Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem lange erwarteten Grundsatzurteil entschieden, dass Googles Maildienst Gmail kein Telekommunikationsdienst im Sinne des EU-Rechts ist. Google kann damit aufatmen: Denn Anbieter solcher Dienste, etwa Handybetreiber, unterliegen strengeren Auflagen beim Datenschutz, müssen aber auch Schnittstellen für staatliche Überwachung bieten.
Das Verfahren läuft seit 2015 am obersten EU-Gericht. Kläger war die deutsche Bundesnetzagentur, die Google bereits 2012 per Bescheid zur Anmeldung nach dem Telekommunikationsgesetz aufforderte und dem Konzern mit Strafe drohte. Ein deutsches Gericht gab der Bundesnetzagentur Recht, die nächste Instanz legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Drängen der Telekom-Branche
Die deutsche Behörde tritt vehement für die Gleichbehandlung von Webdiensten wie Gmail und oder etwa WhatsApp mit anderen Telekommunikationsdiensten ein. Sie stellt sich damit hinter Forderungen der Branche, etwa der Deutschen Telekom. Es könne nicht rechtens sein, dass für traditionelle Telekombetreiber Regeln gelten, etwa beim Datenschutz, nicht aber für Anbieter vergleichbarer Dienste im Netz, sagte Bundesnetzagentur-Chef Jochen Homann im Vorjahr der Financial Times.
Google argumentierte hingegen im Verfahren, dass sein Dienst keine Signalübertragung im technischen Sinne darstelle und Gmail daher rechtlich kein Telekommunikationsdienst sei. Das oberste EU-Gericht schloss sich der Einschätzung Googles an. Dass Gmail Nachrichten in Datenpakete zerlege und über das offene Internet einspeise oder daraus empfange, „reicht nicht aus für die Einstufung des Dienstes“ im Sinne des EU-Gesetzes.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hat weit über den gegebenen Fall hinaus Gewicht. Europäische Regulierungsbehörden sind bei zahllosen Themen, von Datenschutz über Wettbewerbsrecht bis Netzneutralität, mit der Dominanz von großen Digitalkonzernen wie Google und WhatsApp-Eigentümerin Facebook konfrontiert.
Das Urteil dämpft nun fürs Erste Hoffnungen, den Behörden im Rahmen der bestehenden Regeln neue Mittel zur Kontrolle der Unternehmen beim Datenschutz in die Hand zu geben. Jedenfalls bis die seit Jahren geplante ePrivacy-Verordnung kommt, die neue Regeln für Datenkonzerne festlegen will, etwa beim Tracking für Werbezwecke. Die Entscheidung dürfte aber auch für Erleichterung bei Datenschützern und Bürgerrechtlern sorgen, da verpflichtende Überwachungsmaßnahmen und Zusammenarbeit mit Strafverfolgern noch nicht für Dienste wie Gmail gelten.
Über Rechte und Pflichten von Diensteanbietern entscheidet nicht ausschließlich die EU. In Deutschland regeln das Telekommunikationsgesetz und das Telemediengesetz die Pflichten von Telekommunikationsanbietern, beziehungsweise -diensten. Deutsche Gesetzgeber arbeiten – etwa beim sächsischen Polizeigesetz – inzwischen daran, Überwachungspflichten von Providern auch auf Diensteanbieter wie Google auszuweiten. Auch der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière forderte in der letzten Legislatur, die Vorratsdatenspeicherung auf Telemedienanbieter auszuweiten.
Bis Ende 2020 müssen die EU-Staaten zudem die Bestimmungen des Europäische Kodex für elektronische Kommunikation umsetzen, der die Definition von Telekommunikationsdiensten ausweitet. Somit ist das Urteil zwar eine Entscheidung, die Gmail derzeit von den Rechten und Pflichten von Telekommunikationsdiensten auf EU-Ebene ausnimmt. In Zukunft könnte sich das jedoch durch weitere Regelungen und Gesetze ändern.
Was bedeutet das jetzt in Zusammenhang mit dem Posteo-Urteil?
Und Deutsche Behörden, insbesondere die Polizei in NRW, kommuniziert mit Zeugen weiter gerne per ungeschützter eMail.
Das Bewusstsein des Staates über seine Verpflichtungen gemäß allgemeiner Persönlichkeitsrechte unter konkreter Schutzinteressen u.A. nach Art. 9 DSGVO ist weiter nicht vorhanden. Offenbar darf nur Bürger sich an immer mehr Vorschriften halten, aber der Staat macht weiter, was er will.