Sie hacken. Sie nähen. Sie drucken. Überall in Deutschland helfen tausende Freiwillige, die Folgen der Coronakrise abzumildern. Selbst ein schlichter Einkauf für ältere Familienmitglieder oder Nachbarn kann Wunder wirken. Eine „Welle der Solidarität“ habe Deutschland erfasst, schreibt die Bundesregierung auf ihrer Website.
Dennoch droht einigen dieser Freiwilligen, nach der Krise auf einem Schuldenberg sitzenzubleiben. Vor allem gemeinnützige Initiativen, die in verhältnismäßig großem Stil Atemschutzmasken oder Einzelteile für Beatmungsgeräte herstellen, zittern derzeit. Sie fürchten, dass die Spenden nicht ausreichen werden, um ihre Ausgaben zu decken. Und sie weisen darauf hin, dass sie deutlich effektiver arbeiten könnten, wenn ihnen der Staat unter die Arme greifen würde.
Ganz andere Schlagkraft mit Förderung
„Grundsätzlich hätten wir eine ganz andere Schlagkraft, wenn wir Förderungen bekommen könnten“, sagt Alexander Klarmann, Sprecher von Maker vs. Virus. Die Initiative einer gemeinnützigen Organisation verbindet auf ganz Deutschland verteilte Maker und Maker Spaces miteinander. Über 5.000 Freiwillige sind derzeit mit an Bord. Dezentral stellen sie ihre Kapazitäten zur Verfügung und bieten etwa 3D-Drucker an, um Versorgungsengpässe von Schutzmasken auszugleichen.
Hilfe von der Bundesregierung können sie jedoch nicht erwarten. „Wir haben keinen Topf, in den wir reinfassen können“, sagt Klarmann. Derzeit werde alles auf eigenes Risiko finanziert. Obwohl inzwischen rund 25.000 Euro an Spenden hereingekommen sind und Unternehmen mit Sachspenden aushelfen, geht Klarmann davon aus, „dass wir im Moment defizitär arbeiten.“
Man habe etwa große Mengen an Fasern gekauft, die für 3D-Druck benötigt werden. Auch relativ billige Folien für Visiere machen sich bei größeren Stückzahlen finanziell bemerkbar. Dazu kommen Stromkosten, von der Arbeitszeit der Freiwilligen ganz zu schweigen.
Großzügiges Sonderprogramm für die Wirtschaft
Es ist nicht so, dass kein Geld vorhanden wäre. Mit einem großzügig bemessenen Sonderprogramm unterstützt die staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) deutsche Unternehmen, die krisenbedingt in eine finanzielle Schieflage geraten sind. Innerhalb weniger Tage wurden mehr als zehn Milliarden Euro an Krediten beantragt, das Gesamtvolumen könnte 50 bis 100 Milliarden Euro ausmachen, schätzen Experten.
Doch dieses Geld fließt nur an Unternehmen mit „Gewinnerzielungsabsichten“, stellt nun die Bundesregierung klar. „Eine Förderung gemeinnützig eingetragener Vereine ist grundsätzlich nicht vorgesehen“, beschied gestern Ulrich Nußbaum, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, der linken Bundestagsabgeordneten Anke Domscheit-Berg.
Ähnlich wie Klarmann engagiert sich die Abgeordnete aus Brandenburg und hilft unter anderem, den 3D-Druck von Halterungen für Plexiglas-Schutzschildern zu organisieren. Schon lange vor der aktuellen Krise war sie daran beteiligt, den Verstehbahnhof ins Leben zu rufen. Der Makerspace soll dazu dienen, jungen Menschen praktische Fertigkeiten wie Elektronik-Löten und Programmieren beizubringen – auf gemeinnütziger Basis.
Hohe Materialkosten
Grundsätzlich könne ein Kredit aus dem Sonderprogramm auch dann in Anspruch genommen werden, wenn damit „Investitionen und Betriebsmittelbedarf zur Umstellung der Produktion auf die Herstellung von Schutzvisieren, Schutzmasken, Zubehör für Beatmungsgeräte oder anderen medizinische[n] Gegenständen und Hilfsmitteln“ gedeckt werden sollen, schreibt das Wirtschaftsministerium in seiner Antwort.
Antragsberechtigt sind aber nur Unternehmen, die gewerblich geführt werden und die Gewerbesteuern zahlen. „Rein gemeinnützige Unternehmen fallen nicht darunter.“ Ehrenamtliche Initiativen, die bereits jetzt produzieren und ihre Materialkosten decken wollen, gehen damit leer aus.
