontrolliert Frauen im Park
Wenn das Gesetz der Ampel durchkommt, stehen alle unter Generalverdacht und können ohne Anlass kontrolliert und durchsucht werden. (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Arnulf Hettrich

In Demokratien können Menschen ohne Verdacht nicht einfach so von der Polizei kontrolliert und durchsucht werden. Die Polizei braucht bisher dafür einen Anlass, sie muss also begründen, warum sie einen Menschen kontrolliert. Die Idee dahinter: Unbescholtene Menschen sollen nicht Ziel von Kontrollen werden, denn den Staat geht es nichts an, wer sich auf der Straße bewegt und was unbescholtene Menschen in ihren Taschen dabei haben.

Ausnahmen waren bisher nur Grenzgebiete des Landes, Teile der Verkehrsinfrastruktur wie Bahnhöfe oder besonders kriminalitätsbelastete Orte und Waffenverbotszonen. Dieses Prinzip will die Ampel-Regierung jetzt aufgeben und anlasslose Kontrollen fast überall erlauben. Vehikel für den Ausbau dieser „Schleierfahndung“ soll ein weitgehendes Messerverbot werden.

Kontrollen fast überall möglich

Im Überwachungspaket der Ampel werden die möglichen Kontrollorte quasi schrankenlos erweitert, wie die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) feststellt:

Erfasst sind zunächst sämtliche öffentliche Vergnügungen, Volksfeste, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkte und ähnliche öffentliche Veranstaltungen (§ 42 Abs. 1 WaffG) sowie sämtliche Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs (§ 42b WaffG-E), dazu – unter den Voraussetzungen des § 42 Abs. 5 und 6 WaffG-E – kriminalitätsbelastete Straßen, Wege und Plätze sowie – unabhängig von einer Kriminalitätsbelastung – bestimmte hochfrequentierte Straßen, Wege, Plätze, Gebäude, Flächen, Einkaufszentren sowie Jugend- und Bildungseinrichtungen.

Die Auswirkungen auf das Leben der Menschen sind massiv, sagt die GFF: „Es ist dadurch faktisch unmöglich, sich dem räumlichen Anwendungsbereich der Kontrollbefugnisse auf Dauer zu entziehen, ohne sich aus weiten Teilen des öffentlichen Lebens zurückzuziehen.“ Oder einfacher: Wer nicht kontrolliert werden will, kann eben nur noch zuhause bleiben.

Stigmatisierung und Beifang

Klar ist auch, dass eine solche Kontrollbefugnis nicht nur „Messer“ zu Tage fördern wird. Jede harmlose Kleinkonsumentin von Partydrogen auf dem Weg nach Hause vom Techno-Rave muss sich in Zukunft Sorgen machen als Messer-Beifang in den Fokus der Polizei zu geraten. Jeder Heimwerker mit einer Sprühdose in der Tasche wird zum möglichen Sprayer und muss sich unangenehme Fragen gefallen lassen. Und wer auf dem Weg auf eine Demonstration oder ein Fußballstadion ist, kann in Zukunft davon ausgehen, dass die Taschen durchsucht werden.

Aber es sind nicht nur Handwerker mit eventuell strafbaren Messern, denen Kontrollen zusetzen könnten. Es sind wir alle. Wer möchte schon seine privaten Handtascheninhalte durchforsten lassen, um sich Weinflaschen, Tampons, Sextoys, Bücher oder Unterwäsche von Polizist:innen befingern zu lassen. Niemand sollte sowas ohne Anlass erdulden müssen.

Racial Profiling

Es entsteht eine Welt, in der wir permanent Gefahr laufen, kontrolliert zu werden. Oder wie es die GFF sagt: Die Menschen „müssen stets davon ausgehen, jederzeit und überall innerhalb der oben genannten Orte anlasslos angehalten, befragt und durchsucht zu werden“.

