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Kann Hetenfeindlichkeit enthaltenPhrasendrescher

#LoveisLove! Solche Solidaritätserklärungen machen unseren Kolumnisten Jascha Urbach sauer. Strukturelle Queerfeindlichkeit lässt sich nicht mit Phrasen aus den Köpfen dreschen. Und Liebe ist eben längst noch nicht Liebe, sonst müssten wir ja nicht drüber reden.

Symbolbild -
Symbolbild – all stripes are beautifull CC-BY-NC-SA 4.0 owieole

Als queerer Mensch ist es nicht sehr unwahrscheinlich, irgendwo Queerfeindlichkeit zu begegnen – sei es bei einem Spaziergang durch die Stadt, beim Lesen der Zeitung (hybrid) oder irgendwo online. Das Spektrum dieser Feindlichkeit reicht von Mikroaggression über Beschimpfungen und Beleidigungen bis hin zu tätlichen Angriffen und Mord. Das Problem ist so schlimm, dass bei den Behörden Statistiken über queerfeindliche Straftaten geführt werden, die seit Jahren nach oben gehende Zahlen aufweisen. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland LSVD führt dazu eine Chronik über homophobe und transfeindliche Vorfälle.

In sozialen Netzwerken werden diese Angriffe immer öfter publik gemacht, auch Nachrichtenseiten berichten über besonders krasse Fälle von Queerfeindlichkeit. Mit jeder Veröffentlichung eines solchen Falles äußern sich oft auch Menschen, selbst nicht queer sind. Aber die für die Rechte von queeren Menschen eintreten und ihrer Solidarität Ausdruck verleihen wollen.

Der Sammelbegriff für nicht queere Menschen in dieser Kolumne lautet „Hete“ (Singular) und „Heten“ (Plural).

Sie kommunizieren ehrliche Empörung über die Tat und schieben noch der Hashtag #LoveisLove hinterher – um sich selbst und anderen zu sagen, dass sie an der Seite queerer Menschen stehen. Nachdem in London ein lesbisches Paar brutal zusammengeschlagen wurde, bekamen sie auf ihrer Facebook-Seite ein ermutigendes „Love is Love“ in die Kommentare geschrieben. Auf Berichte von Opfern kommt ein ermutigendes „Lieb doch, wen Du willst“.

„Das ist doch heutzutage gar kein Problem mehr“, bekommen queere Menschen oft nach dem Outing zu hören. Gleichzeitig ist es „so toll, dass ihr offen dazu steht“, wenn sich ein queeres Paar irgendwo zeigt. Es sind so viele Phrasen, dass es schon seit Jahren schwules Bullshit-Bingo gibt.

Die Realität sieht anders aus

So sehr ich mich über Solidarität von Heten freue, so sehr ich mich darüber freue, dass Heten den queeren Kampf mitkämpfen und unterstützen – diese Phrasen machen mich sauer. Strukturelle Queerfeindlichkeit lässt sich nicht mit Phrasen aus den Köpfen dreschen, die ignorieren, dass die queere Realität anders aussieht. Damit ich diese Phrasen also nie wieder hören muss, erkläre ich euch jetzt, was genau das Problem damit ist.

Jede Liebe ist gleich. Es ist doch egal, wer wen liebt. „Love is Love!“

Das ist falsch. Liebe ist eben nicht Liebe. Denn wenn es so wäre, müsste es niemand sagen. Wenn ein homosexueller Mann erzählt, dass er mit einem anderen Mann zusammen ist, sind die Reaktionen anders, als wenn Menschen von ihrer Heteroliebe berichten. Sobald der Homosexuelle sagt, dass er mit einem Mann zusammen ist, den er liebt, kommt sehr oft: „Es ist mir ja egal, was im Schlafzimmer passiert, so lange es nicht illegal ist oder Kinder involviert sind.“

Niemand käme auf die Idee, das bei Heten zu sagen, die ihre Liebe öffentlich bekunden. Ein wichtiger Punkt bei Queerfeindlichkeit ist, dass es den Leuten zwar wirklich egal ist, wen jemand liebt. Es ist allerdings überhaupt nicht egal, wie es jemand tut.

