Bits & Bäume: Forderungen für mehr digitale Nachhaltigkeit

In unserer zunehmend digitalen Welt wird Nachhaltigkeit nicht einfach vom Himmel fallen. Die Politik und die großen Wirtschaftsunternehmen müssen jetzt entsprechend handeln. Aber auch die Zivilgesellschaft soll ihren Beitrag dazu leisten. Die erste „Bits & Bäume“-Konferenz schließt an diesem Wochenende mit deutlichen politischen Forderungen.

Ein Wald von unten gen Himmel
Auf der Konferenz „Bits & Bäume“ wurden Forderungen für digitale Nachhaltigkeit vorgetragen. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Casey Horner

An diesem Wochenende fand erstmalig die „Bits & Bäume“-Konferenz zum Themenfeld Digitalisierung und Nachhaltigkeit an der Technischen Universität Berlin statt. Der Trägerkreis, der die Konferenz initiiert, unterstützt und mitgestaltet hat, setzt sich aus Organisationen aus der Netz-, Umwelt- und Entwicklungspolitik zusammen, die entweder einen eher grünen, sozialen oder einen technischen Schwerpunkt haben. Das Wochenende war so gestaltet, dass es neben Panels, Workshops und Vorträgen genug Raum für die BesucherInnen gab, sich auszutauschen und gemeinsam nachhaltige Konzepte für eine digitale Zukunft zu entwickeln. Als ein Ergebnis der Konferenz wurden am Ende klare Forderungen an Politik und Wirtschaft gestellt – mit sieben Schwerpunkten.

Das Team, das das Konferenzprogramm mit 130 Sessions sorgfältig geplant und durchgeführt hat, war wie der Trägerkreis ganz unterschiedlich besetzt. Für einige der insgesamt 1.700 Beteiligten und Gäste war die Auseinandersetzung mit dem jeweils anderen Thema – Umwelt oder Technik – mitunter komplett neu. Das Resultat ist ein besseres Verständnis dafür, dass die interessierte Öffentlichkeit in vielen Punkten zunächst von ihrem eigenen Wissensstand abgeholt und auf einen gemeinsamen Stand gebracht werden muss, um eine einheitliche Richtung zu definieren, in die es gehen soll.

Am heutigen Sonntag endete die zweitägige Konferenz und schloss mit dem Vorbringen der Forderungen, die von den Trägerkreis-Organisationen gemeinschaftlich formuliert wurden. Sie richten sich an Politik und Wirtschaft. Konkret wird die Technologie-Branche adressiert. Die Forderungen sind weitsichtig, plädieren für Offenheit und manifestieren, worauf es in der Verbindung digitaler und nachhaltiger Themen ankommt. Die zunehmende, unabdingbare Technologisierung wird nicht ausgeklammert, sondern in die Aufforderungen zu mehr Nachhaltigkeit und Ressourcen-Achtsamkeit integriert. Auch IT-Sicherheit, Reparierbarkeit und Langlebigkeit von Software und Hardware sind Aspekte, die konkret benannt wurden.

Gemeinsame Forderungen zu mehr digitaler Nachhaltigkeit

Die heute vorgestellten Forderungen stehen für die Ziele, die bereits die Mission der „Bits & Bäume“-Konferenz gewesen waren. Hacker und UmweltaktivistInnen sollten für eine Zukunft zusammenkommen, die sie selbst gestalten und in der wir als Gesellschaft gern leben wollen. Um diese Ziele in der Zukunft erreichen zu können, braucht es aber in der Gegenwart bereits eine aktivistische Gemeinschaft, die weiter denkt als bis zum nächsten iPhone. Die entsprechend handelt und sich dafür einsetzt, dass gesellschaftliche und rechtliche Grundlagen geschaffen werden, die diese Veränderung ermöglichen.

Aus der Umwelt- und Entwicklungspolitik haben sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Brot für die Welt, Germanwatch, das Konzeptwerk Neue Ökonomie und der Deutsche Naturschutzring, gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin und dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung sowie den eher technisch orientierten Organisationen Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) und Open Knowledge Foundation (OKF) auf folgende politische Forderungen geeinigt. Auch der Chaos Computer Club (CCC) hat sich diesen Forderungen angeschlossen:

Sozial-ökologische Zielsetzung bei der Gestaltung der Digitalisierung

Die Gestaltung der Digitalisierung soll dem Gemeinwohl dienen. Sie darf nicht einseitig auf die Förderung einer wirtschafts- und wachstumspolitischen Agenda abzielen, sondern muss auf sozial-, umwelt-, entwicklungs- und friedenspolitische Ziele ausgerichtet sein. Die Digitalisierung soll zu einer nachhaltigen Energie-, Verkehrs-, Agrar- oder Ressourcenwende beitragen und konkrete Beiträge zur umfassenden Gewährleistung der Menschenrechte, der Klimaschutzziele und zur Beendigung von Hunger und Armut leisten. Eine nachhaltige Digitalisierung in unserem Sinne setzt auf sinnvolle, menschenwürdige Arbeit, soziale Gerechtigkeit und suffiziente Lebensstile.

