Amazon baut seinen Einfluss in der Europäischen Union massiv aus. Das ist das Ergebnis einer Recherche von LobbyControl, Corporate Europe Observatory und SOMO, einer niederländischen Nichtregierungsorganisation. Der Bericht der drei zivilgesellschaftlichen Organisationen zeigt, über welche Kanäle Amazon Lobbyarbeit macht – und beklagt mangelnde Transparenz.
Schaut man rein auf die Zahlen scheint der Einfluss von Amazon gar nicht so groß: Das Unternehmen hat 2022 zwischen 2,75 und drei Millionen Euro Lobby-Ausgaben im Transparenzregister der EU veranschlagt. Zum Vergleich: Apple hat sieben bis acht Millionen Euro gemeldet, Facebook-Mutter Meta sogar acht bis neun Millionen. Das „Big Tech“ insgesamt mehr Geld als früher für Lobbyismus bei der EU ausgibt, hatte LobbyControl bereits im September berichtet.
Bei LobbyControl wundert man sich über die Summe. Denn von den maximal drei Millionen Euro überwies Amazon 2022 etwa 77 Prozent an externe PR-Agenturen und Lobbyfirmen. Übrig blieben lediglich knapp 900.000 Euro, von denen Amazon alle anderen Lobby-Ausgaben für die EU, darunter elf Vollzeitstellen finanziert haben will. Auf eine konkrete Nachfrage zu der Summe hat Amazon laut LobbyControl nicht geantwortet.
Lobbyismus in Berlin und Paris
Der ausführliche Blick auf Bezos‘ Handelsimperium zeigt jedoch, dass die nackten Zahlen des EU-Transparenzregisters sowieso höchstens die halbe Wahrheit sind. Denn zum einen lobbyiert Amazon nicht nur in Brüssel, sondern auch bei den Regierungen der größten Mitgliedsstaaten. Laut LobbyControl hat das Unternehmen insgesamt 3,6 Millionen Euro für Lobbyismus in Deutschland (etwa 2,4 Millionen) und Frankreich (etwa 1,2 Millionen) ausgegeben.
Auch in anderen Mitgliedsstaaten ist Amazon aktiv. LobbyControl spricht von über 100 Treffen mit irischen Entscheidungsträger:innen seit 2017. Lobbyausgaben erfasse das irische Transparenzregister aber nicht. Der Lobbyismus in den Mitgliedsstaaten der EU ist nicht nur für nationale Plattformregeln oder kartellrechtliche Fragen relevant, sondern kann auch die EU-Ebene betreffen. Schließlich haben die nationalen Regierungen über den Ministerrat großes Mitspracherecht bei EU-Regeln.
Networking next level
Beim Lobbying ist Amazon dabei nicht auf sich alleine gestellt. Neben seinem eigenen Personal (umgerechnet elf Vollzeit-Stellen) vertraute Amazon im letzten Jahr auf die Unterstützung von 13 Lobbyfirmen. Auch über den direkten Lobbyismus hinaus habe Amazon sein Netzwerk ausgebaut. Während der Konzern 2021 nur Verbindungen zu zwei Denkfabriken in Brüssel gehabt habe, seien es mittlerweile 17 Stück, schreibt LobbyControl.
Die drei NGOs werfen Amazon vor, die Verbindung zu zwei der Denkfabriken nicht offengelegt zu haben. Sie haben deshalb eine Beschwerde beim Sekretariat des Transparenzregisters eingeleitet. „Amazon unterstützt zahlreiche Denkfabriken in Brüssel, teilweise, ohne dies offenzulegen. Teile dieser Denkfabriken verbreiten eine politische Agenda, die deutlich die Interessen von Big Tech spiegelt“, sagt Max Bank von LobbyControl zu netzpolitik.org. Zudem unterstütze der Konzern mehrere Verbände, die angeblich die Interessen von Startups vertreten, aber maßgeblich von Geldern großer Techkonzerne wie Apple, Amazon und Google abhängig sind.
