Heute hat eine Anwohnerin Klage gegen die Videoüberwachung im Kölner Stadtbezirk Kalk und im Stadtteil Humboldt-Gremberg eingereicht. Unterstützt wird sie dabei von der Initiative „Kameras Stoppen“.
Die Initiative hat ebenfalls heute zu einer Protestkundgebung aufgerufen. Sie wehrt sich seit Jahren gegen die Ausweitung der Kameraüberwachung in der Domstadt am Rhein.
Mit der heutigen Klage liegen dem Verwaltungsgericht Köln laut Pressemitteilung der Kampagne nun insgesamt sieben Klagen vor. Die anderen sechs Klagen beziehen sich auf die Bereiche rund um den Kölner Dom und Hauptbahnhof sowie die Kölner Ringe, den Breslauer Platz, den Ebertplatz, den Neumarkt und den Wiener Platz.
Diese sechs Klagen sind laut der Initiative bereits 2018 und 2019 eingereicht worden. Keine der Klagen sei bis heute in der Hauptsache verhandelt worden.
20 Hektar flächendeckend überwacht
In Köln-Kalk hatte die Polizei im März 2022 mehr als 25 Kameras in Betrieb genommen. Kalk ist mittlerweile ein angesagtes Stadtviertel, was zu Gentrifizierung und Verdrängung geführt hat.
Die Polizei begründet die Überwachung mit einem „Kriminalitätsschwerpunkt“. Die Initiative „Kameras Stoppen“ sprach damals gegenüber netzpolitik.org von sozialen Problemen, die im Viertel sichtbar seien und durch hohe Mieten verstärkt würden. Gegen diese Probleme würden Überwachungskameras und polizeiliche Repression nicht helfen.
„Kameras stoppen“ wirft der Polizei zudem vor, keine stichhaltigen Statistiken vorzulegen, die untermauern, dass die Überwachung erforderlich sei. Insgesamt überwacht die Polizei die Stadt mit 106 Kameras, auf die sie direkt und in Echtzeit Zugriff hat.
In Kalk und in Humboldt-Gremberg überwacht die Polizei laut „Kameras Stoppen“ etwa 20 Hektar des Stadtgebiets mit Kameras, die Aufnahmen werden für 14 Tage gespeichert. Teilweise sei die Kameradichte so hoch, dass Häuser von beiden Seiten überwacht würden. Für die Bewohner:innen gäbe es keine Chance, der Videoüberwachung auszuweichen, sobald sie aus dem Haus treten.
Obwohl noch keines der Verfahren in der Hauptsache entschieden wurde, hat es in Eilverfahren Fortschritte gegeben. So untersagte das Oberverwaltungsgericht Münster der Polizei im August 2021, mit Kameras das Innere von Privatwohnungen, Geschäften, Büros, Praxen und Kanzleien aufzuzeichnen. Aufnahmen von Fenstern und Türbereichen müssten verpixelt werden. Auch bei Demonstrationen gibt es Einschränkungen bei der Überwachung, um das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu schützen.
Ich hoffe mal, mit der erwirkten Verpixelung von Häusern ist eigentlich eine Schwärzung gemeint.
Und selbst das ist mit Blick auf den erzeugten Überwachungsdruck noch völlig unzureichend. Bei solchen Schwärzungen von Bildausschnitten kann außer dem Kamerabetreiber niemand kontrollieren, ob diese auch wirklich erfolgen. Akzeptabel wären in dieser Hinsicht einzig und allein passend ausgerichtete physikalische Blenden vor den Kameras. Nur dann könnten Anwohner aus ihrem Fenster Blicken und sagen, ich kann das Objektiv der Kamera nicht sehen, also kann diese auch nicht in meine Wohnung blicken.
Hat der Polizei auch schon mal jemand gesagt, dass das Frankfurter Bankenviertel ein Kriminalitätsschwerpunkt ist, vor allen Dingen, was die absolute Höhe der Einzelschäden anbetrifft? Da hätte man auch kein Problem mit Privatsphäre, denn Privaträume gibt es dort nicht.
Ich verstehe ja, dass es viel gefährlicher ist, sich gegen eine Schar Anwälte zu wehren, die bis an die Zähne mit Paragraphen, Verordnungen und guten Kontakten bewaffnet sind, als gegen Taschendiebe und Sprayer…
Das muss der Polizei niemand sagen, aber Wirtschaftskriminalität tritt nun mal nicht im öffentlichen Raum zu Tage. Auch ist es eher nicht so, dass Ermittlungsbehörden sich vor einer Ansammlung von Anwälten scheuen. Mangelndes Personal ist das Problem und auch die Menge an Akten, die bei solchen Verfahren zu bewältigen sind. Die Verfahrensdauer beansprucht Justizressourcen enorm. Recht kommt in diesem Bereich schwerlich zur Geltung, weil die Institutionen vorsätzlich schwach gehalten werden.
In Hessen wurden Betriebsprüfer, die ihre Arbeit machen wollten, auch schon mal amtsärztlich auf ihren Geisteszustand hin überprüft und zwangsverrentet.