Wer kontrolliert wird, entscheidet einzig und allein die Polizei. Und die hat erwiesenermaßen rassistische Muster bei solchen Kontrollen (Racial Profiling) oder „kennt“ auf Basis äußerlicher Vorurteile „ihre Pappenheimer“, weswegen bestimmte Gruppierungen der Gesellschaft häufiger als andere in Kontrollen geraten werden. Insgesamt geht die GFF hier von einem Einschüchterungseffekt für alle aus, aber auch insbesondere für Personen, die schon einmal negative Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben. Zudem gebe es eine „hohe Gefahr des gezielten Missbrauchs sowie des diskriminierenden Einsatzes der Kontrollbefugnisse“.

Erhebliche Grundrechtseingriffe

Eine Kontrolle in der Öffentlichkeit ist nicht nur ärgerlich, sondern stellt auch Passant:innen vor anderen bloß. Die GFF spricht hier von einem „hohen Stigmatisierungspotential“. Denn bereits durch die Auswahl einer Person bringe die Polizei zumindest nach außen zum Ausdruck, dass dieser Person in gesteigertem Maße zugetraut wird, gefährlich zu sein.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hält die Pläne der Ampel-Regierung daher für „unverhältnismäßig“, sie spricht von einem „Generalverdacht“ und „erheblichen Grundrechtseingriffen“.

Dass derartig absurde Polizeibefugnisse ausgerechnet von einer Regierungskoalition kommen, in der mit FDP und Grünen zwei selbsternannte Bürgerrechtsparteien vertreten sind und die sich einst als „Fortschrittskoalition“ feierte, verwundert dann doch: So einen Abbau demokratischer und freiheitlicher Errungenschaften hätte sich die Union vermutlich nicht getraut – und erst recht nicht in diesem Schweinsgalopp, mit der das Gesetzespaket durch den Bundestag getrieben wird.

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58 Ergänzungen

  1. Ich halte das für ein gesellschaftliches und politisches Desaster.
    Was ist der beste Weg, um das Gesetztespaket abzuwenden?
    Gibt es von NGOs zentral koordinierte Protestaktionen etc.?
    Wie ist die aktuelle Haltung in der Parteienlandschaft im Bundestag? Gibt es Parteien, die das Gesetz als maßlos übertrieben kritisieren?

      1. Und das steckt dahinter:

        Herzlich willkommen auf briefgenerator.de, dem Demokratie-Werkzeug des VDB (Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler e.V.)

  2. > ausgerechnet von einer Regierungskoalition kommen, in der mit FDP und Grünen zwei selbsternannte Bürgerrechtsparteien vertreten sind

    Vor langer langer Zeit standen Burkhard Hirsch, Gerhart Baum, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für Bürgerrechte ein. Das ist Vergangenheit, und da kam niemand mehr nach, der denen das Wasser hätte reichen können. Seither ist die FDP in die Ideologie des Neoliberalismus abgeglitten, wo das Mantra der Freiheit für hemmungslose Ausbeutung von Ressourcen gesungen wird, zum Wohle weniger. Diese libertäre Truppe will den Sozialstaat schleifen, und das hat nichts, absolut gar nichts mehr mit einer Bürgerrechtspartei zu tun.

    1. Die Einstellungen der etablierten Parteien ändert sich nun mal. Die Grünen z.B. standen mal für Frieden und gegen Waffenlieferungen und sogar Abschaffung der Bundeswehr. Und heute…

    2. Die letzte liberale Bürgerrechtspartei ist damit wohl die Piratenpartei, da die FDP ja jetzt auch den totalen Polizei und Überwachungsstaat will.

  3. Kann da nich gegen vorgegangen werden zb Verfassungsgericht, oder kann man die Unterstützer dh Politiker dafür anzeigen illegal bis verfassungsfeindlich zu agieren? Faser gehört eindeutig abgeschoben , oder in den knast …

    1. Wenn die Verfassungsgerichte erst Jahre nach Inkrafttreten verfassungswidriger Gesetze entscheiden, bleiben diese häufig weiterhin in Kraft, weil der Politik reichlich Zeit zur „Korrektur“ eingeräumt wird. Das ist von den Verantwortlichen natürlich eingeplant und wird mit dem üblichen “weiter so” offen ausgelebt.