Margarida Silva von SOMO kritisiert diese „massive und teilweise intransparente Lobbyarbeit“. Dies bedrohe den demokratischen Prozess. „Amazon muss dringend seinen Lobbyregistereintrag aktualisieren. Darüber hinaus sollten politische Entscheidungsträger die Stimmen schwacher Interessen wie kleiner und mittelständischer Unternehmen, Gewerkschaften und Verbraucherschützer proaktiv einholen, um einseitigem Lobbying entgegenzuarbeiten“, schreibt Silva.
TV-Spots gegen Image-Schaden
Die drei NGOs sehen in Amazons verstärkten Netzwerk-Aktivitäten die wachsende Sorge um das eigene Image. Dafür sprächen auch die Werbeausgaben des Konzerns. Amazon gab laut den drei NGOs im vergangenen Jahr über 19 Millionen Euro für einen TV-Spot aus. Amazon nehme enorm viel Geld in die Hand, um sein Image aufzupolieren, meint Bram Vranken von Corporate Europe Observatory. „Der Techkonzern hat aber zu Recht ein Imageproblem, sei es wegen schlechter Arbeitsbedingungen oder Steuertricks, und das versucht er mit Werbung zu verdecken.“
Max Bank sieht angesichts von Amazons Lobby-Bemühungen auch die Gesetzgeber:innen in Berlin und Brüssel gefordert: „Die Politik muss für Transparenz und Ausgewogenheit im laufenden Gesetzgebungsprozess sorgen.“ Digitalisierung müsse demokratisch gestaltet werden.
Und was sagt Amazon?
Gegenüber LobbyControl sagte ein Sprecher von Amazon allgemein: „Wir setzen uns für eine Reihe von Themen ein, die für unsere Kunden, Verkäufer und die verschiedenen Unternehmen, die wir betreiben, wichtig sind. Wir arbeiten mit Organisationen wie Handelsverbänden und Think Tanks zusammen und kommunizieren mit Beamten der EU-Institutionen. Wir aktualisieren regelmäßig unseren Eintrag im EU-Transparenzregister gemäß den Leitlinien.“
Das ist keine Kritik an dem Artikel selbst, aber ich verstehe ausreichend wenig um einpaar Offene Fragen zu haben:
Wenn ich das kurz zusammenfassen soll:
1) Amazon gib Geld an Mehr Denkfabriken als 2021
2) Amazon unterstützt „mehrere Verbände“
3) Macht Werbung für Image-aufpolierung
Soweit so gut. Auch das man sich da mehr Transparenz wünscht. Aber mein Verständnis zur Transparenz bezogen auf Lobbyismus ist, dass Lobbyismus spezifisch mit Geld das an Staatliche Institutionen zu tun hat. Sowohl „Denkfabriken“ als auch „mehrere Verbände“ klingt entweder gar nicht danach oder nur marginal nach staatlichen Institutionen. (Der Fakt dass ganz oben „NGO’s“ Steht bekräftig meine Vermutung das Amazon nicht wirklich was falsch macht mit den „verbänden“ und „Denkfabriken“)
Ich verstehe selbst nicht genug um auch nur waage sagen zu können welche Art von Einfluss Amazon ausbaut. Also für mich hätte der Artikel deutlich länger sein können, speziell wenn es darum geht was so eine Denkfabrik oder diese „Verbände“ machen. So klingt es für mich wie als würde Amazon Denkfabriken für neue Ideen bezahlen und einpaar Sportvereine sponsern. Und beides klingt nicht schlecht oder ungewünscht.
Zitat: „… Lobbyismus spezifisch mit Geld das an Staatliche Institutionen zu tun hat“. Bei Entscheidungsträgern hat diese Definition schon ein leichtes Geschmäckle Richtung Korruption, auch wenn gerade im universitären Bereich das Geld schon in Form z.B. von bezahlten Professuren fließt.
Lobbyismus ist gemäß Wikipedia die „Bezeichnung für Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft, bei der Interessengruppen („Lobbys“) – vor allem durch die Pflege persönlicher Verbindungen – versuchen, die Exekutive oder Legislative zu beeinflussen.“ Dabei ist es nun egal, ob die Lobbyisten direkt bei der Firma arbeitet, dessen Interessen vertreten werden sollen oder über Dritte.