#276 Off The RecordBeruf: Chatkontrolle

Kollege Markus Reuter packt aus: Wie ist es, zwei Jahre lang rauf und runter über ein Gesetzesvorhaben zu berichten, das viele betrifft, aber nur wenige so richtig aufregt?

Behörden könnten Nutzer:innen über die Schulter schauen, sollten die Pläne einer Chatkontrolle zur Realität werden. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Adem AY


Im Mai 2022 hat die EU-Kommission ein neues Gesetz vorgeschlagen: Um sexualisierte Gewalt gegen Kinder zu bekämpfen, will sie private Chats und Nachrichten scannen. Nicht etwa bei Verdächtigen, sondern ganz pauschal bei allen Menschen in der EU. Die so genannte Chatkontrolle. Seitdem hagelt es Kritik: Fachleute sprechen von einer „nie dagewesenen Überwachungsstruktur“ und einem „digitalen Angriff“ auf unsere Privatsphäre.

Seitdem hagelt es auch Berichte, zumindest bei netzpolitik.org. Wir haben über die Chatkontrolle im vergangenen Jahr so oft und viel berichtet wie vielleicht über kein anderes Gesetzesvorhaben. 151 Beiträge haben wir geschrieben, Hintergründe zur Lobbyarbeit von involvierten KI-Firmen recherchiert, interne Dokumente veröffentlicht. Ein ganzes Team von Kolleg:innen arbeitet zum Thema und beobachtet täglich, wie es mit dem Vorhaben weitergeht.

Bleibt die Frage: Warum beschäftigen wir uns so intensiv mit einem Gesetz, das ja bisher nicht mal verabschiedet wurde? Darüber spricht Chris in dieser Folge mit Markus Reuter.


In dieser Folge: Chris Köver, Markus Reuter.
Produktion: Serafin Dinges.
Titelmusik: Trummerschlunk.


Hier ist die MP3 zum Download. Wie gewohnt gibt es den Podcast auch im offenen ogg-Format.


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8 Ergänzungen

  1. „aber nur wenige so richtig aufregt?“ Also mich regt das verdammt auf, fühle mich aber auch sehr machtlos gegenüber den entsprechenden Institutionen. :(

  2. Die strategische Demobilisierung durch „Frauenschutz“ und „Kinderschutz“ funktioniert einfach. Weil, wenn die Überwachung Kinder rettet und Frauen (==Opfer) schützt, dann darf man doch nix dagegen haben.
    Und die netzpolitische und netzfeministische Szene ist nicht intelligent genug, die rechten Wiesel zu erkennen und entfernen. Stattdessen wird deren Diktion, ein Text sei „digitale Gewalt“ eins zu eins und unhinterfragt übernommen. Schade, eine verpasste Chance.
    Wo sind denn die Frauen die aufschreien „Bullshit, wir brauchen keine Überwachung, bitte zwingt uns keine digitale Burka auf!“?

  3. Im Podcast 23-10-OffTR-Chatkontrolle sagt Markus Reuter an Zeitmarke 16:17:
    „Ich glaub ja eh nicht an die Neutralität und die Objektivität, also muss ich die Fakten haben.“

    Dass „glauben“ im Journalismus nichts taugt (wie anderswo auch), und man Fakten haben muss, darüber solle kein Zweifel aufkommen.

    Was aber sind Gründe, die dazu führen, „Neutralität“ und „Objektivität“ so salopp mal ohne Erläuterung als Glaubensgegenstand hinzustellen? Zu Medienkompetenz gehört es sicherlich, behauptete Neutralität bzw. Objektivität kritisch zu hinterfragen. Wenn beides aber generell weggewischt wird, dann wird auch das Bemühen um Neutralität und Objektivität entwertet (worum sich z.B. nicht nur Richter bemühen sollten).
    Fakten sind materialisierte Objektivität, und wer Fakten nicht zurückhält handelt durchaus neutral. Was also macht das Spannungsfeld zwischen Fakten und Neutralität bzw. zwischen Fakten und Objektivität aus, dass man da ein „glauben an“ hineinbringen muss?

    Bei Fakten stellt sich aber auch immer die Frage nach der Qualität. Zudem kommt noch die Interpretation von Fakten, die ohne die oben erwähnten Bemühungen schnell problematisch sein kann.

    Ich schätze deine Ausdauer und Hartnäckigkeit beim Thema „Chatkontrolle“ sehr. Das muss hier auch noch gesagt sein. Über eine nicht zu knappe Antwort würde ich mich freuen.

    1. > Bei Fakten stellt sich aber auch immer die Frage nach der Qualität.

      … und Authentizität.

      Wenn Netzpolitik.org Originaldokumente (auch transkribiert aus juristischen Gründen) oder Protokolle (auch sehr mühsam selbst erstellte) veröffentlicht, dann sind das „Fakten“ höchster Güte. Es geht nichts über das Lesen von Originalquellen (solange sie nicht übermäßig geschwärzt vorliegen), auch wenn diese mittels Link zu erreichen sind.

  4. Als ehemaliges Opfer finde ich den Missbrauch des Leids der Opfer durch die drei alten blonden Frauen – Ylva Johansson, Ursula von der Leyen und Nancy Faeser – genauso widerwärtig wie meinen ehemaligen Sportlehrer (aber der ist zum Glück schon tot).

    PS: Bei einem Satz wie „Wie erinnerst du das?“ rollen sich mir die Fußnägel hoch.

    1. Ich selbst bin als kleines Kind Opfer von Mißbrauch geworden und wenn ich sehe wie Mißbrauch hier für etwas eigennütziges mißbraucht werden soll um eine vollumfängliche Überwachung zu implementieren fühle ich nicht nur schlecht, es widert mich regelrecht an! Ich fühle mich so als wenn man aus meinem Leid noch einmal Profit schlagen will. Nichts anderes ist das für mich!

      1. Eure Positionen sind aber nicht wichtig für viele dieser Kinderschutzorganisationen.

        Man sucht sich Opfer aus die das narrativ der Organisationen weitergeben und lässt Euch nicht zu Wort kommen.

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