      Aus diesem Teufelskreis kann unsere Zivilgesellschaft nur ausbrechen, indem den verantwortlichen Parteien konsequent die Stimme entzogen wird. Eine Wahl des kleinsten Übels ist kontraproduktiv.

      Vorsicht Verwechslungsgefahr: Bürgerrechte ≠ rechte Bürger.

      Der Bundestag führt eine Liste der für nichtig oder verfassungswidrig erklärten Bundesgesetze ab 1990: https://www.bundestag.de/resource/blob/274408/d4a4d2fd95c0384b1a491a62cbd17488/Kapitel_10_06_F__r_nichtig_oder_verfassungswidrig_erkl__rte_Bundesgesetze-pdf.pdf

      Die Anzahl der vom Bundesverfassungsgericht für nichtig oder verfassungswidrig erklärten Bundesgesetze von 1949 bis 2021:

      https://de.statista.com/statistik/daten/studie/420671/umfrage/anzahl-der-fuer-nichtig-oder-verfassungswidrig-erklaerte-bundesgesetze/

      Dazu kommen noch die für nichtig oder verfassungswidrig erklärten Gesetze der Bundesländer.

      1. Gibt es eine Liste der Gesetze, aus der hervorgeht, welche Gesetze wann als ganz/teilweise verfassungswidrig eingestuft wurden, und welche Partei/en diese wann fabriziert haben, bzw. im Parlament zugestimmt haben?

        Sollte doch in keinem Handbuch für „Ergänzer“ fehlen, oder?

          1. Das ist deine persönliche Wahrnehmung, oder du möchtest andere beeinflussen, dass sie das glauben sollen. Eine Liste mit zitierfähigen Angaben würde qualitativ anderen Ansprüchen genügen, und respektvoll jedem eigenes Denken ermöglichen.

    2. So ein Kommentar lässt einen auch fassungslos zurück! Wenn ein Gesetz verfassungswidrig ist wird schon eine im Bundestag vertretene Partei Verfassungsbeschwerde einreichen. Dass Politiker für solche Gesetze nicht persönlich haftbar sind sollte jedem klar sein, der den Gesetzgebungsprozess in unserer Demokratie auch nur ansatzweise verstanden hat. Die Forderung nach Ausweisung eines deutschen Staatsbürgers – das wäre eindeutig verfassungswidrig! Aber vielleicht gehörst du zu den Wutbürgern, denen Gesetze nur wichtig sind, solange das etwas drin steht, was ihnen passt?

      1. Verstehen, Level 2: Zynischer Kommentar, der in Gänze die Qualität der Gesetzgebung aus Sicht der Gebenden darstellt. Allerdings im Stile des Insgesichtreibens. Darstellung als Party mit minderjährigen Prostituierten. Vergleich zur stets vernachlässigten Grundrechtsfrage bei IT-Fragen inkl. Internet.

      2. „Zum Denken sei das eigene Gehirn empfohlen, soweit brauchbar und geeignet.“
        Eine kluge Message an die Politik, wie sie in diesem Comic dargestellt wird?

        1. > Eine kluge Message an die Politik, wie sie in diesem Comic dargestellt wird?

          Oh nein! Das wäre eine bedauerliche wie unverzeihliche Einschränkung.

  4. Ehrlicherweise hat die Polizei bereits jetzt die Befugnisse jede*n und überall zu kontrollieren: „verdächtige Verhaltensweise“, „anonymer Hinweis“, „Ähnlichkeit mit gesuchter Person“.