Anstatt dafür zu sorgen, dass queere Menschen im öffentlichen Raum genauso wie Heten ihre Liebe zueinander zeigen können, kommt warme Luft mit Sprechblasen. Queerfeindlichkeit wird von vielen Menschen verurteilt und im Versuch der Solidarität direkt reproduziert. „Das ist doch heutzutage gar kein Problem mehr.“ Das bekommen queere Menschen gesagt, wenn sie von Ängsten berichten. Etwa dass sie Opfer von Angriffen werden könnten, wenn sie sich offen queer zeigen.

Natürlich ist es ein Problem, denn wenn es keins wäre, müssten wir gar nicht darüber sprechen.

Wenn es kein Problem wäre, würden homosexuelle Männer nicht andauernd von Heten hören, dass ihr Arsch aber in Ruhe gelassen wird. Es würden lesbische Frauen nicht ständig von hetero Frauen erzählt bekommen, dass sie ja auch schon mal eine andere Frau geküsst haben. Und vor allem müssten sich queere Menschen nicht ständig so eine Sülze anhören.

Wenn die Heten nicht damit aufhören, muss ich sie auch weiterhin fragen, ob sie die eine Heteroperson in meinem Bekanntenkreis kennen und ob sie sich nicht mal treffen wollen, denn sie würden so gut zusammen passen. Und wehe, die sind dann davon genervt. Ich meine es doch nur gut.

41 Ergänzungen

  1. Ich kann verstehen, dass es naheliegt, seine Frustration rauszukotzen.

    Die Pauschalisierung sucht halt leider die Konfrontation mit allen „anderen“. Wer das als Hete liest und sich zu unrecht pauschal verunglimpft fühlt, bucht den Autor vermutlich als zu ignorieren ab.

    1. Wieso? Jascha hat doch Recht? Wo werden Cis-Personen mit …ist Hetero…vorgestellt? Bei allen anderen wird schnell die sexuelle Orientierung beigefügt. Sorry, aber in welcher Welt lebst Du? Empfehle Dir mal mit Jaschas Blick eine Weile durch die. Welt zu gehen. Du wärst erstaunt.

      1. In dem Artikel ist von „Cis“ nicht die Rede, es wird zwischen „Hete“ und „Queer“ unterschieden. Die meisten Cis werden sich nicht als Queer definieren und daher unter Hete einordnen.

        Was wolltest Du also sagen? Ehrliche Frage.

        1. Mittlerweile habe ich das Ansinnen sogar verstanden, die ‚…‘ statt ‚“‚ waren irritierend.

          Die Aussage hat halt keinen Bezug im Text und erscheint mir persönlich auf den ersten Blick abwegig, wo werden denn Queers als „ist queer“ vorgestellt?

      2. Ähm, wer „kann X-Feindlichkeit enthalten“ in die Überschrift packen muß, hat nie Recht, sondern befindet sich bereits auf einem Weg.

  2. Volles Mitgefühl. Kann es nicht abwarten, dass man Menschen nicht mehr in Kategorien anhand ihrer sexuellen Orientierung einteilt oder anders behandelt.

    Finde den Begriff „Hete“ übrigens auch nicht so schön. Wurde schon öfter als Hete bezeichnet. Da schüttelt sich mir der Magen ein wenig. Nur, weil ich in einer exklusiven Beziehung mit einer Person anderen Geschlechtes bin.. beschweren will ich mich allerdings auch nicht, denn es geht ja auch niemanden etwas an, dass diese Annahme nicht zuftrifft. Wie auch immer, hoffentlich brauchen wir dieses hässliche Schubladendenken irgendwann nicht mehr.

  3. Da der Begriff so zentral verwendet wird: wie definiert der Autor denn „nicht-queer“, also wer ist „Hete“?

    Ernst gemeinte Frage.

    1. steht doch oben im text:
      „Der Sammelbegriff für nicht queere Menschen in dieser Kolumne lautet „Hete“ (Singular) und „Heten“ (Plural).“

      1. Was die Frage nicht beantwortet sondern umformt zu „was versteht der Autor unter queer?“

  4. Ich bin mit Homos in der direkten Familie aufgewachsen und grundsätzlich zur Toleranz und Achtung anderer erzogen worden. Deshalb stimme ich dir in der Sache durchaus zu.

