bitsZerschlagt endlich Facebook

In den USA untersucht die Federal Trade Commission Möglichkeiten, um den Facebook-Konzern zu zerschlagen Das ist längst überfällig. *** In Deutschland untersucht das Bundeskartellamt die Integration des VR-Anbieters Oculus in das Facebook-Ökosystem. *** Solo-Selbstständige bekommen durch die Corona-Maßnahmen kaum Unterstützung. *** Gurgeln kann gegen Corona helfen. *** Der Tagesüberblick.

Heute ist Donnerstag und es gibt eine weitere Ausgabe unseres bits-Newsletters.
Heute ist Donnerstag und es gibt eine weitere Ausgabe unseres bits-Newsletters. CC-BY 4.0 netzpolitik.org

Hallo,

Facebook ist auch so mächtig geworden und geblieben, weil das Unternehmen frühzeitig Konkurrenten aufgekauft hat, bevor die stärker werden konnten. Das war bei Whatsapp und Instagram der Fall. Zusammen mit dem eigenen Sozialen Netzwerk und dem Haus-eigenen Messenger dominiert der Konzern damit weite Teile des sozialen Netzes und bis zu vier Apps, die auf den meisten Smartphones installiert sein dürften. Es gibt auch Unternehmen wie Snapchat, die sich einer Übernahme verweigert haben. Kein Problem für Facebook, die Feature-Alleinstellungsmerkmale des Konkurrenten wurden einfach in den eigenen Produkten nachgebaut. Mit seiner Marktmacht hat Facebook Snapchat erfolgreich an den Rand gedrängt.

Bei der Übernahme von Instagram und Whatsapp hatte Facebook eigentlich das Versprechen gegeben, dass die Dienste nie zusammengeführt würden. Unter diesen Auflagen hat die EU-Kommission den Übernahmen zugestimmt. Facebook hat sich daran nicht gehalten und führt die Daten zu einem gemeinsamen Daten-Ökosystem zusammen, auch um eine Entflechtung durch Wettbewerbsgesetze und -urteile zu verhindern.

Das Bundeskartellamt agiert bereits in diese Richtung. Und seit gestern auch die US-Federal Trade Commission (FTC) und 48 Generalstaatsanwälte von US-Staaten und Bezirken. Eine Zielrichtung des aktuellen Vorstoßes ist es, dass Facebook zerschlagen werden soll. Die Übernahmen von Whatsapp und Instagram sollen rückgängig gemacht werden, auch um mehr Wettbewerb zu ermöglichen und die Machtkonzentration von Facebook zu verringern.

Das ist lange überfällig. Facebook ist zu groß und mächtig geworden, um nicht zerschlagen zu werden.

Serafin Dinges hat darüber geschrieben: Facebook soll aufgespalten werden.

Die Übernahme von WhatsApp und Instagram durch Facebook war nicht rechtens. Zu dem Schluss kommt die oberste Marktaufsicht der USA. In einer Reihe von Klagen wird jetzt die Entflechtung des Tech-Konzerns verlangt.

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Währenddessen gibt das Bundeskartellamt heute bekannt, die Verknüpfung von Oculus mit dem Facebook-Netzwerk zu überprüfen. Facebook hatte vor Jahren den Virtual-Reality-Hersteller Oculus gekauft und will zukünftig alle Nutzer:innendaten mit dem eigenen Ökosystem verschmelzen. Für mich konkret bedeutet das, dass meine Oculus-Rift-Brille zukünftig nur noch mit einem Facebook-Account funktioniert. Ich habe sie aber unter anderen Umständen gekauft und bin deswegen über die Überprüfung froh.

Das Bundeskartellamt ist sich der Problematik offensichtlich bewusst:

„Diese Verknüpfung zwischen Virtual-Reality-Produkten und dem sozialen Netzwerk des Konzerns könnte einen verbotenen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Facebook darstellen. Facebook ist mit seinem sozialen Netzwerk marktbeherrschend in Deutschland und auch in dem noch jungen, größer werdenden VR-Markt bereits ein bedeutender Player. Wir wollen untersuchen, ob und inwieweit die Kopplung den Wettbewerb in den beiden Bereichen beeinträchtigt.“

Viel Erfolg!

Kurze Pausenmusik:

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Die Erstellung dieser Ausgabe wurde freundlicherweise von Ingo Dachwitz unterstützt.

Neues auf netzpolitik.org

Anna Biselli hat Reaktionen auf den aktuellen Entwurf für eine Reform des BND-Gesetzes zusammengefasst: Zu schwache Kontrolle für zu viele Befugnisse.

Zerfaserte und schwache Kontrolle, zu wenig Schutz für Medienschaffende und zu viele alte und neue Befugnisse für den Auslandsgeheimdienst: Die Kritik am Entwurf für ein neues BND-Gesetz ist breit und die Zeit zum Nachbessern knapp.

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Mascha Fouquet schreibt über Probleme einer der größten Porno-Plattformen: Öffentlicher Druck zwingt Pornhub zum Handeln.

