Nutzer:innen sollten aus den Empfehlungssystemen sozialer Medien oder Suchmaschinen aussteigen können, die mit Hilfe personenbezogener Daten Inhalte zusammenstellen. Das fordert eine parteiübergreifende Koalition im US-Repräsentantenhaus, berichtet Axios.
Die Option soll erlauben, Online-Dienste zu nutzen, ohne von „Algorithmen manipuliert“ zu werden, heißt es im von Axios veröffentlichten Gesetzentwurf. Offiziell vorgestellt wurde er gestern und gleicht weitgehend dem identisch benannten „Filter Bubble Transparency Act“ des US-Senats. Der stammt aus dem Jahr 2019 und wird ebenfalls von Abgeordneten beider Parteien unterstützt. Wie die von den Online-Diensten eingesetzten Algorithmen funktionieren, fasst der Vorschlag jedoch nicht an.
Toxisches Geschäftsmodell
Vor allem auf großen Online-Diensten wie Twitter oder Facebook bekommen Nutzer:innen vorrangig das angezeigt, was Algorithmen glauben, für sie interessant zu sein. Oft handelt es sich dabei um polarisierende Inhalte, die Menschen länger auf dem Online-Dienst halten als langweilige. Und je länger sie sich auf dem Dienst aufhalten, umso eher sehen sie eine der Werbeanzeigen, die ebenfalls personalisiert ausgeliefert werden. Dieses Geschäftsmodell steht zunehmend in der Kritik, weil es auf der Überwachung von Internetnutzer:innen basiert und etwa gesellschaftliche Spannungen verstärken kann.
Darauf reagiert auch die EU, die ähnliche Vorstöße plant. So sieht der Vorschlag der EU-Kommission für das Digitale-Dienste-Gesetz (Digital Services Act, DSA) vor, dass Nutzer:innen die Empfehlungssysteme anpassen oder ganz abschalten können. Einen kleinen Schritt weiter geht ein Zwischenkompromiss aus dem EU-Parlament zu dem derzeit verhandelten Gesetz. Demnach sollen individuell zugeschnittene Feeds zunächst ausgeschaltet bleiben und erst nach einer „informierten Einwilligung“ der jeweiligen Nutzer:innen aktiv werden.
Druck auf das Silicon Valley – und Republikaner
Im US-Kongress liegt inzwischen eine ganze Reihe an Gesetzentwürfen vor, welche die Macht der IT-Konzerne einhegen sollen. Im Sommer brachte die demokratische Mehrheit ein halbes Dutzend von Vorschlägen ein, die auf das Silicon Valley abzielen. Auf dem Tisch liegen etwa Vorgaben für Datenportabilität und Interoperabilität, für eine Regulierung sogenannter Gatekeeper-Plattformen sowie ein Verbot für marktdominante Unternehmen, kleinere Komkurrenten aufzukaufen.
Viele der Vorschläge werden von Abgeordneten beider Parteien unterstützt, was die Chancen auf eine Verabschiedung steigert. Allerdings hat mittlerweile der Vorwahlkampf für die Zwischenwahlen im kommenden Jahr eingesetzt, bei denen die Republikaner zumindest eines der Häuser gewinnen dürften. Jeder Erfolg der Demokraten könnte jedoch die Erfolgsaussichten schmälern, so das Kalkül der republikanischen Parteispitze.
Die wenigen konservativen Abgeordneten, die etwa jüngst für ein parteiübergreifend ausverhandeltes Infrastrukturpaket stimmten, zogen sich unter anderem den Zorn des ungebrochen einflussreichen Ex-Präsidenten Donald Trump zu und werden mit Morddrohungen überschwemmt. Dass sich in dem Paket viele populäre Maßnahmen befinden, unter anderem 65 Milliarden US-Dollar für eine bessere Breitbandversorgung, spielte hierbei kaum eine Rolle.
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