    Dass du dir als queere Person und als Betroffener aber nicht zu schade bist, den Missstand einfach in umgekehrter Form zurück zu geben, ist schade.

    Ich spreche davon, dass du heterosexuelle Menschen abfällig als Heten bezeichnest, anstatt sie wenigstens Heteros zu nennen. Du wirst ganz sicher auch nicht wollen, dass man dich als Schwuchtel bezeichnet. Und nichts anderes ist der Begriff „Hete“.

    Insofern: wichtiges Thema, leider formal ziemlich daneben vorgebracht.

    1. Toleranz ist meiner Meinung nach ein schwieriger Begriff. Etwas zu tolerieren heisst, dass etwas nicht ganz okay ist, es „ausgehalten“ wird, überspitzt gesagt.

      1. Das ist schon korrekt: Du kannst mehr als Toleranz anstreben, aber Du kannst von Privatpersonen nicht mehr als Toleranz fordern. Die muessen das nicht gut finden, sie muessen damit klar kommen.

  5. #Loveislove ist halt die Position der Universalisten. Ich glaube nicht, dass es denen darum geht, Gewalt gegen Queers abzutun, indem sie billig allgemeine Solidarität bekennen und ansonsten sich belästigt fühlen, wenn auf konkrete, reale Fälle von Ungerechtigkeit hingewiesen wird. Die Sache ist komplexer. Nele Pollatschek hat dazu letztes Jahr einen guten Artikel in der Zeit veröffentlicht: https://www.zeit.de/kultur/2021-04/identitaetspolitik-diskriminierung-universalismus-liberalismus-kritik-essay/

  6. Erinnert mich alles sehr deutlich an die Sprüche gegenüber „nicht-biodeutsch aussehenden“ wie „du sprichst aber gut deutsch“ und „wo kommst du denn eigentlich her? (also wo kommst du _wirklich_ her?)“.Mir scheinen es sogar die selben Leute zu sein.
    Aber: Da kann man nichts machen. Jeder Mensch hat das Recht auf die eigene Blödheit. Entweder meidet man diese Menschen, oder man findet sich damit ab. Nur einbilden man könne (sollte/müsste) sie umerziehen darf man sich nicht.

    1. Nö, niemand hat das Recht, dumm zu bleiben, weil es niemand unveränderlich ist. Wer so argumentiert wie du, argumentiert fatalistisch und meint, Rassismus und Homophobie seien unveränderliche Charaktermerkmale. Sind sie aber nicht. Sie sind erworben und nicht angeboren. Entsprechend kann man sie auch verlernen. Aber das erfordert manchmal auch etwas harte Denkanstöße.

      1. Es erfordert halt auch hinreichend Geduld, angemessene Nachsicht, Bereitschaft zum Verstaendnis und je nach Gegenueber Toleranz.

        Konfrontation in entsprechender Situation ist notwenig, aber wer ausnahmslos in die Konfrontation geht, macht das eigene Ziel fuer viele zum toxischen Thema.

  7. Die meisten Menschen sind NICHT Prominent und stehen auch nicht in der Öffentlichkeit so das dies dort; aus irgend einem (vorgeschobenen) Grund; ein Thema wäre das zu kommunizieren wäre.
    Und das Privatleben des einzelnen prominenten oder nicht-prominenten geht meiner Meinung nach; auch heute und in sogenannten „Sozialen Medien“; immer noch nur den einzelnen und sein eigenes Umfeld etwas an. Das es dort zu den genannten Problemen kommen kann ist nicht schön und man sollte dem natürlich etwas aufklärerisches Entgegen setzen. So weit so richtig.

    ABER: Warum muß sich denn bitte überhaupt jemand über sein Privatleben öffentlich auskotzen? Wenn sich jemand beschwert das er z.b. Homo genannt würde, dann sollte er bedenken das umgekehrt Hete auch als Schimpfwort verstanden werden kann. KANN, aber nicht Muß! Ist der Unterschied nun nur das „Homo“ generell als Schimpfwort verstanden wird – oder verstanden werden will!? Vom Adressaten und/oder vom Empfänger?