„Dezentrale, gemeinnützige offene Werkstätten arbeiten gerade zum Teil rund um die Uhr, zum Beispiel um Mund-Nasen-Masken oder schützende Gesichtsvisiere herzustellen, die vor allem von medizinischem Personal dringend benötigt werden“, sagt Domscheit-Berg. Aber die Tausenden von Hilfsmitteln, die von heißlaufenden 3D-Druckern oder Lasercuttern produziert werden, verbrauchen Material und das ist teuer.
„Die dahinterstehenden Vereine finanzieren sich vor allem aus Spenden und haben für solche Einsätze kein Finanzpolster“, sagt Domscheit-Berg. „Um weiter helfen zu können, brauchen sie finanzielle Unterstützung, um wenigstens anfallende Kosten für ihre beispiellose Nothilfe zu decken. Aber der Bund lässt sie im Stich, bei all den Milliarden Fördergeldern gibt es keinen Euro für die Aufwände der offenen Werkstätten“, ärgert sich Domscheit-Berg.
Funkstille des Bundes
Zwar verfolgt das Sonderprogramm der Bundesregierung ein anderes Ziel, räumt Alexander Klarmann ein. In erster Linie geht es dabei darum, den Komplettabsturz der deutschen Wirtschaft zu verhindern. Der Fokus auf kommerzielle Unternehmen überrascht deshalb nicht. „Aber wir haben nicht gesehen, dass der Bund [in diesem Bereich] die Zivilgesellschaft unterstützt, weder personell noch finanziell“, sagt Klarmann.
Dabei geht es neben den drängenden finanziellen Fragen auch um Rechtsunsicherheiten, weil manchen in Eigenregie hergestellten Teilen der offizielle Zertifizierungsstempel fehlt. Klarmann wünscht sich von der Bundesregierung eine „eindeutige Aussage“, um aus diesem rechtlichen Graubereich herauszukommen. Bislang herrsche jedoch Funkstille seitens des Bundes.
Ganz anders seien die Erfahrungen mit Landratsämtern und lokalen Politikern, berichtet Klarmann. Da sei die Unterstützung „ganz unkompliziert“. Ausreichend sei dies jedoch nicht, betont Klarmann, der seine Worte mit Bedacht wählt: „Die Bundesregierung lässt uns ein bisschen … schwierig dastehen“.
Die Gefahr bei all diesen staatlichen Hilfsprogrammen ist, dass sich die Unternehmen daran gewöhnen. Den Banken wurde im letzten Jahrzehnt beigebracht: Wenn es hart auf hart kommt, paukt der Staat sie raus. Genau diese Lektion lernen nun die anderen Unternehmen.
Im Grunde bauen wir den Sozialstaat seit Jahren auch für Unternehmen aus. Gedacht ist er aber eigentlich nur für Bürger. Unternehmerisch tätig sein bedeutet, Risiken zu übernehmen. Diese Risiken nehmen wir als Gesellschaft den Unternehmen jetzt gerade massiv ab. Eine sehr bedenkliche Entwicklung.
Und da werden auf einmal Unternehmen und Konzerne Nutznießer dieser „Staatskohle“ deren Denken neoliberal ist und deren Motto stets : „Privat vor Staat“ war und ist.
Ist ja auch Klar:
Übersteht die Firma die Krise, kann sie später wieder Steuern zahlen.
Ein gemeinnütziger Verein zahlt so oder so nie Steuern.
Geht eine Firma Pleite fallen die Kosten der Entlassenen dem Staat zu.
Wird ein Verein geschlossen entstehene keine Folgekosten, da Freiwillige keinen Anspruch auf ALG haben.
So weit reicht dann schon der Blick „unserer“ Politiker…
wer hat wirklich gedacht sie würden den Menschen helfen wollen?
Abhilfe für viele Vereine schon heute:
Einen „gewerblichen Zweig“ einrichten.
Z.B. für den Verkauf von Essen und Trinken im Vereinsheim
(Der Gewinn wird an den Verein in form hoher Pacht abgeführt)
„Ist ja auch Klar:
Übersteht die Firma die Krise, kann sie später wieder Steuern zahlen.
Ein gemeinnütziger Verein zahlt so oder so nie Steuern.“
Der überwiegende Teil der Hilfen sind Kredite, die die Unternehmen auch mal wieder zurück zahlen müssen, mit Zinsen. Da muss garnichts über Steuern laufen.
Die Direktzahlungen sind nicht sooo hoch und sind meiner Meinung nach richtig, die Einschränkungen hat auch der Staat verhängt. Sowas kann kein Unternehmer absehen. Zudem sind die Verluste deutlich höher als die Direktzahlungen.
Ich glaube es will keiner eine richtige Wirtschaftskriese erleben, da sind nicht nur die Unternehmer die verlierer…