Am Mittag endete die Kabinettsklausur der Ampelregierung in Schloss Meseberg. Auf dem zweitägigen Treffen diskutierten die Minister:innen nicht nur über ein Entlastungspaket, sondern stellten auch ihre Digitalstrategie vor. Abseits der Inhalte wollte das Kabinett – nach dem Zwist der vergangenen Tage zwischen den Regierungsparteien – ein Bild der Geschlossenheit aussenden. Vor dem Treffen versprach Bundeskanzler Olaf Scholz: „Das wird eine Klausurtagung, wo es gute Stimmung gibt und die Bereitschaft, in einer ernsten Lage eng zusammenzuarbeiten zum Wohl des Landes.“
Auf ihrer Abschlusspressekonferenz demonstrierten Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner dann tatsächlich Einigkeit darüber, dass es Entlastungen geben werde. Doch zu der weniger beachteten Digitalstrategie taten sich schnell Risse auf. Vor allem die Grüne Bundestagsfraktion ist offenkundig unzufrieden mit dem beschlossenen Papier. Das mittlerweile 52-seitige Dokument wurde bereits seit Tagen öffentlich diskutiert. Es erhielt in den vergangenen Wochen mehrere Updates und sieht vor, zahlreiche digitale Vorhaben in der laufenden Legislaturperiode zu vollenden – darunter etliche Projekte, die bereits seit vielen Jahren der Umsetzung harren.
Nachbesserungen gefordert
So mahnt der grüne Bundestagsabgeordnete Maik Außendorf, seine Bundestagsfraktion habe mit Blick auf die Digitalstrategie zwar wichtige Nachbesserungen erreicht. Zugleich aber hätte man sich „eine sehr viel bessere Beteiligung der Zivilgesellschaft gewünscht“. Überhaupt sei es erst der Initiative der Grünen zu verdanken, dass ein Kapitel zur Zivilgesellschaft in das Strategiepapier aufgenommen worden sei.
Den Ankündigungen müssten nun Taten folgen: Außendorf fordert, „die Einbindung der Zivilgesellschaft“ umzusetzen – „zum Beispiel durch die verstärkte Einbeziehung in Gesetzgebungsprozesse und Standardisierungsgremien und die verbindliche Nutzung von Open Source bei öffentlichen IT-Projekten.“ Tatsächlich hatte sich die Ampelregierung in ihrem Koalitionsvertrag explizit vorgenommen, die Zivilgesellschaft besser in digitalpolitische Vorhaben einzubinden. Die Formulierung findet sich zwar wortgleich in der Digitalstrategie wieder. Das Papier selbst wurde jedoch vor allem hinter verschlossenen Türen erstellt.
Darüber hinaus müssten „wichtige Punkte“ geklärt werden, so Außendorf, „beispielsweise das Digitalbudget, das im Koalitionsvertrag vereinbart wurde und bisher nicht im Haushalt hinterlegt ist“. Ohne Geld für die Vorhaben geht es nicht. So fordert auch Detlef Müller, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, dass die beschlossenen Maßnahmen der Digitalstrategie „in den jeweiligen Bundesministerien umgesetzt werden und ein stetiges Monitoring erfolgt“. Dafür brauche es „auch noch ein Digitalbudget, um die jeweiligen Projekte mit den entsprechenden Finanzmitteln zu unterstützen“. Die gleiche Kritik äußert auch die grüne Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag, Tabea Rößner.
Auch Tobias B. Bacherle, Obmann im Ausschuss für Digitales von Bündnis 90/Die Grünen, ist mit den Beschlüssen des Kabinetts unzufrieden. Er nennt es gegenüber netzpolitik.org „bedauerlich“, dass die Digitalstrategie teilweise hinter Erwartungen zurückfalle. Seine Fraktion halte jedoch „weiterhin an den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zielen fest“ und werde sich „im Parlament dafür einsetzen, dass die Strategie nun mit konkreten Projekten hinterlegt wird“. Als Beispiele nennt er „das Dateninstitut, das Digitalbudget oder den Sovereign Tech Fund“.
Wer hat die Urheberschaft?
Am Ende stellt sich die Frage: Wessen Digitalstrategie hat die Ampel heute verabschiedet? Die Digitalstrategie der Regierungsparteien oder die der FDP, die andere ergänzen sollten? Für die Liberalen scheint die Sache klar, denn mehrere Politiker:innen der kleinsten Regierungspartei FDP beanspruchen das Urheberschaft an der Strategie offenbar für Volker Wissing. Nur wenige Minuten vor der heutigen Abschlusspressekonferenz twitterte Finanzminister Christian Lindner: „Die #Digitalstrategie von Volker @Wissing ist die erste wirklich konkrete Digitalstrategie einer Bundesregierung.“ Der Tweet endet mit dem Hashtag #WissingWirkt.
Es bleibt somit abzuwarten, ob die Ampel auch nach der Kabinettsklausur „in guter Stimmung“ zusammenarbeitet. Vielleicht hätte Olaf Scholz vor seinem vollmundigen Versprechen in die finale Version der Digitalstrategie schauen sollen. Denn ausgerechnet im Abschnitt zur Umsetzung der Strategie war unmittelbar vor der Klausur noch folgender allzu wahrer Satz gestrichen worden, wie Anne Roth auf Twitter bemerkt: „Es ist unsere große Herausforderung, koordiniert an einem Strang zu ziehen.“
Die FDP fuehrt diese Regierung unangefochten. Die beiden anderen sind froh, dass die FDP die fuer SPD und Gruene gegenueber grossen Teilen ihrer jeweiligen Basis unangenehme Drecksarbeit erledigt.
Wie kommst du denn darauf? Soweit ich das erlebe, steht die FDP bei allen Fortschrittsthemen, die im Sinne der Bürger wären, konsequent auf der Bremse. Maßnahmen gegen die Covid-19 Pandemie? Gegen den Klimawandel? Und so weiter.
Die FDP ist in vielen Bereichen der Regierungspolitik federführend und stemmt sich gegen die EU-basierte Totalüberwachung.
Offensichtlich haben SPD und Grüne Amtsträger andere Prioritäten.