    Das eigentliche Problem ist wohl Respekt. Vor dem Privatleben anderer. Den kann man nicht einfordern heißt es, man muß ihn sich verdienen. Und das muß von beiden Seiten kommen und hat auch mit Toleranz zu tun.

    Das es ein Toleranz-defizit gibt sehe ich allerdings auch. Und nun? Machen wir also jetzt alle unsere Sexuelle und Liebes-orientierung öffentlich, oder holen wir uns stückweise unsere Privatsphäre zurück indem wir nicht mehr jeden Mist in aSozialen Medien posten oder glauben und unser Privatleben einfach wieder dort ausleben wo es hin gehört, ins Private. Das erfordert noch am wenigsten Toleranz von anderen.

    Ich kenne nur wenige die Bi oder Homosexuell sind und bisher habe ich diese nicht in der Öffentlichkeit Knutschend gesehen. Aber wenn sie es in meinem Beisein täten würde ich einfach nicht hinsehen. Nicht weil es mir irgendwie zuwieder wäre, sondern weil ich es für genau unschicklich hielte einem Hetero Pärchen beim Knutschen zu zu sehen. Das ist m.E. auch die Wahl die jeder andere auch hat. Einfach NICHT hin sehen und sich NICHT drüber aufregen. Das ist Toleranz.

    Die Frage ist also: Wer kann noch „Toleranz“?

    1. Die Frage ist eher folgende: warum müssen nur Heten ihre Beziehungen nicht geheimhalten und werden nicht ständig dazu aufgefordert, ständig ihr Privatleben auszubreiten?

      Und warum fühlen sich Heten beleidigt, wenn man sie als Heten bezeichnet und sie damit an ihre Privilegien erinnert?

      1. Diese Logik, nach der vermeintlich weniger Diskriminierte als „privilegiert“ diskriminiert werden muessen, ist immer wieder amuesant 8)

    2. Heiraten ist ein öffentlicher Vorgang. Aufgebote zu Eheschließungen werden (oder wurden bis vor Kurzem) öffentlich ausgehängt, Gottesdienste sind zumeist jedem Interessente frei zugänglich. Im gesammten Gesellschafts- und Geschäftsleben wird ein Ehepaar von vielen als Einheit verstanden. Das umso mehr, wenn sie eine Familie mit Kindern bilden.
      Dementprechend ist es auch nicht egal und auch nicht geheim, wenn sich zwei LBQST-Leute zum Paar vereinigen.

      1. Man sollte vielleicht die Frage stellen, warum Heiraten im 21sten Jahrhundert ein öffentlicher Vorgang sein sollte.

  8. Oh, ja, diese Phrasen kommen mir auch nur zu bekannt vor. Und ich habe sie tatsächlich schon von Leuten gehört, die damit die Feindseligkeit meiner biologischen Familie leugnen wollten. Weil „das ja heute kein Problem mehr sei“; bzw. nicht sein kann, was nicht sein darf.

  9. Ich verstehe einfach nicht warum bei Liebe, die Geschlechter überhaupt eine rolle spielen, außer bei Beschreibungen von Sex.

    Ich meine die Gefühlswelt spielt sich bei allen Beteiligten gleichwertig ab und wird auch entsprechend berührt, was sich danna uch entsprechend teilen lässt.

    Die Art des Stimulus ist letztlich egal. Wir wollen wissen wie es dazu kam und wie stark die Verbindung ist und wie schmutzig die Kleinigkeiten. Leider ist Liebe individuell. Wobei nein, genau deshalb lieben wir es doch oder?

    Genauso wie diese andren Krankheiten drum herum. Liebeskummer, Abgewisen sein, jemanden zu erobern der/die schon in einer festen Bindung ist. Vliebt zu sein gegen jede Vernuft oder für jemanden da zu sein der/die nicht die eigene Tochter ist. Wir lieben es Wissen und Fürsorge zu teilen, ohne es aus zu nutzen. Deshalb sind wir alle auch oft gute Freund:innen.