    Das Gesetzespaket ändert, was aus solchen Kontrollen rauskommt:
    wenn bisher drei bunte Pillen und ne Häkelnadel gefunden wurden, reichte das nicht, um Maxi Mustermensch und ihren Hippie-Strickclub als augeputschte Terrorgruppe zu framen.
    Wenn die Nadeln aber als Waffe klassifiziert werden können, lässt sich wegen Verdacht auf schwere Delikte ermitteln. Und mit selbstgeschaffenen neuen Kriminalstatistik-Verdachtsfällen lassen sich mehr Personalstellen,l
    sowie erweiterte Überwachungs-& Kotrollbedarfe begründen.

    Polizei-Lobbygruppen bauen mit diesen Gesetzen eine neue Existenzberechtigung nachdem klar wird, dass die Drogenkriminalität™ (dieses fiese mordsüchtig machende Marihuana) durch die Legalisierung absinkt.

    1. Es ist im höchsten Maße unerfreulich zu sehen wie eine bestehende Demokratische Gesellschaft mit einer Historie , wie der unseren, nunmehr von den selbsternannten Bürgerrechtsparteien im Sog der Rechtspopulisten mit marschieren. Ich bin nicht sicher ob die Eltern der Politiker wissen was ihre Kinder dort tun. Es wird Zeit für eine neue große Partei die wieder Sozialpolitik und Rechtsstaatlichkeit ohne Ausgrenzung wahrnimmt.
      Es ist im höchsten Maße beängstigend, in welche Richtung wir gesellschaftlich abgleiten .
      Wir haben das alles schon gehabt und es hat m. E. zu nichts gutem geführt. Ich habe gehofft das Glück inne zu haben in einem demokratischen Staat alt zu werden. Mit diesem Pfad ist ein Anfang für ein schnelles Ende abzusehen und es ist schmerzhaft die Argumentation „ Das konnten wir doch nicht absehen „ erneut als Entschuldigung für unser Fehlverhalten gelten zu lassen. Rechtsstaat sowie Demokratie sind immer schmerzhaft! Autokratie und Faschismus sind tödlich für viele viele viele anders denkende und agierende Menschen. Ziviler ungehorsam sollte nunmehr angedacht werden damit wir nicht als Schaafsherde enden.

  5. … und wenn man lange genug sucht, findet man mei jeder/m etwas verdächtigen.
    Die Parteien aus „der Mitte“ machen hier schon die Vorarbeit für die neuen Rechten…
    Gruselig, wie sich gerade die deutsche Geschichte zu wiederholen scheint…

  6. Diese Regierung, insbesondere dei Gruenen, sind bigotte, von kranker Ideologie zerfressene Phantasten, die neben einer unfassbaren Inkompetenz in jedem politisch relevanten Bereich nur noch von ihrer Missachtung einer freien, demokratischen. Gesllschaft uebertroffen werden. Kranke Phantasten. Diejenigen, die glauben zu wissen was das beste fuer alle ist, sind jene, die den groessten Schaden verursachen.
    Diesen totalitaeren Repressalien muss entgegen gesteuert werden!

    Wer organisiert Proteste? Demos? Petitionen?

    1. Systemanalyst sagt: Wer organisiert Proteste? Demos? Petitionen?

      Mit deinen Ansichten bist du bei Pegida, Querdenkern und Alternative für Dumme willkommen.

    2. Ich sehe mich als journalistin nicht mehr in der Lage hier in de weiter zu veröffentlichen weil man meine Existenz auf Spiel setzen will .
      Ich verliere mein Leben weil ich wahrheitsgemäß schreibe.