Demokratie

Basis einer gerechten Gesellschaft sind demokratische Entscheidungen: Die Digitalisierung muss in sich demokratischer gestaltet werden und gleichzeitig demokratische Prozesse unterstützen, statt diesen entgegenzuwirken. Dafür muss sie konsequent darauf ausgerichtet werden, emanzipatorische Potenziale, dezentrale Teilhabe, offene Innovationen und zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern.

Datenschutz und Kontrolle von Monopolen

Datenschutz, Manipulationsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung sollen als Grundlage von freien, demokratischen, friedlichen und langfristig souveränen Gesellschaften national und global vorangetrieben werden. Es müssen Rahmenbedingungen zur Kontrolle digitaler Monopole geschaffen werden, damit sich im Norden und globalen Süden eine eigene, selbstbestimmte digitale Wirtschaft entwickeln kann. Bestehende Monopole von Betreiber*innen kommerzieller Plattformen müssen gebrochen werden, indem beispielsweise eine definierte Schnittstelle zum Austausch zwischen Social-Media-Diensten verpflichtend eingeführt wird.

Bildung

Politische Regulierung muss darauf zielen, auch Informationen und Bildungsangebote zu Technik und Wirkungsweisen als einen Teil des öffentlichen Gemeinguts zu begreifen, sie müssen elementarer Bestandteil des öffentlichen Wissens sein. Ein kritischer und emanzipatorischer Umgang mit digitaler Technik soll Teil von digitaler Bildung sein, dazu gehört auch der kompetente Umgang mit Falschinformationen und Hassrede in digitalen Medien.

Entwicklungs- und handelspolitische Aspekte

Länder des globalen Südens müssen die Möglichkeit haben, eine eigene auf die lokalen und nationalen Bedürfnisse ausgerichtete Digitalisierung zu entwickeln. Alle Gesellschaften sollen gleichen Anteil an Nutzen und Kosten der Digitalisierung haben können. Die negativen Seiten wie menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung, Gesundheitsschäden und Elektroschrott dürfen nicht einseitig auf den globalen Süden abgewälzt werden. Bilaterale und multilaterale Handelsabkommen dürfen keine Verbote und Einschränkungen in den Bereichen Besteuerung (Taxation), Offenlegung des Quellcodes (Open Source) und Ort der Datenverarbeitung (Localisation) enthalten. Die Technologie-Branche muss verpflichtet werden, in Fragen der Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit die Prinzipien menschenrechtlicher und ökologischer Sorgfaltspflichten in den Abbau- und Produktionsländern konsequent anzuwenden.

IT-Sicherheit

Mangelhafte Software hat negative Folgen für deren Nutzer*innen, die Sicherheit ihrer Daten und die digitale Infrastruktur insgesamt. Es bedarf einer Softwarehaftung, damit Software-Hersteller die Verantwortung für die entstehenden Risiken (z. B. Sicherheitslücken) tragen, statt die Qualität ihrer Software dem Profit zu unterwerfen. IT-Sicherheit ist die Grundlage einer nachhaltigen digitalen Gesellschaft.

Langlebigkeit von Software und Hardware

Software muss selbstbestimmt nutzbar sein, reparierbar sein und langfristig instandgehalten werden können, so wie es Open-Source-Software bereits verwirklicht. Hersteller müssen daher beispielsweise Sicherheitsupdates für die Hardware-Lebensdauer von Geräten bereitstellen und nach Ende des Supports den Quellcode als Open-Source-Variante freigeben, statt „Software Locks“ einzubauen. Elektronische Geräte müssen reparierbar und recyclebar sein – geplante Obsoleszenz darf es nicht geben. Dafür müssen Garantiefristen massiv ausgeweitet werden; Hersteller müssen Ersatzteile, Reparaturwerkzeug und Know-How für alle anbieten und langfristig vorhalten. Dies soll unterstützt werden durch eine stärkere finanzielle Förderung offener Werkstätten bzw. Repair-Cafés und gemeinwohlorientierter Forschung und Produktentwicklung. Öffentliches Forschungsgeld darf es nur für Open-Source-Produkte geben.

Offenlegung: netzpolitik.org ist der Medienpartner der „Bits & Bäume“-Konferenz.

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3 Ergänzungen

  1. Wahrlich ein Treppenwitz , wie hier eine Konferenz für Nachhaltigkeit hoviert wird , aber der Blog selber nur die Steinzeitversion des Internet Protokolls spricht . Bei aller Ähre , aber solange hier nicht flächendeckend IPv6 ausgerollt wird , wird meine Spende ausbleiben .
    Guten Tag .

  2. moin,
    was hat ein internet-protokoll mit brotgetreide zu tun (Ähre), oder der konferenz?
    -erschließt sich mir nicht-
    carlo

  3. Das war eine tolle Konferenz. Man konnte viele wichtige und tolle Menschen kennen lernen die in der IT Datenschutz+Nachhaltigkeit+FreieSoftware unterstützen. Sonst sind diese Menschen weit verstreut in verschiedene Richtungen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.