    1. Nunja, das Problem ist ja eben nicht, dass die Geschlechter eine Rolle spielen sollten und das daher zu verstehen sein muesste 8)

      Eine Menge Leute muessen sich erst daran gewoehnen, und „Normalitaet“ aufzugeben faellt den meisten schwer und bedarf auch einer Einuebung. Das negative Spektrum geht von glatter Bekaempfung ueber Ausgrenzung bis zu „gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemacht“. Das hast Du bei jeder Neuaushandlung von „Normalitaet“ in einer Gesellschaft, ist weder einfach noch schmerzfrei.

  10. Den letzten Absatz fand ich fetzig! That’s the spririt! Ganz im Geiste Tucholskys: Küsst die Faschisten…

    Ansonsten kann ich mich den Vor-Ergänzern nur anschließen: Immer diese Pauschalisierungen von Queers! ;-) Obwohl ich den Drang danach sich auszukotzen, nachvollziehen kann, bezweifle ich, dass ein journalistisches Medium dafür der geeignete Ort ist.

    Trotzdem Danke für die Erinnerung!

    Bzgl. der Kriminalstatistiken will ich hier niemandem zu nahe treten aber möchte die Möglichkeit des Sampling-Bias erwähnen. Wenn früher die Statistiken gar nicht oder nur unzureichend geführt wurden, dann ist eine Erhöhung der Fallzahlen nicht gleichbedeutend mit einer Erhöhung der Kriminalität.

  11. Hier werden mindestens zwei Sachen vermischt: Auf der einen Seite Anteilsbekundungen bei Gewalt gegen queere Menschen, die der Autor als „Phrasen“ abtut, auf der anderen Seite die Spruech à la “ ..ist schon okay, aber mein Arsch wird aber in Ruhe gelassen“ und aehnlichen wie es der Autor am Schluss schreibt. Letzteres ist nicht in Ordnung, und er hat einen Punkt, dass dies schon als latente homophobie in milderer Form gesehen werden kann. Auch aus einem privilegierten Standpunkt zu sage: „Das ist ja gar nicht mehr so schlimm“ ist natuerlich nicht gerechtfertig. Jedoch andere dafuer zu kritisieren wie sie Anteil nehmen, und dass man von solchen Spruechen gar nicht im Einzelnen aber in der Masse dann genervt ist, verstehe ich nicht. Was ist denn da der gewuenschte Umgangston den Jascha sich vorstellt? Lieber „was anderes“ sagen, gar nichts, oder fuehlt man sich dann ignoriert? Ich finden Phrasen an sich, auch nicht so wirklich schlimm, oft genug hoert man auch: „Hallo, wie geht es dir?“ ohne dass tatsaechliches Interesse daran liegt. Klar, anderer Kontext und vielleicht eine etwas ueberdehnte Analogie, aber so ist eben menschliche Kommunikation. In Zeiten wo jeder alles kommentiert, bei jedem Tweet wohluebelegte und inhaltlich wertvolle Texte zu erwarten ist eben sehr utopisch. Wenn man ueber soziale Benachteiligung und Ungerechtigkeit spricht, wird man sicher frueher oder spaeter „sich irgendeine Suelze anhoeren muessen“, aber deshalb heisst es ja Diskurs. Und wenn das staendig und andauernd so ist, dann hat man vielleicht die falschen Leute im Feed.

    In meinem Freundeskreis wird das normalerweise nicht thematisiert, niemand redet von „schwul“ und „lesbisch“ und sonstwas, sondern da ist es einfach Partner/in, Freund/in und niemand habt das besonders hervor, weder im positiven noch negativen Sinn. Das ist fuer mich persoenlich die Beste Art und Weise im sozialen Kontext damit umzugehen (genauer gesagt: nicht damit umzugehen).

    Nicht so cool finde ich des Autors ‚Sammelbegriff‘ (alleine das Wort!) fuer nicht queere Menschen: „Heten“. Was soll dass denn? Also „Heten“ steht ja wohl im Gegensatz so „Homos“ (wortwoertlich). Waere es also okay, nicht-Heten unter dem Sammelbegriff „Homos“ ‚zusammenzufassen‘ wie das hier gemacht wird? Ich denke, dass ist nicht in Ordnung!