  7. Ein Radfahrer in kleinstädten oder e-Scooter Fahrer hat doch jetzt schon nichts zu lachen! Ab 20 Uhr wird jeder 3.kontrolliert, durchsucht und fragen gestellt, was denen bestimmt nichts angeht! Nach 21 Uhr jeder 2. und nach 22 Uhr fast jeder, der sich einer Kontrolle unterziehen muss! Und wehe man ist vorbestraft, dann werden es gar unangenehme Kontrollen, wo man auch mal Unterhose runtergehen muss an Ort und Stelle! Radfahrer scheinen die grossen dealer zu sein! 4 mal in der Woche straff kontrolliert, einmal vor Arbeitskollegen blossgestellt! Für mich überschreiten polizeikräfte schon lange die Linie! Es ist ein machtmissbrauch, wenn mich, ich bin 54 j, 3 mal in der Woche ein 25 j-er,, grad von polizeischule gekommen, bis auf äußerste kontrolliert und fragt, wohin mein Weg geht? Oder mittlerweile schon mit Vornamen angesprochen wird, aber trotzdem das x-te mal meinen Ausweis sehen will! Als wäre es nicht möglich aus Fehlern zu lernen oder sich der Gesellschaft unterzuordnen! Reiner machtmissbrauch, der jetzt noch rechtlich abgesichert wird! Hatten wir im Osten schon mal, die volle Kontrolle seiner Bürger! Alles kommt wieder…

    1. Eine Personenkontrolle wird akribisch dokumentiert. D.h. falls deine Geschichte nicht übertrieben oder weitgehend erfunden ist, kann nachgeprüft werden, ob es sich in deinem Fall um Schikane oder aufgrund deiner Polizeihistorie um begründete Kontrollen handelt. Beschwerden mit oder ohne Rechtsanwalt bringen Klarheit.

      Im Übrigen wird eine Episode nicht schon dadurch zur Wahrheit, wenn die Überschrift „Fakt x“ lautet.

  8. Paracetamol-Lösung: Es behandelt Symptome, nicht aber die Ursache. Wenn wir der Logik folgen, dass ein Verbot von Messern uns vor Gewalt schützt, müssten wir konsequenterweise auch Autos, LKWs, Chemikalien oder andere alltägliche Gegenstände verbieten, die ebenfalls für schlimme Taten missbraucht werden können.

    Die Realität ist jedoch, dass Menschen, die Böses im Sinn haben, immer einen Weg finden werden, um Schaden anzurichten. Ein Messerverbot allein löst nicht das eigentliche Problem – es verschafft lediglich das Gefühl, etwas getan zu haben. Wenn wir diesen Ansatz extrapolieren und versuchen, wirklich jede Gefahr auszuschließen, landen wir in einer Welt, die sich dem Antinatalismus annähert: einer radikalen Vision, in der das Leben selbst als Risiko gesehen wird und am Ende vielleicht nur Pflanzen übrigbleiben, da nur sie keine Gefahr darstellen.

    Statt immer mehr Verbote und Kontrollen zu fordern, sollten wir uns fragen, was die tieferliegenden Ursachen von Gewalt sind und wie wir eine Gesellschaft schaffen können, in der Menschen erst gar nicht das Bedürfnis haben, anderen zu schaden. Sicherheit entsteht nicht durch pauschale Verbote, sondern durch sozialen Zusammenhalt, Bildung und Prävention. Ein Messerverbot mag kurzfristig populär sein, doch langfristig ist es nicht mehr als ein Pflaster auf einer tiefen Wunde.

    1. > Ein Messerverbot allein löst nicht das eigentliche Problem – es verschafft lediglich das Gefühl, etwas getan zu haben.

      Nicht ganz. So ein Verbot, auch wenn es mangels Kontrollfähigkeiten in der Fläche faktisch nahezu wirkungslos bleibt, ist eine Rechtsgrundlage, die umfassende Personenkontrollen möglich macht. Es geht um Rechtsgestaltung, weniger um den Schutz der Menschen.

