Neues aus dem Fernsehrat (47)Diskussion zu digitalen Souveränität und gemeinwohlorientierten Plattformen

Wie sollten gemeinwohlorientierte Alternativen zu den dominanten kommerziellen Online-Plattformen aussehen? Und wo anfangen, um sie zu bauen? Diese Fragen standen im Fokus einer Diskussion bei den Münchner Medientagen.

TeilnehmerInnen des Panels zu "digitaler Souveränität" bei den Medientagen München
Am Panel bei den #MTM19 mit Mackenzie Nelson (Algorithm Watch), Stefan Primbs (Bayrischer Rundfunk), Jan-Hendrik Passoth (TU München), Annika Sehl (Universität der Bundeswehr München) und Moderatorin Pauline Tillmann (Deine Korrespondentin) – Alle Rechte vorbehalten Medientage München

Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.

Im Rahmen der Medientage München 2019 durfte ich an einem spannenden Panel zum Thema „Wege zur digitalen Souveränität: Gemeinwohlorientierte Plattformen und offene Infrastrukturen“ mitwirken. Ein Video der Diskussion ist mittlerweile bei YouTube verfügbar.

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Im Folgenden kurz zusammengefasst einige Punkte, die mir wichtig waren:

  • Bei der Diskussion über digitale Öffentlichkeiten und gemeinwohlorientierte Plattformen sollten wir mit der Wikipedia auch die reichweitenstärkste gemeinnützige Plattform im Netz im Blick haben, um von deren Erfahrungen zu lernen. Und öffentlich-rechtliche Anbieter sollten mehr Anstrengungen unternehmen, um Inhalte so zu veröffentlichen, dass sie auch in der Wikipedia landen können.
  • Wenn den dominanten kommerziellen Plattformen gemeinwohlorientierte Alternativen – quasi eine „Public Option“ – gegenübergestellt werden soll, dann muss auch anerkannt werden, worin die Stärken von YouTube und Facebook liegen: deren große Offenheit für Beiträge der Nutzerinnen und Nutzer sowie die Möglichkeit zur Interaktion, zum Beispiel in Form von Kommentaren. Öffentlich-rechtliche Plattformen nur als Ausspielstation von Inhalten zu verstehen, greift deshalb viel zu kurz.
  • Alternative Plattformen lassen sich nicht am Reißbrett entwerfen. Vielmehr müssen die öffentlich-rechtlichen Anbieter die neuen gesetzlichen Spielräume nutzen, um ihre Inhalte auf gemeinsamen und offenen Infrastrukturen miteinander zu verlinken und mit alternativen, vielfaltsfördernden Empfehlungsalgorithmen zu experimentieren.
  • Schließlich wurde von Mackenzie Nelson auch noch die überaus wichtige Frage aufgeworfen, um wessen „digitale Souveränität“ es bei gemeinwohlorientierten Plattformen geht und wie sichergestellt werden kann, dass diese nicht zu starkem politischen Einfluss ausgesetzt sind. Eine Frage, die mir Gelegenheit gab, für mehr Staatsferne in Aufsichtsgremien durch per Los ausgewählten „Rundfunkschöffen“ einzutreten.

3 Ergänzungen

  1. lach……was ist das denn für eine groteske Zusammensetzung des Podiums ??? Jeder darf mal seinen Senf dazugeben ? Wäre informativer gewesen, jemand mit einzuladen, die die finanziellen Lizenzzusammenhänge des Sendebetriebs hätte darstellen können. Dann wäre den „freie Inhalte für freie Bürger“ „Aktivisten“ schneller klar, dass die ÖFR tatsächlich nur einen Bruchteil der für „freie zur Verfügungstellung“ notwendigen Lizenzen besitzen. Und sich gleichzeitig weigern, die Rechteinhaber für die Online Zuverfügungstellung angemessen vergüten zu wollen. In Zuge der Umschichtung der kreativen Produzentenarbeit hin zu den Neuen Streaming Anbietern ( die sich die notwendigen Rechte teuer und umfassend von den Rechteinhabern einkaufen ) ist den den Kreativen zunehmend egal, was die ÖFR vorhaben. Bereits jetzt arbeiten die Topleute nicht mehr unter den sonst üblichen Bedingungen der ÖFR. Die Öffnung der ÖFR Inhalte ohne finanzielle Basis geht somit mit einer jetzt schon wahrnehmbaren Verramschung des ÖFT Programms einher. Herzlichen Glückwunsch.

    1. Niemand hat behauptet – am Podium oder sonstwo – dass flächendeckend ÖRR Inhalte frei lizenziert werden können. Umgekehrt wird es aber auch heute dort nicht getan, wo die Lizenzen relativ leicht einzuholen wären oder sogar die Rechte vorhanden sind. Darum ging und geht es.
      Außerdem betone ich ständig und immer wieder, dass es dringend Änderung bei der Vergütungsstruktur braucht, die freie Lizenzen zumindest ermöglichen. Und anachronistisch-veralteten Konstruktionen wie „Wiederholungshonorare“ (aufkommensneutral) abschaffen.

  2. Für mich ist es für die Zukunft notwendig, nicht kommerzielle, unabhängige Internetplattformen anzubieten, dass sich tatsächlich „soziales Netzwerk“ nennen kann.
    Dazu gehört
    – ein Nachrichtendienst, alternativ zu Facebook und Twitter (kommerzielle Netzwerke).
    – ein Archivdienst für Schule, Wissenschaft und Forschung mit (lizenz- und kosten-) freiem
    Zugang (Wikipedia kann zB zZt. keine gesicherte manipulationsfreie Historie liefern).

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