  12. Danke für den Artikel, aber manche Kommentare hier habens dann doch nicht kappiert.
    An die Leute die das Wort Hete kritisieren: Sucht mal nach dem Schlagwort „Tone Policing“.

    1. Anderen das Recht auf die selbstgewaehlte Selbstbezeichnung absprechen hilft bestimmt der Idee selbstgewaehlter Selbstbezeichnungen?

  13. Dass man heute noch ein „coming out“ braucht, das hat die Gesellschaft 2000 Jahre Christentum zu verdanken.
    Wer sich als Hete von Queeer-Menschen getriggert fühlt, hat ein Problem mit sich selbst.

    Dass es TERFs und INCELs gibt, ist wiederum auch nur ein Spiegel unserer völlig kranken, menschenverachtenden Hetzgesellschaft.
    religiöse Spinner wie die Evangelikalen bekommen immer mehr Macht, siehe Amerika, siehe Deutschland.

    Um so mehr braucht es Diversität, Menschen die sich trauen ein „coming out“ zu wagen, man muss sich diesen menschenverachtenden Fanatikern in den Weg stellen.

    Und wer mit diesen coming out ein Problem hat, sich genervt fühlt, der muss den Fehler bei sich selbst suchen, bei seinen Privilegien, die er völlig übersieht, als „gegeben“ nimmt und sich darüber nie Gedanken machen musste.
    Sei einfach froh, diese Privilegien zu besitzen anstatt um dich zu beißen.

    1. Das sind so Beiträge, bei denen ich mich praktisch schäme, eine Hete zu sein. Überhaupt habe ich mittlerweile das Gefühl, in der Queer-Debatte nur etwas falsches sagen zu können. Wenn ich die Diskussionen verfolge, ist es mittlerweile sauschwer, nicht etwas falsches zu sagen.
      Könnte es sein, dass die „Insider“ es genießen, in der „Queer-Bubble“ zu sein? „TERFs, INCELs“, LNGBTQ* oder so … keine Ahnung, was damit alles gemeint ist? Ich schätze mal: Alle, außer Heten. Oha, jetzt könnte ich mich wie die ausgestoßenen Queeries fühlen. Aber ne, das Gefühl ist exklusiv vergeben … sorry: so ausgegrenzt können sich natürlich nur die Queers fühlen.

  14. Mal eine dumme Frage: Ich bin Hete-Mann (mit der Bezeichnung habe ich kein Problem) und wenn sich mir gegenüber jemand als schwul oder lesbisch outet, antworte ich auch mich „Damit habe ich kein Problem“ oder „das ist nicht gut so und nicht schlecht so. Es ist so!“

    Okay, nachfragen soll man ja nicht, ebenso wenig wie die Frage nach dem Herkunftsland des ausländischen Kollegen. Wenn der Kollege aber direkt zu mir sagt: „Ich bin übrigens aus ….“ erwartet er offensichtlich eine Reaktion von mir. Analog der queere Mensch, der sich ungefragt outet. Was soll ich dann in Zukunft sagen? „ich nehme es zur Kenntnis“ oder schweigend übergehen?

    Man kann es mit der Betroffenheit auch übertreiben…

  15. Ich habe als schwuler Mann selber schon „love is love“ gesagt, denn es bedeutet schlicht, dass Liebe ein zwischenmenschliches Gefühl ist, das sich nicht anhand des Geschlechts der Beteiligten unterscheidet – es sind dieselben Empfindungen, es gibt keine unterschiedliche Gefühlstiefe, keine unterschiedliche Wertigkeit, egal, ob homo oder hetero. Und daraus folgt natürlich auch der Anspruch, dass Paare gleich behandelt werden müssen, egal, ob es sich um eine heterosexuelle oder homosexuelle Beziehung handelt. Dass das in der Realität leider nicht von jedem Menschen so gesehen wird, habe ich oft genug erleben müssen, aber ich erkenne in dem Spruch auch keine Beschreibung des Ist-Zustands, sondern eine Forderung.