    2. Zusammenhalt, Bildung und Prävention. Wow. Also genau die Pfeiler, die durch jahrelange fehlgeleitete Asylpolitik zermürbt wurden. Jetzt frag ich mich natürlich, wie man in einem Land voller überbordender Parallelgesellschaften, Clankriminalität, nogo Areas und nicht integrationsfähiger bzw. williger Klientel und extremer kultureller Unterschiede einen Zusammenhalt erzeugen will? Wo soll die Bildung herkommen, wenn die Kette nur so stark wie das schwächste Glied ist und Kinder in den Schulklassen sitzen, die mangels Sprachkenntnissen nicht folgen können? Wie soll Prävention aussehen, wenn in den Köpfen der Menschen ganz andere Grundsätze und Sichtweisen vorherrschen, weil ihre Lebenswirklichkeit eine ganz andere ist? Vielleicht sehe ich ja zu schwarz. Aber vielleicht sind diejenigen, die von Zusammenhalt, Bildung und Prävention träumen, ja auch einfach nur extrem naiv. Das klappt nämlich seit Jahrzehnten nicht.

        1. „Schauen“ reicht nicht. Es müsste zu einem Verständnis kommen, und das erfordert ein Vorwissen darüber, was den Unterschied ausmacht zwischen einer polizeilichen Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistik. Damit haben aber gelegentlich auch Journalist:innen ihre Mühe. Ein guter und aufklärerischer Artikel darüber könnte ein Beitrag zur Erwachsenenbildung sein.

    3. Mich würde ja mal interessieren, was alle die nun so sehr gegen ein Messerverbot schreien sagen würden, wenn das Gesetz in die andere Richtung kippen würde und Schusswaffen zb frei getragen werden dürften? Weil wenn man es mal auf die Spitze treibt passieren nunmal mehr bewusste Angriffe mit Messern als mit Schusswaffen. Und bei keiner Vorlage eine potentiellen Messer Verbots geht es ja tatsächlich darum dass der Transport von Messern von Punkt A nach B verboten wäre sondern das Mitführen ohne plausiblen Grund. Weil sollte ein legitimer Grund zum Mitführen eines Messers bestehen gibt es auch heute schon bei mehr als 30 cm langen Messern kein Problem (Bekannter ist freischaffender Koch und hat bei Hausbesuchen seine Messer dabei und wurde schon öfter kontrolliert ohne Probleme). Für mich schränkt das Verbot Messer mitzuführen meine Freiheit jedenfalls nicht ein. Und dieser ganze man muss die Ursache verändern Ansatz klingt in der Theorie schön nützt aber allein konkret und akkut meist wenig. Da gilt das eine tun ohne das andere zu lassen. Und ja auch das lernen, dass es hier nicht normal ist ein Messer mit sich zu führen ist Teil der Integration.

      1. Es geht in der Kritik ja nicht darum, dass Messer verboten sind, sondern dass durch das Gesetz eine Kontrollbefugnis für die Polizei fast überall entsteht.

        1. Komisch das jenes bei mir angemahnt wird jedoch sämtlich post davor von dem ach so bösen Messerverbot schrieben, ohne das es angemahnt wurde. Entweder man kommentiert das bei jedem oder man lässt auch unangenehme Meinungen durch. Allein in den Kommentaren hier undauch in dem auf den sich meine Ergänzung bezog wurde das Verbot Thematisiert.
          Anonymous sagt:
          24. September 2024 um 11:27 Uhr

          > Ein Messerverbot allein löst nicht das eigentliche Problem – es verschafft lediglich das Gefühl, etwas getan zu haben.

          Nicht ganz. So ein Verbot, auch wenn es mangels Kontrollfähigkeiten in der Fläche faktisch nahezu wirkungslos bleibt, ist eine Rechtsgrundlage, die umfassende Personenkontrollen möglich macht. Es geht um Rechtsgestaltung, weniger um den Schutz der Menschen.

          1. „Rechtsgestaltung“
            Ja, dann macht halt einen Stasiparagraphen, wenn das Messerverbot unsinnig ist?
            Ach richtig, der kommt ja gerade nachgeschoben. Scheiß auf Messer!

          2. Die umfassenden Möglichkeiten bzgl. aller Bürger werden hier allerdings auch in den Fokus der Kritik gestellt. Sollte man das beim Kommentieren im Sinn haben?

