Diesel-Überwachung: GroKo will Nummernschilder weiterhin scannen

Nach deutlicher Kritik an der automatischen Überwachung von Dieselfahrverboten mit Kennzeichenscannern will die Große Koalition jetzt mobile Geräte einsetzen. Dabei gibt es mit der „blauen Plakette“ einen Alternativvorschlag, der ohne eine Ausweitung von Überwachung auskommen würde.

Kamera
Eine Kamera zur Erfassung von Kennzeichen. CC-BY 4.0 Cameramann

Die Große Koalition hat den Gesetzentwurf zur Überwachung von Diesel-Fahrverboten leicht entschärft. Die Überwachung der Autofahrer soll nun mit mobilen und nicht mit stationären Kennzeichen-Erfassungsgeräten erfolgen. Dies berichtet heise.de unter Berufung auf eine Änderung im aktuellen Gesetzenwurf.

Mit der Korrektur will Schwarz-Rot laut heise.de unterstreichen, dass „keine umfassende automatisierte Datenverarbeitung“ erfolgen solle. Es gehe allein um „stichprobenartige“ Kontrollen. Das Wort „Überwachung“ von Fahrverboten habe die Koalition dementsprechend aus dem Entwurf gestrichen, sie spreche nur noch von einer „Überprüfung der Einhaltung“ entsprechender Vorgaben, heißt es weiter im Artikel. Die Daten sollten zudem spätestens nach 14 Tagen gelöscht werden, auch bei Verstößen. Ursprünglich war eine Speicherung von sechs Monaten geplant.

Immer mehr Kennzeichenscanner

Die Änderung im Gesetzentwurf führt dennoch zu einer Ausweitung der Nutzung von Kennzeichenerfassungsgeräten. Dabei gibt es eine grundrechts- und datenschutzfreundliche Alternative: die Einführung einer blauen Plakette und die Überprüfung dieser mit Schwerpunkt- und Stichprobenkontrollen. Für dieses Modell hatten unter anderem die Grünen in Baden-Württemberg und Bürgerrechtler plädiert.

Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung sollten auf Straßen mit Diesel-Fahrverboten stationäre Kameras Bilder von allen Fahrzeugen erstellen, ganz gleich ob mit Diesel betrieben oder nicht. Auf den Bildern wären Nummernschild, Fahrer:in und weitere Fahrzeugmerkmale zu sehen gewesen. Die erfassten Daten wären dann automatisch mit dem Fahrzeugregister des Kraftfahrt-Bundesamtes abgeglichen worden. Aus dort gespeicherten Informationen ist erkennbar, wie viel der giftigen Stickstoffoxide ein Fahrzeug ausstößt.

Dass Daten aus Kennzeichenerfassungsgeräten auch auf Vorrat gespeichert werden, kam Anfang März heraus. Die Polizei Brandenburg speichert Kennzeichen aller Autos auf bestimmten Autobahnen. Das hatte die Polizei Berlin öffentlich bestätigt. Im Jahr 2008 hatte das Bundesverfassungsgericht eine „automatisierte Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen“ nur unter strengen Auflagen erlaubt. Es ist strittig, ob das Brandenburger System mit diesen Vorgaben vereinbar ist. Vor wenigen Wochen hatte das oberste Gericht zwei weitere Aspekte von Kennzeichen-Scannern für teilweise verfassungswidrig erklärt.

2 Ergänzungen

  1. Das zugrundeliegende Problem ist doch, dass wir unserem Staat und dessen Institutionen gar nicht mehr vertrauen (können). Die Poliker gehen internationale geheimdienstliche Behördenkooperationen ein und haben öffentlich-rechtlich maximale Eingriffsbefugnisse. Niemand kontrolliert die Überwacher. Spätestens Snowden sollte jedem digitalen Neandertaler die Augen geöffnet haben.

    Wir stecken also in einem Dilemma: Auf der einen Seite werden wir vom Staat ohnehin lücken- und anlasslos überwacht. Es wäre sogar extreme Heuchlerei zu Behaupten man ist ohne Auto nicht davon betroffen. Denn die Telemetrie-Wanze schleppen wir alle täglich überall mit uns rum. Und ohne geht es auch nicht mehr wirklich.

    Die Kennzeichenerfassung ist ein vergleichsweise billiges und zuverlässiges Verfahren. Zig neue Niesxhenlösungen zu entwickeln mit immer neuen Technologien kostet nur unnötig Steuergelder. Die fetten Jahre sind vorbei. Man muss technisch und organisatorisch 100%ig sicher stellen, dass der Daten-Abgleich weitestgehend offline geschieht.

    Mein Vorschlag: Wieso nicht einfach eine schwarze Liste mit den betroffenen Kennzeichen machen, sie pseudonymsieren mittels Hash-Verfahren und auf einen lokalen Speicher der Kontrollgeräte laden. Die kann man dann alle paar Wochen bis Monate aktualisieren und gut ist. So kann man den Zweck der Verarbeitung 100%ig auf den Bereich begrenzen, für den die Kontrolle nötig ist und selbst ich könnte bzgl. des Datenschutzes ruhig schlafen.

    Es müsste nur von mehreren Institutionen geprüft werden, dass die Datenbank stets valide Informationen enthält und keinen Eintrag zu viel.

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