Pornhub tue zu wenig gegen Darstellungen von Kindesmissbrauch und sexualisierter Gewalt, werfen Kritiker:innen der Plattform seit langem vor. Nachdem die New York Times einen kritischen Artikel hierzu herausbrachte, reagiert das Unternehmen auf den öffentlichen Druck und ändert seine Richtlinien.

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Die Abmahnindustrie ist mal am Bundesgerichtshof gescheitert, wie Ingo Dachwitz weiß: E-Mail- und IP-Adresse sind keine Anschrift.

Rückschlag für Filmverwerter: Constantin Film hat keinen Anspruch auf die Mail- und IP-Adressen von YouTube-Nutzer:innen, die rechtswidrig urheberechtliche geschützte Filme hochgeladen haben.

Was sonst noch passierte:

Die Bundesregierung bittet um Stellungnahmen im Rahmen der Verbändeanhörung für neue Varianten ihrer Referentenentwürfe für das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 (4. Version) und die Telekommunikationsgesetznovelle. Es gibt mal wieder sehr kurze Fristen: beim TKG geht es um 465 Seiten und einen Tag Reaktionszeit, beim ITSig gab es wenigstens 2,5 Tage. Damit zeigt die Bundesregierung, was sie von dem Instrument der Verbändebeteiligung hält. Der Chaos Computer Club ist sauer: Innenministerium sabotiert sachkundige Diskussion zum IT-Sicherheitsgesetz 2.0.

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Das Oberlandesgericht München hat Facebook Recht gegeben, Accounts mit Pseudonymen zu sperren. Das Gericht bestätigt so implizit Facebooks Klarnamenspflicht. Ich halte das für falsch, auch weil das dazu führen kann, dass Werbekonzerne wie Facebook bessere Profilsammlungen machen können. Für Pseudonyme im Netz gibt es im Gegensatz viele Argumente, die wir hier aufgelistet haben: 16 Beispiele, warum Pseudonymität im Netz unverzichtbar ist.

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Sascha Lobo weist in seiner Kolumne auf Spiegel-Online auf die Problematik hin, dass Solo-Selbstständige sehr häufig von Corona-Maßnahmen betroffen sind, aber durch die Rettungsschirme der Bundesregierung nicht berücksichtigt werden: Der deutsche Staat verachtet Selbstständige und Kreative. Das ist ein Problem, was ich an vielen Schicksalen im Freundes- und Bekanntenkreis beobachten kann.

Viele Existenzen sind davon gerade bedroht, aber dafür gibt es keine Kurzarbeit und häufig scheitern Anträge für die Hilfen daran, dass man kein eigenes Büro betreibt oder, was auch häufig der Fall ist, ein Teilzeit-Angestellten-Verhältnis mit Selbstständigen Tätigkeiten kombinieren muss. Und dann fällt man aus den dürftigen Förderungen ganz raus, kann sich aber auch nicht wirklich aus der Teilzeit-Angestellten-Status finanzieren. Das verschärft sich ja alles noch, wenn die Entscheidungsträger:innen mit Lockdown-Maßnahmen weiter warten und alles noch länger verschleppt wird.

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Es gibt wissenschaftliche Indizien dafür, dass das Gurgeln mit Mundspülungen dabei helfen kann, Coronaviren aus dem Rachen zu bekommen oder zumindest die Konzentration zu verringern. Aber nicht alle auf dem Markt erhältliche Mundspülungen sollen gleich gut wirken: Gurgeln gegen Corona – bringt das was? Hier gibt es eine Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene dazu.

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Eurofund hat eine neue Studie zu technischen Möglichkeiten der Mitarbeiter:innenüberwachung publiziert: Employee monitoring and surveillance – The challenges of digitalisation.

Audio des Tages: Drosten zum Leopoldina-Papier

Im aktuellen Coronavirus-Update-Podcast des NDR erklärt Christian Drosten das aktuelle Leopoldina-Papier, das einen härteren Lockdown über Weihnachten fordert und das er als „letzte Warnung der Wissenschaft“ bezeichnet.

Netzpolitik-Jobs

Ich bekomme regelmäßig Job-Angebote im netzpolitischen Bereich zugeschickt und dachte mir, dass eine zusätzliche Rubrik ein guter Service sein könnte. Zweimal die Woche werde ich zukünftig auf aktuelle Job-Angebote hinweisen.

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FragdenStaat in Berlin sucht Volljurist*in! (80-100%, ab Februar 2021) für Informationsfreiheitsklagen und eine gute Sache.

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Reporter ohne Grenzen suchen eine „Teamleitung Nothilfe und Stipendien (m/w/d, 38,5 h/Vollzeit, unbefristet)“ ab dem 1. Februar in Berlin.

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Gleich vier wissenschaftliche Stellen hat das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft – Thüringer Dokumentations- und Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit (IDZ) in Jena ausgeschrieben. Dort kann man über Polarisierung und Nazis und dergleichen forschen.

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Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@netzpolitik.org. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.

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2 Ergänzungen

  1. Hallo Markus.

    Der URL fehlt hier im Link:
    a href=“http://Viruzides Gurgeln und viruzider Nasenspray“>Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene dazu

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.