  9. Ich bin dankbar, dass in meinem Bundesland nicht gerade gewählt wurde. Ich hätte zu Hause bleiben, oder meine Stimme für eine Spasspartei wie die PARTEI verbrennen müssen. Die Ampelparteien machen sich mit dieser Politik für einen Demokraten unwählbar. Woidke hätte meine Stimme nicht bekommen. Die C-Parteien haben sich mit Schäuble, Layen, Friedrich, Uhl, … etc. schon längst als autoritär, wenn nicht als Faschisten erwiesen, das aktuelle Personal isr keinen Deut besser. Man könnte genauso gut die AFD wählen. das ist ein absolutes Armutszeugnis.

    1. Die Politik, und damit weite Teile von Staat und Gesellschaft, werden aber nunmal von den Leuten bestimmt, die sich zur Wahl stellen, zur Wahl gehen, oder massiv Druck ausüben.

      Eine Million friedlicher Demonstranten sind kein massiver Druck, das hat die Politik gelernt.

      Was massiver Druck ist, hat man zB 1989 sehen können.

      1. Tja, FFF waren viele, oft, nett, ordentlich, wenig störend und leicht ignorierbar. Logistisch für den Staat weniger aufwendig als der Bundesligabetrieb.

        Das hat viel Zustimmung gebracht, und das ist wichtig. Aber nur mit Zustimmung passiert nichts.

  10. Dieses Monster hat sich die Gesellschaft selbst erschafft . Die Politik schaut weg und hinkt meistens nur hilflos hinterher. Das System Freiheit für jeden Idioten funktioniert nicht. Freiheit gibt’s nun mal nur durch Sicherheit. Und da die Gewaltbereitschaft erheblich zugenommen hat, muss anderseits die Sicherheit entsprechend angepasst werden. Da lass ich mich lieber mal gelegentlich kontrollieren als Opfer eines Gewalt Deliktes zu werden.

      1. Inklusive aller Ärzte im Dienst, Notfälle jeglicher Sorte etc. p.p., denn die Systeme können nicht „Hingucken und Lesen“. Wäre erst dann Dealfähig, wenn das danach dann leichtgewichtig und unkompliziert funktioniert.

  11. Wir/ihr haben/habt es wie immer in der Hand.

    Mobilisiert die Massen. Klärt im Bekanntenkreis auf.

    Wenn „nur“ 10% auf die Straße gehen sind es 8 Millionen. Schon das wirkt deutlich. Ganz sicher.

    1. Die müssten schon jede Woche auf die Straße, und dabei relevant Dinge zum Erliegen bringen und Politikern unangenehm werden.

      Einmal ist keinmal, das hat die Politik gelernt.

  12. Was sind das denn eigentlich, diese „anlasslosen Personenkontrollen“ und warum brauchen wir sie angeblich so dringend? https://www.klugo.de/blog/rechte-bei-der-personenkontrolle
    Daraus:

    – Eine Personenkontrolle dient der Identitätsfeststellung bei Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgungsmaßnahme.

    – Auffälliges Verhalten ist beispielsweise ein legitimer Grund für eine Personenkontrolle.

    – Eine verdachtsunabhängige bzw. grundlose Personenkontrolle darf nur zur Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung durchgeführt werden.

    Äh. Wieviel anlaßloser dürfte es denn eigentlich noch sein? Will man vielleicht ein bisserl frei Schnauze diskriminieren, weil irgendwer eine Flecktarn- oder BW-Moleskinhose und kurze Haare hat? Oder das Gegenteil, der kiffende Hippie, der barttragende Bombenaraber?

    Aus dem Fall mit dem Irren, der in München vor dem NS-Dokumentationszentrums und dem Israelischen Generalkonsulat mit einem Militärkarabiner herumgeballert hat, wird wieder mal klar ersichtlich, was hilft und was nicht. Der wurde NICHT von Vorratsdatenspeicherung, Personen- oder Chatkontrollen aufgehalten, von Europol-Datenabgleich, Kameras oder Kriminal-KI. Sondern von Polizeibeamten AM TATORT.

