GamingWarum Lootboxen in Deutschland (noch) kein Glückspiel sind

In Deutschland werden sogenannte Lootboxen in Videospielen nicht als Glücksspiel reguliert. Andere EU-Länder machen das anders. Auch die Gamingszene ist zunehmend genervt von den Mechanismen der Spieleindustrie.

Lootboxen Shop vom shooter game CSGO
Lootboxen Shop in CS:GO – Screenshot

Lootboxen sind in Deutschland gerade eines der kontroversesten Themen in der Gaming-Industrie. Es ist umstritten, ob es sich dabei um Glücksspiel handelt oder nicht.

Doch was sind diese Lootboxen überhaupt? Es handelt sich dabei um eine Art virtuelle Kiste. Diese Kisten enthalten meistens ästhetische Verbesserungen wie zum Beispiel Kleidungsstücke für Spielfiguren, sie können aber auch Inhalte enthalten, die einen im Spiel weiter bringen oder einen Vorteil verschaffen. Letztes nennt sich Pay-to-win-Prinzip, bei dem Menschen schneller gewinnen, die innerhalb des Spiels viel zahlen. Meistens können die Boxen mit einer Währung erworben werden, die nur im Spiel existiert. Diese Währung wiederum kann vorher mit echtem Geld gekauft werden.

Wonach entschieden wird, was in den Lootboxen eigentlich drin ist, ist hierbei das Problem. Bei einigen Games wissen die Käufer*innen der Lootbox nicht, was sie bekommen können. So ist es Glückssache, was man erhält – und ob es Dinge sind, die einen im Spiel weiter bringen können. FIFA, das Fußballsimulationsspiel vom Publisher Electronic Arts (EA) ist besonders bekannt für solche Lootboxen. Bei den Spielen, die das anwenden, ist eine Chance angegeben, den gewünschten Inhalt zu bekommen.

Lootboxen werden deshalb oft als virtuell simuliertes Glücksspiel bezeichnet. Doch offiziell werden sie in Deutschland nicht als Glücksspiel eingestuft, im Gegensatz zu einigen Nachbarländern. Belgien und die Niederlande haben Lootboxen einiger Spiele zu illegalem Glücksspiel erklärt und sie verboten.

In Österreich ist es gesetzlich nicht geregelt, doch gab es mehrere Gerichtsurteile, die das Lootbox-System klar als Glücksspiel einordnen. Demnach müssen die Publisher den Klägern jetzt Schadensersatz zahlen.

Lootboxen zu Geld machen

Verbraucherverbände und Fachleute warnen in Deutschland schon lange vor der Gefahr der Lootboxen. Sie verwiesen hier besonders auf den Schutz von Jugendlichen, da Lootboxen die Gefahr einer Sucht von Computer und Glücksspiel erhöhen können. So sagte der Drogenbeauftragte der Bundesregierung jüngst gegenüber der Tagesschau:

Lootboxen, die sind aus meiner Sicht nicht akzeptabel, dass sie in Kinder- und Jugendlichen-Spielen auftauchen und unkritisch Kinder und Jugendliche damit in Berührung kommen.

In Deutschland gelten Lootboxen nicht offiziell als Glücksspiel: Denn sie könnten im Gegensatz zu einem Roulette- oder Lottospiel den Spieler*innen am Ende keinen höheren Geldbetrag bringen. Die virtuellen Gegenstände oder Fähigkeiten können nicht ohne weiteres zurück in echtes Geld getauscht werden – zumindest in der Theorie.

Es gibt jedoch für viele Inhalte aus Lootboxen einen Schwarzmarkt im Netz, auf dem durchaus mehr als hundert Euro für Lootbox-Inhalte gezahlt werden. So betrachtet könnten Lootboxen durchaus als Glücksspiel gelten. Sogar als solches, das für Kinder zugänglich ist.