    Im Übrigen finde ich es schwierig, jeden von der Cis-Hetero-Norm abweichenden Menschen pauschal als queer zu bezeichnen – das ist eine Schubladisierung, mit der sich manche nicht identifizieren können. Sicher leidet jeder, der nicht der „Norm“ entspricht, unter Ausgrenzung durch die Mehrheitsgesellschaft (auch wenn es nicht um Geschlecht oder Sexualität geht – bsp Menschen mit Behinderung, Armutsbetroffene, dunkelhäutige Menschen), aber bei solchen Großschubladen geht meines Erachtens der Blick auf die individuellen Problematiken verloren. Ein schwules bürgerliches Gutverdiener-Ehepaar hat mit anderen Dingen zu kämpfen, als eine alleine prekär lebende, verschuldete trans* Frau, der junge schwule Migrant mit extrem homophoben Eltern andere Probleme als der früh transitionierte trans* Mann mit perfektem passing, der unauffällig in einer Hetero-Beziehung lebt und in dessen Umfeld überhaupt keiner außer seinen Eltern, seiner Partnerin und seinem Arzt weiß, dass er trans* ist.

  16. Bin hetero und habe tatsächlich KEINERLEI Problem mit Homosexualität. Ein Problem habe ich aber damit, was ich als Hete überhaupt noch sagen darf, es scheint alles irgendwie falsch und angreifbar zu sein. Seltsame Sprüche würden mir natürlich nie über die Lippen kommen, aber darf man noch sagen „ich habe kein Problem damit“, „alles ok für mich“ bzw. was darf man denn korrekterweise antworten wenn einem jemand erzählt dass er homosexuell ist? Bin völlig verunsichert.

  17. Solange „queere Menschen“ von „Heten“ sprechen, sollten sie auf ihren eigenen Respekt achten.

    1. Es ist aber ein valider Punkt, dass eine übliche Bezeichnung, und Definition, dafür fehlt.

      Die Betroffenen tendieren zu „normal“, aber das ist aus diversen Gründen idR eher ungeeignet.

  18. Vielleicht muss man in einer Zeit, in der jedes Wort per Goldwaage bewertet wird, auch mal weiter denken? Ich kenne viele „Heten“, die beim ersten, stolprigen Zusammenkommen mit LGBT-Menschen einfach überfordert sind.

    Überforderung führt beim Einen zum „Mein Arsch ist aber Tabu“, bei der anderen zum „Ich hab auch schon mal ne Frau geküsst“ und der nächste weiß einfach gar nicht, wie er damit umgehen soll und vor allem, wie er nichts falsch macht – was auch häufig als Ablehnung empfunden wird.

    Verurteilen und poltern kann jeder, aber dieser Beitrag zeigt deutlich, dass auch der Autor in nur sehr wenigen Schubladen denkt und sich gleichzeitig über selbiges Bewertungsschema beschwert.

    Da hilft nur Aufklärung und Konfrontation in diesen Situationen. Sich in seiner eigenen Bubble dann darüber beschweren bringt doch gar nichts. Und vielleicht selbst einfach mal nicht alles auf die Goldwaage legen, was andere sagen. Die Welt ist voller Phrasen, nimms halt hin.

  19. Den Beitrag finde ich schön, aber ich finde es sehr schade, dass „queer“ inzwischen den vollständigen Einzug in den deutschen Sprachgebrauch geschafft hat, wenn man über LGBT-Menschen reden will. Übersetzt heißt es immernoch „schräg“ oder „seltsam“ und das sitzt mir als Mitgemeinte doch sehr quer (nicht queer, haha). Sicher zelebrieren viele aus der Community gerne ihre Andersartigkeit aber viele von uns möchten auch einfach nur normal sein und wissen schmerzlich, dass „queer“ zuvorderst eine Beleidigung ist. Ich fände es daher sehr schön, wenn ein neutralerer Begriff genutzt werden könnte.

    1. Vor allem legt „queer“ als Abgrenzung als komplementär „normal“ nahe, was kontraproduktiv ist.

  20. Hey Jascha,
    danke, du sprichst mir aus der Seele, richtig nervig und scheiße das alles! :)
    Schade dass hier so viel Heten-Mimimi kommt und kein Verständnis oder zumindest mal nen Privilegien-Check.

  21. Ich finde den Begriff Hete ähnlich diffamierend wie Schwuchtel. oder soll beides einfach nur beschreibend sein?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.