    Vermutlich weil Zeugen sie alarmiert hatten. Soweit kam es, weil er schon anderswo auffällig wurde, ihn die Überwacher aber vergessen, aus den Augen verloren hatten. Wie der Täter vom Weihnachtsmarkt, Anis Amri.

    Behaltet das im Hinterkopf, wenn die Politik wieder mehr IT anschaffen will, anstatt mehr (hoffentlich kompetente) Polizisten. Und irgendwelche Gefährder mit Cyanoacrylat-Passivbewaffnung vorsichtshalber wegsperren, die vielleicht grübeln, was man gelegentlich Böses tun könnte.

    Ist also wie der Citycrashassistent gegen Smartphonesüchtige mit Aufmerksamkeitsdefizit oder Faesers Obstmesserverbot: Nutzloser technischer/legislativer Firlefanz zur Lösung sozialer Probleme.

    1. Das Kalkül beim Herstellen von Sicherheit ist natürlich eher so:
      – Personenkontrollen erlauben in der Theorie einen Angreifer vor dem Angriff anzuhalten. Wenn es dazu keine Handhabe gibt, können wir die Leute nicht rausfischen.
      – Gerade bei Terror sind es meißtens nicht alte weiße Männer, um es mal mit einem Stereotyp zu sagen.
      – Die meißten Kindes,- ach nee, Messersachen passieren in der Familie. Hier ist unklar, wie das zu reduzieren ist. Theoretisch könnte eine Springmesserverbot den hinterhalt erschweren. Spiegel und Zwangslicht in Korridoren aber z.B. auch. Zugangskontrolle zu Werkzeugraum und Küche. Nur authorisiertes Personal!

      Nee, also bei den meißten Sachen schreien alle Weisen zurecht: „Prävention und so!“
      Bei Terror bringt das eher mittelviel, obwohl auch dort in den letzten Lonewolffällen einige Prinzipien greifen:
      – Gewehre legal kaufen und in die Polizeistadt München mitnehmen.
      – Abgehängt sein. Integrations und Kulturfail. (Wir nehmen Flüchtlinge auf, wir müssen etwas über die Wissen, kulturell etc., zur Prävention und minimaler Eingliederung.)
      – Bereits ausgewiesen sein. (+abgehängt).
      – Eigentlich nicht eingewiesen sein. (+abgehängt).

      Will sagen, dass der nette und wohlintegrierte Student mit der Fluglizenz nicht so häufig vorkommt…

  13. Hab für Bürgerrechte, Umwelt und Sozialpolitik gewählt und autoritär bekommen.
    Es ist zum Heulen, was in den letzten 20 Jahren aus der Politik unseres Landes geworden ist.

    1. Teilnahme an Wahlen ist kein Wunschzettel, sondern ein Beitrag zur Legitimierung.
      Anstatt zu heulen frage dich, was du persönlich gegen Autoritarismus in deinem Umfeld tun kannst.

  14. In der Praxis hat die Polizei doch bereits zuvor kontrolliert, wen sie wollte. Das hat man dann geframed mit „Gefahr im Verzug“ oder sonstigen herbeigezogenen Argumenten. Die Polizei macht schon seit langem, was sie will und deckt sich gegenseitig, sollte doch mal jemand juristisch dagegen vorgehen.
    Also: rechtlich jetzt gedeckt, aber in der Praxis bereits lange gang und gäbe.

    1. Das spricht aber nicht für eine Ausweitung: Wenn die Polizei heute schon ihre Befugnisse weiter auslegt als rechtlich eigentlich vorgesehen, dann könnte sie es ja bei einer Ausweitung der Befugnisse noch weiter tun, oder?

Wir freuen uns auf Deine Anmerkungen, Fragen, Korrekturen und inhaltlichen Ergänzungen zum Artikel. Bitte keine reinen Meinungsbeiträge! Unsere Regeln zur Veröffentlichung von Ergänzungen findest Du unter netzpolitik.org/kommentare. Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.