Publisher wie EA bestreiten das und bezeichnen die Lootboxen als eine Art Überraschung im Spiel. Auch bemühen sie sich in Bezug auf Deutschland sehr darum, dass die gesetzliche Lage so bleibt, wie sie gerade ist. Der Verband der Deutschen Games-Branche unterstützt das mit einem Positionspapier.  Deutschland ist in Europa eines der umsatzstärksten Länder für die Gaming-Industrie.

In Deutschland kaum reguliert

Es geht aber auch anders, denn einige Spiele-Publisher haben ihr Verfahren spätestens nach dem Verbot in Belgien umgestellt. Teils sieht man den genauen Inhalt der Lootbox schon vor dem Kauf, kann die Inhalte aus der Lootbox direkt kaufen, andere haben das Lootboxen-System ganz verbannt. Dass aber alle Publisher diesen Weg für ganz Europa ohne politischen Druck einschlagen, gilt als eher unwahrscheinlich.

Bis dahin müssen vor allem die Eltern die Verantwortung übernehmen, den Spielkonsum und den Gebrauch von Lootboxen ihrer Kinder zu beobachten und auf diesen einzuwirken. Das ist oft schwierig, wenn sie sich mit dem Thema und Handlungsmöglichkeiten kaum auskennen.

Neben Verbraucherschutz-Organisationen haben sich mittlerweile Grüne, SPD und die Union des Themas angenommen. Das erfährt auch Unterstützung aus der Gamingszene: Denn der Fokus der Publisher auf Gewinnoptimierung und das Pay-to-Win-Prinzip nehmen zunehmend auch vielen Gamer*innen den Spaß am Spiel.

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9 Ergänzungen

  1. Da man hier anders keine »Likes« hinterlassen kann, soll es hiermit geschehen. :-)

    PS: Eine Kleinigkeit bezgl. der Bildunterschrift. Müsste es nicht „Lootboxen: Shop in CS:GO“ oder „Lootboxen-Shop in CS:GO“ heißen?

      1. >> Hey, sie ist eine Azubine, sie kann das nicht wissen ^^

        Hey, sind Sie Gamer? Welche Bildung haben Sie genossen?
        Die Autorin hat eine Ausbildung zur Medieninformatikerin abgeschlossen. Und Sie?

  2. Man müsste mal bei Lobbycontrol recherchieren wer da wem wieviel gespendet hat.
    Oft findet sich dort die Ursache für die Verschleppung von Themen.

  3. Nicht nur ähniche „Geschäftsmodelle“, sondern auch das gesamte Glücksspiel, sowie dessen Bewerbung im ernsehen, Internet usw. müssen dringlichst komplett verboten werden.
    Denn hier werden (viel zu häufig nachgewiesen!) ganz klar menschliche Schwächen oder gar ernsthafte psychische Erkrankungen zum Zecke der Übervorteilung und vollkommenen Ausbeutung bis zum totalen Zusammebruch arglistig ausgenutzt. Die Folgen sind gravierend, nicht nur für Betroffene. Soll Deutschland ein Staat sabbernder, spielsüchtiger Idioten werden die ihre Nieren auf dem internationalen Schwarzmarkt feilbieten um noch eine Runde zocken zu können?
    Klar, nach Ansicht der Mehrheit der korrupten Politikerschaft ist dies sicher erstrebenswert .. nur nicht im Sinne des Volkes.

    1. Schwadronieren Sie hier über sabbernde, spielsüchtige Idioten, nur um im letzten Satz ihre Agitationsbotschaft loszuwerden? Korrupte „Politikerschaft“, und das „Volk“ nicht unerwähnt?

  4. Nur gut, dass ich in dieser Sache resistent bin.
    Ich habe bisher nur einmal etwas für Echtgeld gekauft und das waren zusätzliche Slots bei Path of Exile…also nix was mich weiterbringt oder mir einen Vorteil verschafft.
    Ich habe nicht vor, der Spieleindustrie mein Geld in deren Gierschlund zu werfen.

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