Netzpolitischer Wochenrückblick KW 12: Die heiße Phase der EU-Reform, Überwachung und Google-Strafe

Die Auseinadersetzung um die Urheberrechtsreform nähert sich ihrem vorläufigen Ende: Nach dem Protestwochenende wird am Dienstag abgestimmt. In Russland und Deutschland geht es mal wieder um den Ausbau des Überwachungsstaates, während gegen das US-Drohnenprogramm ein Teilerfolg errungen wurde. Und Google muss mal wieder eine Milliardenstrafe zahlen.

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Ist schon ganz angestachelt wegen morgen. CC-BY-SA 2.0 masatsu

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Die Protestbewegung gegen die EU-Urheberrechtsreform erreicht am Samstag, den 23. März mit den europaweiten Demonstrationen ihren Höhepunkt. Am Samstag wird in knapp 100 europäischen Städten protestiert. Am kommenden Dienstag findet die Abstimmung im EU-Parlament statt. Das Möglichkeitsfenster, die umstrittene Urheberrechtsreform zu kippen, steht nun einen kleinen Spalt offen, schreibt Markus Reuter in seinem Rückblick und Ausblick auf die Protestbewegung.

Während vergangenes Wochenende erneut Tausende Menschen in Bremen und Nürnberg gegen die Reform demonstrierten, versuchte die CDU angesichts der vielen Kritik ein merkwürdiges Spagat: Sie schlug vor, zwar die EU-Reform durchzudrücken, aber auf bundesebene einen Upload-Filter nicht umzusetzen. Eine absurde Beruhigungspille, kommentierte Markus Beckedahl.

Und immer wieder Uploadfilter

Gleichzeitig wird auch die Liste der Gegner der Reform immer länger und die Protest-Formen ausgefallener: Während sich europäische Digitalunternehmen in einem offenen Brief gegen die Reform aussprechen, macht die Wikipedia-Enzyklopädie aus Protest und Solidarität für einen Tag dicht. Leonhard Dobusch zeigte in seinem Beitrag anhand einer Video-Montage des Medienwatchblogs Kobuk die Gefahren der geplanten EU-Urheberrechtsreform.

Katharina Nocun hat die EU-Abgeordnete Julia Reda interviewt: Thema ist der Umgang mit den Protesten gegen die Urheberrechtsreform und wie die umstrittene Richtlinie auf den letzten Metern noch gestoppt werden kann. Außerdem übersetzten wir eine ausführliche Analyse von Joe McNamee der erklärt, wer die eigentlichen Profiteure der Upload-Filter sind.

Aber auch Befürworter:innen der Reform bringen sich in der Woche vor der Abstimmung in Stellung: Die französische Botschafterin warb in Berlin direkt bei SPD-Politikern um deren Zustimmung im Europaparlament, fand Alexander Fanta heraus.

Während Europa über die Upload-Filter diskutiert, setzt sich Tomas Rudl mit einem Longread mit dem Anschlag in Christchurch auseinander. Die in der EU diskutierten Uploadfilter gegen (rechten) Terror können diesem kaum etwas entgegensetzen, wenn das Narrativ aus der Mitte der Gesellschaft kommt.

Doch auch andere Fragen zum Urheberrecht werden momentan verhandelt: Das Urheberrecht staatlicher Dokumente. Die Bundesregierung hat das Transparenzportal FragDenStaat abgemahnt, weil es ein staatliches Gutachten zu Krebsrisiken von Glyphosat veröffentlicht hat.

Ausbau staatlicher Überwachung

In Russland hat Präsident Putin ein umstrittenes Fake-News-Gesetz unterzeichnet, dass zu Massenverhaftungen führen könnte. Es stellt vorgeblich respektlose Äußerungen gegenüber dem Staat unter Strafe und gefährdet auch Journalist:innen. Es ist Teil einer neuen, repressiven Internetstrategie.

Zudem wurde bekannt, dass die Hacker-Behörde ZITiS Staatstrojaner gegen Autos einsetzen will, schreibt Andre Meister. Der Chaos Computer Club warnte vor rollenden Abhör-Wanzen und Gefahren im Straßenverkehr.

In einem Gastbeitrag schreiben Sebastian Wehrhahn und Martina Renner über die lange Tradition des Verfassungsschutzes, rechte Gewalt zu vertuschen und zu verharmlosen. Diese Probleme seien auch strukturell bedingt und der Funktion des Geheimdienstes selbst inhärent.

EU: Umgang mit Desinformation und Milliardenstrafe gegen Google

Bei einem EU-Gipfel debattieren die Regierungsspitzen Europas, wie Falschnachrichten in sozialen Netzwerken unsere Demokratie manipulieren. Dabei wäre es genauso wichtig, in diesem Zusammenhang über die Rolle großer Internetkonzerne zu sprechen und nicht nur über Einflussnahme von außen zu reden, sagt unser Brüssel-Korrespondent Alexander Fanta.

Erneut verhängte die EU-Kommission eine Milliardenstrafe gegen Google, da das Unternehmen ein Jahrzehnt lang seine dominante Marktposition bei der Werbung auf Webseiten missbraucht habe. Kommissarin Margrethe Vestager belegt den Konzern nun mit 1,5 Milliarden Euro Strafe. Es ist nicht das erste Mal, dass die Kommission gegen Google vorgeht.

Und auch Facebook ist durch einen neuen Sicherheitsvorfall nach wie vor in der Kritik. Das Unternehmen speicherte über Jahre Millionen Passwörter unverschlüsselt, obwohl das längst anders geht.

Im Streit um das US-Drohnenprogramm in Ramstein konnten Gegner einen Teilerfolg erringen. Ein Richter des Oberverwaltungsgerichts Münster urteilte, dass die Bundesrepublik ihre Schutzpflicht gegenüber den klagenden Jemeniten verletzt habe. Die Angriffe aus Deutschland heraus werden jedoch weitergehen.

Wir wünschen ein wunderbares Wochenende!

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