MastodonDonald Trumps neues soziales Netzwerk verletzt Freie-Software-Lizenz

Trump hat sein neues soziales Netzwerk „Wahrheit“ genannt, seine Firma hat dabei Code der freien Microblogging-Software Mastodon benutzt ohne die Lizenz einzuhalten. Auf der ungesicherten Testumgebung seines Projektes wird er nicht nur deswegen getrollt.

Mastodon in Drohhaltung
Bei der Mastodon-Community kommt das Trumpodon (links) nicht gut an. (Symbolbild) CC-BY 2.0 quinet

Mit großem Brimborium meldet sich der ehemalige US-Präsident Trump zurück und kündigte am Mittwochabend ein neues soziales Netzwerk mit dem Namen „Truth“ (Wahrheit) an. Das alles wäre wohl keine Meldung wert, wenn seine Firma „Trump Media & Technology Group“ nicht das bekannte und erfolgreiche Open Source Social Network „Mastodon“ als Grundlage genutzt hätte – und vermutlich gegen die Bestimmungen einer Freie-Software-Lizenz verstoßen hat. 

Dass „Truth“ offenbar den Code von Mastodon benutzt, kam laut Motherboard heraus, weil sich Menschen beim noch nicht offiziell gestarteten Netzwerk Accounts erstellen konnten und Screenshots, Fehlermeldungen und Quellcode auf Mastodon verwiesen. In den Nutzerbedingungen in der Testumgebung des Trump-Netzwerks heißt es jedoch, dass der ganze Code urheberrechtlich geschützt sei. Daily Dot Reporter Mikael Thalen gelang es auf der Testseite, sich den Account @donaldtrump zu sichern. Die New York Times berichtet von weiterem Schabernack, den Personen auf Trumps Netzwerk trieben. Die Betreiber nahmen daraufhin die Testumgebung offline.

Freie Lizenz verletzt

Mastodon ist freie Software und steht unter der Lizenz AGPL. Diese erlaubt es, den Code zu benutzen und zu verändern, wenn man sich dabei an die Lizenz hält. Der Gründer von Mastodon, Eugen Rochko, schrieb dem US-Politikmedium Talking Points Memo, dass Truth gegen die Nutzungsbedingungen der Software verstoße: Die Lizenz verlangt, dass der Quellcode zur Verfügung gestellt und eine Kopie der Produktlizenz für die Nutzer:innen bereitgehalten wird. Die AGPL-Lizenz schreibt vor, dass die Software auch nach ihrer Veränderung öffentlich zugänglich bleibt. Das soll verhindern, dass kommerzielle Anbieter:innen sich den Code aneignen ohne der Allgemeinheit etwas zurückzugeben. Genau dies scheint beim geplanten „Trumpodon“ gerade zu passieren. 

„Die Einhaltung unserer AGPLv3-Lizenz ist mir sehr wichtig, da dies die einzige Grundlage ist, auf der ich und andere Entwickler bereit sind, jahrelange Arbeit kostenlos abzugeben“, so Rochko weiter. Mastodon prüft nun rechtliche Schritte, so Rochko gegenüber TPM. Die Trump Media & Technology Group äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen. Theoretisch hat das Trump-Netzwerk, wenn es dann wirklich öffentlich online geht, noch die Möglichkeit, die Lizenz richtig einzuhalten.

Dezentrale Twitter-Alternative

Mastodon wird seit 2016 von einer Community rund um Eugen Rochko entwickelt. Das soziale Netzwerk ist von seiner Funktionalität mit dem Microblogging-Dienst Twitter vergleichbar. Im Gegensatz zu Twitter setzt Mastodon aber nicht auf eine zentrale Plattform, sondern auf viele dezentral verteilte Instanzen. Diese können verbunden werden und bilden zusammen das Fediverse.

Dieses Fediverse hatte im Jahr 2020 mehr als drei Millionen Nutzer:innen. Das Trumpodon „Truth“ ist nicht das erste rechte Projekt, das auf die freie Software Mastodon setzen will. Im Jahr 2019 wechselte die rechtsradikale Netzwerk „Gab“ zu Mastodon und war dort auf einen Schlag mit einer Million Nutzer:innen der größte Knotenpunkt. Die Entwickler:innen von Mastodon distanzierten sich umgehend von Gab. In der Stellungnahme hieß es, dass Mastodon sich völlig gegen das Projekt und die Philosophie von Gab stelle, die darauf abziele, rassistische Inhalte zu monetarisieren und zu verbreiten, während sich die Plattform hinter dem Banner der Meinungsfreiheit verstecke. Weiter hieß es: „Die Mastodon-Gemeinschaft billigt ihren Versuch, unsere Infrastruktur zu kapern, nicht und hat bereits Schritte unternommen, um Gab zu isolieren und Hassreden aus dem Fediversum fernzuhalten.“

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5 Ergänzungen

  1. „Weiter hieß es: „Die Mastodon-Gemeinschaft billigt ihren Versuch, unsere Infrastruktur zu kapern, nicht und hat bereits Schritte unternommen, um Gab zu isolieren und Hassreden aus dem Fediversum fernzuhalten.“ “

    und was oder ist ueberhaupt etwas passiert? das waere doch intererssant

    1. Die Administratoren der vieler Instanzen haben Gab blockiert. Das ist ein einfacher Eintrag in den Einstellungen der jeweiligen Instanz.
      Das bedeutet, daß keine Nachrichten von Gab mehr weitergeleitet wurden, in der öffentlichen Timeline zu sehen waren und man Gab Nutzer nicht suchen / finden konnte. Zusätzlich haben Entwickler von Apps für Mastodon die Möglichkeit geschaffen, beliebige Instanzen in ihren Apps zu blockieren. Auch das wurde rege genutzt.

      Auf diese Weise wurde Gab vom Fedivers abgeschnitten und für Außenstehende stumm geschaltet.

  2. Zur Namenswahl zwei Sätze aus Wikipedia: Die Prawda (russisch Правда, „Wahrheit“) ist eine der ältesten, noch existierenden russischen Tageszeitungen. Sie erschien bereits vor der Februarrevolution 1917 im zaristischen Russland und war zwischen 1912 und 1991 das Zentralorgan der KPdSU.

    1. Der ganz normale alltägliche Widerstand wird auch hier mindestens die Paranoia des Sowjetbürgers aufbringen müssen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.